Somalia: Marsch auf Mogadischu
27. Dezember 2006Am Mittwoch (27.12.2006) haben äthiopische Truppen und Soldaten der somalischen Übergangsregierung ihren Vormarsch auf Mogadischu fortgesetzt. Nach heftigen Gefechten zogen sich islamistische Kämpfer aus der Stadt Jowhar, die etwa 90 Kilometer nördlich von Mogadischu liegt, zurück. Dies berichtete die somalische Nachrichtenagentur Shabelle. Bewohner von Jowhar gaben an, mehr als 60 Islamisten und mehr als 45 Regierungssoldaten seien getötet worden. Der Kriegsherr Mohamed Dhere, der von den Islamisten aus der Stadt vertrieben worden war, sei mit den Regierungstruppen nach Jowhar zurückgekehrt.
Die regierungstreuen Truppen wollen die Islamisten mit der Belagerung der Hauptstadt Mogadischu zur Aufgabe zwingen. Der Gesandte der fern der Hauptstadt residierenden Übergangsregierung, Abdikarin Farah, sagte am Mittwoch, die von äthiopischen Verbänden unterstützten Soldaten würden Mogadischu belagern. Erst wenn die Islamisten in der Hauptstadt kapitulierten, werde die Stadt eingenommen. Mit dieser Strategie sollen Opfer unter der Zivilbevölkerung vermieden werden.
Keine Einigung bei der UN
Der UN-Sicherheitsrat hat sich in New York nicht auf einen Aufruf zur Waffenruhe in Somalia einigen können. Das Gremium vertagte sich nach mehrstündiger Beratung. Der UN-Sondergesandte Francois Lonseny Fall forderte beide Seiten auf, die Kämpfe sofort zu beenden und den Gegner nicht weiter zu provozieren. Beide Seiten müssten ohne Vorbedingungen zum Dialog zurückkehren. Ein Entwurf Katars, das die Ratspräsidentschaft innehat, stieß am Dienstag bei anderen Mitgliedern auf Ablehnung. In dem Dokument wurde ein sofortiger Abzug aller ausländischen Truppen aus Somalia gefordert. Namentlich wurde Äthiopien genannt. Andere Ratsmitglieder erklärten, vor einem Abzug ausländischer Truppen müssten Friedensgespräche aufgenommen und mit einer politischen Vereinbarung Stabilität geschaffen werden.
Zeitungsberichte: US-Regierung begrüßt Intervention
Die US-Regierung hat nach einem Zeitungsbericht Unterstützung für die Militärintervention Äthiopiens signalisiert. Äthiopien reagiere auf eine Aggression und versuche, Waffenlieferungen für die Islamisten in Somalia aus dem Ausland einzudämmen, zitiert die «New York Times» am Mittwoch eine Sprecherin des Außenministeriums.
Nach Berichten von US-Medien wie der «Washington Post» soll die
US-Regierung heimlich Milizen und Kriegsherren der sogenannten Anti-Terrorismus-Allianz gegen die islamistischen Milizen unterstützt
haben. Als Gegenleistung hätten die «Warlords» versprochen,
mutmaßliche Terroristen dingfest zu machen und auszuliefern
Addis Abeba: Schneller Truppenrückzug geplant
Äthiopien unterstützt die international anerkannte somalische Übergangsregierung in der Stadt Baidoa und hatte den in Mogadischu herrschenden Islamisten am Sonntag den Krieg erklärt. Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi sagte, er wolle seine Truppen so schnell wie möglich wieder zurückziehen. Bislang hätten sie etwa die Hälfte ihrer Mission erreicht. Augenzeugen berichten schon seit Wochen, dass äthiopische Soldaten in Somalia im Einsatz sind. Meles begründete die Intervention mit dem Kampf gegen internationale Terroristen und der Wahrung äthiopischer Interessen. Die USA gehen davon aus, dass auch ehemalige El-Kaida-Führer zur Führungsspitze der Miliz gehören. Bei vielen der Opfer handele es sich nicht um Somalier, sagte Meles, ohne Einzelheiten zu nennen. Nach seinen Angaben sind bei den Kämpfen in den vergangenen Tagen mindestens 1000 Menschen getötet und mehr als 3000 verletzt worden.
Internationale Befürchtungen
Somalia hat seit dem Sturz von Staatschef Mohamed Siad Barre im Jahr 1991 keine funktionierende Zentralregierung mehr. Von der Machtübernahme der Islamisten versprachen sich viele Somalier zunächst zumindest Ruhe und Stabilität. Experten befürchten unterdessen, dass Somalia zum Schauplatz eines regionalen Kriegs am Horn von Afrika werden könnte. Nach einem UN-Bericht beliefern zehn Staaten die Konfliktparteien in Somalia mit Waffen und Ausrüstung.
Die Afrikanische Union (AU), die Arabische Liga und die regionale IGAD-Gruppe forderten die Kontrahenten auf, das Blutvergießen zu beenden. Sie beriefen für Mittwoch Gespräche über die Krise in Somalia ein. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich besorgt über die Eskalation. Das Auswärtige Amt sagte der Diakonie Katastrophenhilfe 250.000 Euro für die Erstversorgung von Flüchtlingen zu. Bereits in den letzten Wochen hatte das Auswärtige Amt Hilfsprojekte in Somalia und zu Gunsten somalischer Flüchtlinge in Kenia mit 1,2 Millionen Euro unterstützt.
Einstellung von Hilfsflügen
Unterdessen stellte das Welternährungsprogramm (WFP) seine Hilfsflüge für Flutopfer im Süden Somalias ein. Die 25 ausländischen Mitarbeiter der UN-Organisation wurden aus dem Überschwemmungsgebiet abgezogen. Die Entscheidung sei auf Bitten der somalischen Behörden wegen der erwarteten Instabilität getroffen worden, sagte WFP-Sprecher Peter Smerdon in Nairobi. Heftige Regenfälle haben seit Oktober den ausgetrockeneten Boden in Südsomalia überschwemmt. Mehrere hundert Menschen starben, rund eine halbe Million Somalier wurden von den Fluten vertrieben.