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Architektur

3D-Druck: Die Zukunft des Wohnens?

Manasi Gopalakrishnan
1. August 2021

3D-gedruckte Häuser verbinden Design, Funktionalität, niedrige Baukosten und Umweltaspekte nahtlos miteinander. Ist der 3D-Druck somit im Bauwesen die Technologie der Zukunft?

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Zweistöckiges 3D-Druck Wohnhaus in Beckum
Im nordrhein-westfälischen Beckum enstand das erste 3D-Druck Wohnhaus DeutschlandsBild: Guido Kirchner/dpa/picture alliance

Das erste komplett 3D-gedruckte Haus Deutschlands wurde erst neulich feierlich in der westfälischen Stadt Beckum enthüllt. Das zweistöckige Wohnhaus mit einer gesamten Wohnfläche von 160 Quadratmetern wurde vom Land Nordrhein-Westfalen mitfinanziert.

Die Methode selbst ist recht simpel: Schicht für Schicht wird Beton von einem großen 3D-Drucker am Ende eines Roboterarms gedruckt. Dort, wo Türen oder Fenster angebracht werden sollen, werden Lücken gelassen. Diese Herangehensweise ermöglicht Architekten große Spielräume, sowohl bei der Gestaltung als auch bei der Wahl der Materialien. Architekt Waldemar Korte, dessen Firma das Bauwerk entworfen hat, meinte gegenüber dem WDR, dass das Besondere dabei sei, "dass wir als Planer mit dem Betondrucker viel mehr Freiheiten haben. Wir können wirklich mit der Form spielen".

Korte glaubt, dass der Bau von 3D-Häusern aufgrund der derzeitigen rasanten Entwicklung der Technologie in den nächsten fünf Jahren billiger als traditionelle Bauweisen werden könnte. "Wir können viel schneller bauen", sagt der Architekt, dessen Haus in Beckum in nur vier Tagen fertiggestellt wurde. 

Kann man alles mit dem 3D-Drucker drucken?

Nachhaltige Bauten

Der Architekt weiß genau, wovon er spricht: Innovative Betonmischungen und sinkende Preise für 3D-Baudrucker treiben Produktionskosten in den Keller. Bei innovativen Betonmischungen handelt es sich dabei um mehr als nur eine klassische Mischung von Zement und Sand. Viele Bauherren fügen Geopolymere und andere Fasern zur Verstärkung in die Mischung hinzu. Lavacrete zum Beispiel, das von dem US-amerikanischen Architekten Paul Schwam entwickelt wurde, ist eine potente Mischung aus pulverisiertem rotem Vulkangestein, Zement und Wasser. Es kann gut bei extremen Wetterbedingungen standhalten.

Und 3D-Betondrucker gibt es mittlerweile weltweit: Das in Boston ansässige, russische Unternehmen Apis Cor beispielsweise baute 2017 ein Haus in Russland, das nur etwa 8.400 Euro kostete. Das 38 Quadratmeter große Haus wurde an nur einem Tag gebaut. Das chinesische Unternehmen Winsun schaffte es sogar, zehn Häuser an einem Tag zu drucken - und das im Jahr 2014. Jedes Haus kostete dabei nur die Hälfte von dem Apis Cor-Haus.

Das in Texas ansässige Bauunternehmen ICON, das primär an der Entwicklung von preiswerten Häusern arbeitet, will den Preis für ein Haus sogar auf 4000 US-Dollar senken und setzt dabei auf Nachhaltigkeit und Sicherheit: Die 3D-gedruckten Häuser in der mexikanischen Bundesstaat Tabasco blieben trotz eines Erdbebens der Stärke 7,4 größtenteils unversehrt.

Ausgefallenes Möbeldesign im 3D-Druck-Verfahren

Lösungen für Wohnungsmangel und Obdachlosigkeit

Somit bieten viele 3D-gedruckte Konstruktionen heutzutage eine starke Kombination aus kreativem Design und umweltfreundlichen Materialien, die schnell und zu sehr geringen Kosten gebaut werden können. Die in den USA ansässige Wohltätigkeitsorganisation New Story zum Beispiel nutzt die Technologie zum Bau von Wohnprojekten in Südamerika. Bislang hat die NGO mehr als 2300 Häuser in Mexiko, Bolivien, Haiti und El Salvador finanziert.

"Anstatt darauf zu warten, dass die Bauindustrie im globalen Süden Fortschritte macht, treiben wir Innovationen wie den 3D-Wohnungsdruck voran, die ein wirksames Instrument zur Beendigung der Obdachlosigkeit sein können", meint Alexandria Lafci, Geschäftsführerin von New Story. Auch in Deutschland wächst bei den Bauherren der Gedanke, dass der 3D-Druck eine gute Option sein könnte, um die derzeitigen Engpässe zu beseitigen und den Wohnungsmangel zu beheben. Bislang hat die neue Technologie in Deutschland aber noch nicht wirklich Fuß gefasst.

Im Wohn- und Esszimmerbereich sieht man die mittels eines 3D-Betondrucker aufgetragenen Betonschichten.
Auch von innen sind viele Elemente des Beckumer Hauses per 3D-Druck hergestellt wordenBild: Guido Kirchner/dpa/picture alliance

Kreative Ansätze in Italien

Italien ist da zumindest ein stückweit fortgeschrittener. Die umweltfreundlichen TECLA Häuser werden aus Lehm hergestellt. Die kreisförmigen Strukturen in Massa Lombarda in der Nähe von Bologna nutzen lokale Baupraktiken sowie bioklimatische Prinzipien und können in nur 200 Stunden gedruckt werden. Die Firma behauptet, es handele sich um ein nahezu abfallfreies Projekt. Und selbst die Einrichtungsgegenstände seien so konzipiert, dass sie recycelt oder wiederverwendet werden können.

Entworfen wurden die einmaligen Bauten vom italienischen Unternehmen WASP (World's Advanced Saving Project) und Mario Cucinella Architects (MCA). Die kreative Vorlage für das Projekt kam in erster Linie von Italo Calvinos Roman "Die unsichtbaren Städte" aus dem Jahr 1972: Calvino verwendet den Namen "Thekla" in seinem Roman und beschreibt damit eine Stadt, die sich ständig im Bau befindet. TECLA bezieht sich sowohl auf dieses fiktive "Thekla", ist aber auch eine italienische Abkürzung für Technologie und Lehm.

Die 60 Quadratmeter großen Häuser, die vollständig aus lokaler Roherde hergestellt werden, seien nach Angaben des Unternehmens vor allem eine Antwort auf die weltweite Klimakrise, die wiederum in Migration und Naturkatastrophen verursacht und fixe Antworten braucht.

Fleisch-Alternative: Veganes Steak aus dem 3D-Drucker

Bis zur Unendlichkeit - und noch viel weiter

Die diversen Unternehmen im 3D-Hausdruckgewerbe schauen der Zukunft optimistisch entgegen.Felix Pakleppa, Chef des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, glaubt, dass der 3D-Druck "vor allem in der Vorfertigung einen Markt finden würde". Er fügt hinzu, dass verschiedene Bauteile in Fabrikhallen gedruckt und dann zu den Baustellen geliefert werden könnten.

Woanders wird schon weitergedacht: Unternehmen wie ICON haben mittlerweile ihren Schwerpunkt auf den Weltraum verlagert.Dessen Architekten wollen in Zusammenarbeit mit der NASA und der Bjarke Ingles Group (BIG) autonome Baustrukturen auf dem Mond schaffen. ICON mag auf Erden nicht Vorreiter sein, plant aber selbstbewusst, "das erste Haus der Menschheit auf einer anderen Welt" zu produzieren.

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.