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Präsidentenwahl: Schlappe für Koalition?

Alison Langley, Wien / cb23. April 2016

Fast 6,4 Millionen Österreicher sind zur Wahl eines Präsidenten aufgerufen. Die Kandidaten der Koalition aus Sozialdemokraten und Volkspartei haben kaum Chancen, es in die Stichwahl zu schaffen. Alison Langley aus Wien.

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Österreich Wahlplakate 2016 - Foo: picture alliance/APA/picturedesk/Techt
Bild: picture alliance/APA/picturedesk/Techt

Norbert Hofer trägt eine Waffe - manchmal sogar, wenn er seiner Arbeit als Parlamentarier nachgeht. Nach eigenen Angaben hat er Angst vor Flüchtlingen. Er will, dass Österreich aus der EU austritt, dass das Tragen von Kopftüchern für Frauen verboten wird und dass alle Ausländer aus dem Sozialsystem des Landes herausgeworfen werden.

Hofer wird vielleicht der nächste Bundespräsident Österreichs. Der Kandidat der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ist einer von sechs Politikern in der ersten Runde der Wahl am Sonntag. Umfragen zeigen, dass viele Wähler noch unentschlossen sind. Aber wenn man den Zahlen glaubt, könnte Hofer rund 24 Prozent der Stimmen holen. Damit könnte er sich einen Platz in der Stichwahl nächsten Monat sichern. Der aktuelle Präsident, Heinz Fischer, darf nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren.

Sein Gegner wird wahrscheinlich entweder Alexander Van der Bellen, ein Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Bundessprecher der Grünen, oder Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs in Österreich. Sie kandidiert - genau wie Van der Bellen - als Unabhängige und hofft, als erste Frau in Österreich in die Wiener Hofburg einzuziehen.

Norbert Hofer (FPÖ) - Foto: picture-alliance/dpa/Ch. Bruna
Macht mit Ausländerfeindlichkeit Wahlkampf: FPÖ-Kandidat Norbert HoferBild: picture-alliance/dpa/Ch. Bruna

In den letzten Umfragen lieferten sich Hofer und Van der Bellen ein Kopf-an-Kopf Rennen: Beide lagen zuletzt bei etwa 24 Prozent. Griss folgte gleich dahinter, mit rund 22 Prozent.

Frustriert und desillusioniert

Was auffällt: Unter den aussichtsreichsten Bewerbern um den Bundespräsidentenposten sind keine Kandidaten der Regierungskoalition. Rudolf Hundstorfer von den Sozialdemokraten und Andreas Khol, Kandidat der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), liegen zurück. So auch Richard Luger, der 82-jährige Baulöwe, der dafür bekannt ist, dass er sich von Stars und Sternchen wie Kim Kardashian zum Wiener Opernball begleiten lässt.

"Die Menschen sind zutiefst unzufrieden mit der Regierung", erklärt Eric Frey, Politikwissenschaftler und Redakteur der Tageszeitung "Der Standard", im Gespräch mit der DW. Die Österreicher seien verärgert über die Flüchtlingspolitik ihrer Regierung und sie haben auch Zweifel, ob die Mitte-Links/Mitte-Rechts Koalition die wachsende Liste an Problemen Österreichs bewältigen kann. Zu den Problemen gehören: ein kaputtes Bildungssystem, steigende Arbeitslosenzahlen und ein Haushaltsdefizit, das wegen einer schlecht gehandhabten Bankenkrise zu explodieren droht. Während die Koalitionspartner über mögliche Lösungen streiten, sehen die Österreicher ihre Regierung als das eigentliche Problem.

Österreichs scheidender Bundespräsident Heinz Fischer - picture alliance/APA/picturedesk.com/R. Schlager
Bundespräsident Heinz Fischer darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antretenBild: picture alliance/APA/picturedesk.com/R. Schlager

Nicht nur Flüchtlingskrise

Zunächst ließ die Regierung zehntausende Migranten durchs Land reisen, bevor sie abrupt die Grenze zumachte und Zäune errichten ließ. Khol, der Kandidat der Volkspartei, in deren Aufgabenbereich der Umgang mit Asylbewerbern fällt, hat laut aktuellen Umfragen nur rund 11 Prozent.

Die Flüchtlingsfrage dominiert zwar seit einem Jahr die Medien, aber sowohl Frey als auch Thomas Hofer, ein unabhängiger Politberater und PR-Experte, glauben, dass die öffentliche Meinung nicht nur darauf reduziert werden kann. "Die Flüchtlingskrise hat die Streitigkeiten zwischen den Partnern offengelegt", sagte Hofer der DW. "Sie hat die Spaltung vertieft und beschleunigt."

Griss-Wahlplakat in Wien. (Foto: Alison Langley, DW)
Die parteiunabhängige Irmgard Griss macht sich als erste Frau Hoffnungen auf das BundespräsidentenamtBild: DW/A.Langley

Die regierende Große Koalition aus Sozialdemokraten und der Volkspartei hat ein Mandat bis 2018. Die Bundespräsidentenwahl ist der einzige Weg für die Bevölkerung, ihre Unzufriedenheit schon vorher kundzutun - obwohl das Amt hauptsächlich repräsentativ ist.

Kommt die erste Präsidentin?

Lange führte Van der Bellen die Umfragen an. Seine Beliebtheit rührt zum Teil daher, dass er als eloquent und staatsmännisch wahrgenommen wird. Von 1997 bis 2008 war er Bundessprecher der österreichischen Grünen.

Griss, die in der Steiermark geboren wurde, ist weniger bekannt, obwohl sie Präsidentin des Oberen Gerichtshofs war. Sie war nie einer politischen Partei zugehörig, erlangte aber Aufmerksamkeit, als sie 2014 mit der Leitung der Untersuchungskommission zum Fall Hypo Alpe Adria Bank beauftragt wurde. Die österreichische Regierung hatte mehr als fünf Milliarden Euro in die Bank gesteckt, die in viele Korruptionsaffären verstrickt war. Die Juristin ist konservativ, ambitioniert und muss nicht laut werden, um sich durchzusetzen. Viele Frauen sagen, sie unterstützen Griss, weil sie gern eine Frau auf einem hohen, gewählten Posten sehen wollen.

Wer das Rennen um die Nachfolge des scheidenden Bundespräsidenten Heinz Fischer macht, ist noch ungewiss. Bei den vergangenen zwei Wahlen gab es extreme Schwankungen im Wählerverhalten, so dass Beobachter wie Thomas Hofer die Meinungsumfragen für nicht aussagekräftig halten.