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Politik

18 Männer nach Afghanistan abgeschoben

22. Februar 2017

Die Abschiebungen sind hoch umstritten, dennoch ist ein Flugzeug mit abgelehnten Asylbewerbern von München nach Kabul geflogen. Am Flughafen gab es Proteste gegen die Maßnahme des Bundes.

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Abschiebung von Flüchtlingen in München
Das Flugzeug verlässt am Abend den Münchner FlughafenBild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Entgegen früheren Angaben der Polizei Oberbayern wurden nicht rund 50, sondern lediglich 18 Menschen abgeschoben. Das teilte das bayrische Innenministerium mit. Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung nach Afghanistan seit Ende vergangenen Jahres. Am Münchner Flughafen protestierten etwa 300 Menschen gegen den Abschiebe-Flug. "Afghanistan ist kein sicheres Herkunftsland" stand auf mehreren Schildern der Demonstranten. Inzwischen ist das Flugzeug in Kabul eingetroffen.

Die erneute Abschiebung der Afghanen stieß auch bundesweit auf große Kritik, weil die islamistischen Taliban in dem Krisenland immer wieder Anschläge verüben. Für die Opposition im Bundestag sowie Flüchtlingsorganisationen ist Afghanistan alles andere als ein sicheres Land. Daher lehnen auch mehrere Bundesländer eine Beteiligung an der Sammelabschiebung ab.

Deutschland Demonstration gegen Abschiebung von Flüchtlingen
Der Münchner Flüchtlingsrat hatte am Flughafen zu einer Demonstration gegen den Abschiebe-Flug aufgerufenBild: picture alliance/dpa/M. Balk

Kurz vor dem Abschiebe-Flug hatte unter anderem der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die geplante Abschiebung zweier Männer kurzfristig gestoppt. Von den 18 abgelehnten Asylbewerbern an Bord waren fünf aus Bayern, vier aus Baden-Württemberg, vier aus Hessen, zwei aus Hamburg, zwei aus Sachsen-Anhalt und einer aus Rheinland-Pfalz. "Es handelte sich um alleinstehende junge Männer, darunter auch Straftäter", erklärte das bayerische Innenministerium.

Enttäuschte Rückkehrer

Im DW-Interview äußerte sich Naim Moradi, einer der 18 Abgeschobenen, enttäuscht und hoffnungslos. "Ich wusste überhaupt nicht was los war und  wurde einfach in der Stadt festgenommen und mit gebundenen Händen ins Flugzeug gebracht und nach Kabul transportiert." Er habe sechs Jahre in Deutschland gelebt. Warum sein Asylantrag abgelehnt wurde, wisse er nicht. Nun stehe er vor einer ungewissen Zukunft, sagte Moradi: "Wenn ich hier keine Arbeit und keine Beschäftigung finde, werde ich noch mal weggehen. Schuld daran ist vor allem unsere Regierung, die  ihre eigene Bevölkerung tyrannisiert.  Ich habe keine Hilfe bekommen. Ich habe nur eine Fahrkarte nach Mazar-e-Scharif erhalten. Ich habe überhaupt keine Hoffnung."

De Maizière weist Kritik zurück

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuletzt die Abschiebungen als "vertretbar" verteidigt. In den ARD-"Tagesthemen" sagte er am Montag, dies gelte unter anderem für den Norden des Landes. "Auch in Kabul kann man nicht sagen, dass dort insgesamt die Lage so unsicher ist, dass man die Leute da nicht hinschicken könnte."

De Maizière kritisierte außerdem rot-grün regierte Bundesländer, die nicht nach Afghanistan abschieben wollen. Schleswig-Holstein etwa erklärte einen dreimonatigen Stopp. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte dagegen, abgelehnte Asylbewerber müssten Deutschland wieder verlassen und in ihre Heimatstaaten zurückkehren. "Es gehört zu einem  Rechtsstaat dazu, dass bestandskräftige Ablehnungsbescheide des Bundesamtes auch vollzogen werden."

Im Freistaat steht die CSU im Landtag mehrheitlich hinter den umstrittenen Abschiebungen. Mit ihrer absoluten Mehrheit stimmten die Abgeordneten gegen einen Antrag der Freien Wähler, der unter anderem eine dreimonatige Aussetzung der Abschiebungen oder gar einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan zum Ziel hatte.  

Härtere Regeln für Abschiebungen

Mit einer Verschärfung der Abschiebepraxis will die Bundesregierung nun die Ausreisepflicht insbesondere von sogenannten Gefährdern besser durchsetzen. Das Kabinett brachte einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg. Gefährder sollen künftig leichter in Abschiebehaft genommen oder mit elektronischen Fußfesseln am Untertauchen gehindert werden.  

Zudem soll die Auswertung von Handydaten durch das BAMF künftig "bei strengen rechtsstaatlichen Voraussetzungen" zur Aufklärung von Identität und Staatsangehörigkeit möglich sein, sagte de Maizière. Fluchtrouten sollen damit aber nicht nachvollzogen werden. Der Ausreisegewahrsam soll von vier auf zehn Tage verlängert werden können. Wer falsche Angaben über seine Identität macht, muss mit Einschränkungen seiner räumlichen Bewegungsfreiheit rechnen. Jugendämter sollen künftig für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schneller einen Asylantrag stellen können.

mm/rk/rb (dpa, afp)