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Mexiko: Was geschah mit den Studenten?

10. Februar 2016

An der offiziellen Darstellung des mutmaßlichen Massenmords in Mexiko wächst Kritik. Experten halten die Theorie der Staatsanwaltschaft, dass die 43 vermissten Studenten auf einer Müllkippe verbrannt wurden, für falsch.

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Forensiker aus Argentinien berichten über ihre Untersuchungen der Leichenfunde in Mexiko. Angehörige stehen hinter den beiden Sprechern der Expertengruppe. (Foto: EFE/Alex Cruz)
Argentinische Forensiker berichten über Leichenfunde in MexikoBild: picture-alliance/dpa/A. Cruz

Argentinische Forensiker wiesen den Bericht der mexikanischen Staatsanwaltschaft zurück, nach dem die Vermissten auf einer Müllhalde im Bundesstaat Guerrero verbrannt wurden. "Die Bewertung der biologischen und nicht-biologischen Spuren auf der Müllkippe von Cocula und die zusätzlichen Informationen stützen nicht diese Hypothese", sagte die Anthropologe Mercedes Doretti. Zwar seien auf dem Gelände menschliche Knochen von mindestens 19 Personen gefunden worden, die DNA könne aber nicht den Studenten zugeordnet werden. Das ging aus Berichten der Tageszeitung "El Universal" in dem Abschlussbericht hervor.

Familien halten an Untersuchungen fest

Die Familien der Studenten hatten von Anfang an die offizielle Erklärung bezweifelt. Die Forensiker waren von Angehörigen der Studenten beauftragt worden und untersuchten die vermeintliche Stelle des Verbrechens. Eine Gruppe von Experten der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte war im September 2015 zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.

Das Feuer habe nicht über die notwendige Temperatur von 1600 Grad verfügen können, um so viele Leichen zu verbrennen, erklärten die argentinischen Forensiker. "Es wird Zeit, an anderen Orten nach den Studenten zu suchen." Familien der Studenten warfen der Regierung vor, sie die vergangenen 16 Monate über den Tathergang angelogen zu haben.

Mexikanischer Generalstaatsanwalt Jesus Murillo Karam ist der Generalstaatsanwalt in Mexiko und läuft bei Pressekonferenz zur Ermordung der 43 Studenten in Guerrero an dem großen Emblem der Staatsanwaltschaft vorbei. (Foto: EPA/Mario Guzman)
Hält an der offiziellen Theorie fest - Generalstaatsanwalt Jesus Murillo KaramBild: picture-alliance/dpa/M. Guzman

Drogenkartelle und Korruption

Der Fall schockiert bis heute ganz Mexiko. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft waren die Lehramtsstudenten am 26. September 2014 in der Stadt Iguala in Guerrero nach einer Demonstration von Polizisten verschleppt und der kriminellen Organisation " Guerreros Unidos" übergeben worden. Mehrere Mitglieder der Drogenmafia gaben an, die jungen Leute getötet und ihre Leichen auf einer Müllhalde im naheliegenden Ort Cocula verbrannt zu haben.

Vor einem Jahr hatte die Staatsanwaltschaft die vermissten Studenten offiziell für tot erklärt. Bislang wurden mehr als 100 Personen festgenommen, darunter zahlreiche örtliche Polizisten und Mitglieder von Drogenbanden. Der Bürgermeister von Iguala soll zusammen mit seiner Frau das Verbrechen angeordnet haben. Beide sind in Haft. Guerrero gilt als wichtige Transitroute im Drogenhandel. Zahlreiche rivalisierende Kartelle streiten dort um die Vorherrschaft. Der Fall rückte die engen Verbindungen zwischen Politikern, Polizisten und kriminellen Banden in Mexiko in den internationalen Fokus.

Porträts von Jose Luis Abarca, Bürgermeister von Iguala, mit Ehefrau Maria de los Angeles Pineda
Jose Luis Abarca, Bürgermeister von Iguala, mit Ehefrau Maria de los Angeles Pineda - was wissen sie über die Ermordung? (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Neuer Mord an Journalistin

Mexiko leidet seit Jahren unter dem Krieg zwischen den zahlreichen Drogenkartellen, die um Einfluss im lukrativen Rauschgiftgeschäft ringen und dabei äußerst gewaltsam vorgehen. Erst am Montag ist eine Journalistin entführt und ermordet worden. Die 32-jährige Anabel Flores Salazar wurde von Männern in Militäruniformen entführt - am Dienstag wurde ihre Leiche nach Angaben der Staatsanwaltschaft gefunden und von ihren Angehörigen identifiziert.

Salazar arbeitete bei der Lokalzeitung "El Sol de Orizaba". Der Bundesstaat Veracruz am Golf von Mexikogehört zu den Regionen Mexikos, die am stärksten von der Drogenkriminalität betroffen sind. Neben Oaxaca ist Veracruz nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen außerdem der gefährlichste mexikanische Bundesstaat für Journalisten. Im vergangenen Jahr wurden in Mexikoacht Journalisten ermordet. Seit dem Jahr 2000 wurden 90 Journalisten getötet, 17 weitere werden vermisst.

pab/qu (dpa, epd)