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Politik

420 Millionen Kinder in Konfliktgebieten

Mara Bierbach
15. Februar 2019

Fast jedes fünfte Kind weltweit lebt laut "Save the Children" an einem Ort, an dem Krieg und Chaos herrscht - Tendenz steigend. Besonders dramatisch ist die Lage im Mittleren Osten und in Afrika.

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Jemen 2016: Kind von Binnenflüchtlingen bei Sanaa
Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Mohammed

Die Zahl der Kinder, die in Konfliktgebieten lebt, ist erschreckend hoch und in den letzten zwei Jahrzehnten stark gestiegen: Über 420 Millionen Kinder lebten 2017 weltweit in Konfliktgebieten - fast jedes fünfte. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Studie der Kinderrechtsorganisation "Save the Children" und des Instituts für Friedensforschung in Oslo (PRIO). 

Als Konfliktgebiet bezeichnet "Save the Children" ein Gebiet von 50 Kilometer Radius um einen Ort, an dem mindestens ein tödlicher Kampf im entsprechenden Jahr stattfand; Kinder sind nach der Definition der Hilfsorganisation Menschen unter 18. 

"Täglich werden Kinder gezielt getötet oder verstümmelt, von bewaffneten Gruppen rekrutiert, entführt oder Opfer von sexueller Gewalt. Außerdem werden ihre Schulen attackiert und humanitäre Hilfe wird ihnen vorenthalten," so "Save the Children" in einem Statement.

Infografik Kinder in Konfliktgebieten DE

"Obwohl wir heute die Situation haben, dass so viele Kinder wie noch nie in bewaffneten Konflikten leben und groß werden müssen, bleibt das Leid dieser Kinder oft unsichtbar," sagt Meike Riebau von "Save the Children Deutschland" im Interview mit der DW. Laut Einschätzung Riebaus ist die Dunkelziffer minderjähriger Opfer von bewaffneten Konflikten hoch: "Trotz der bereits erschütternd hohen Zahlen liegt die Vermutung nahe, dass noch mehr Kinder betroffen sind."

Schlechte Lage in Afrika und im Nahen Osten

Heute wohnen doppelt so viele Menschen unter 18 Jahren in Konfliktgebieten wie zum Ende des Kalten Krieges, so "Save the Children". In Afrika und im Nahen Osten ist die Lage besonders dramatisch. Dort leben etwa 25 beziehungsweise sogar 40 Prozent aller Kinder in Konfliktgebieten.

Kinder in Kriegsgebieten sind einer Vielzahl an Gefahren ausgesetzt - sie müssen um ihr Leben fürchten und darum, als Kindersoldat rekrutiert zu werden; und vor allem für Mädchen ist das Risiko, sexuell missbraucht zu werden, hoch. Kinder unter Beschuss

Hungersnot im Jemen
Viele Kinder in vom Krieg gebeutelten Ländern wie dem Jemen sind mangelernährtBild: Reuters/K. Abdullah

"Es ist leider so, dass der bewusste Beschuss von Kindern zum Teil als militärische - oft sehr effektive - Taktik genutzt wird, weil man weiß dass man dadurch den Gegner sehr stark schwächen kann. Das ist eine Erkenntnis, die wir hier in diesem Bericht wieder gesehen haben," so Meike Riebau. Laut aktuellen Schätzungen von UNICEF gibt es derzeit weltweit alleine bis zu 250.000 Jungen und Mädchen, die als Kindersoldaten rekrutiert wurden.

Auch die geschwächte Infrastruktur in Kampfgebieten stellt besonders für Kinder eine Gefahr dar: geschlossene Schulen und Krankenhäuser, eine unzureichende Lebensmittelversorgung und dergleichen. "Wir wissen, dass Kinder unter fünf Jahren, wenn sie über einen längeren Zeitraum unterernährt sind, sich davon kaum noch erholen können - dass sie für immer davon gezeichnet sein werden," so Riebau im Gespräch mit der DW. 

Wo leiden die Kinder am meisten?

Die Länder, in denen Kinder am stärksten unter bewaffneten Konflikten leiden, sind laut "Save the Children" Afghanistan, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, Irak, Mali, Nigeria, Somalia, Südsudan, Syrien und Jemen. Denn dort leben besonders viele Kinder in brutal umgekämpften Gebieten; dort wurden besonders viele Kinder getötet und verletzt, als Soldaten rekrutiert, sexuell missbraucht oder verschleppt; dort gab es Attacken auf Schulen oder Krankenhäuser und Hilfslieferungen wurden blockiert. 

In diesen zehn Staaten wurden laut der Hilfsorganisation zwischen 2013 und 2017 mindestens 868.000 Kinder, die weniger als fünf Jahre alt waren, durch bewaffnete Konflikte getötet - weil sie Kämpfen oder Anschlägen zum Opfer fielen oder weil sie an indirekten Konfliktfolgen wie Hunger oder mangelnder Gesundheitsversorgung starben.

190213 Infografik Kinder in Konfliktgebieten

Immer mehr Kämpfe in dicht besiedelten Städten

Warum leben immer mehr Kinder in und nahe von Kampfgebieten? "Was wir beobachtet haben, ist dass sich die Natur der Konflikte ändert," so Meike Riebau. "Kampfhandlungen finden zunehmend innerhalb von Städten statt und dadurch werden automatisch Zivilisten und Kinder immer öfter zu Opfern von Kampfhandlungen."

"Save the Children" fordert deshalb schärfere Kontrollen und Sanktionen von Akteuren, die gegen internationales Recht - vor allem Kinderrechte - verstoßen. "Kinder und Zivilisten dürfen niemals Angriffsziele sein," so Susanna Krüger, die Geschäftsführerin der Organisation in Deutschland. "Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden und wir müssen alles dafür tun, damit Kinder besser geschützt werden."