Zehn Gründe für den Erfolg des französischen Kinos
21. Februar 20191. Die Stars
Das französische Kino kann sich seit vielen Jahrzehnten auf seine großen Kino-Zugpferde verlassen. In Frankreich geht man auch ins Kino, weil man "seinen" Star sehen will - manchmal ist das wichtiger als der Film selbst. Juliette Binoche, gerade noch Jury-Präsidentin der Berlinale, ist nur eine von vielen weiblichen Filmstars im Lande. Catherine Deneuve, Isabelle Huppert und Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard sind andere. Bei den Männern mischt noch Altstar Gérard Depardieu mit, jüngere männliche Schauspielstars sind etwa Vincent Cassel, Dany Boon oder Omar Sy.
2. Die Schauplätze
Frankreich verfügt über eine schier endlose Vielfalt an attraktiven Schauplätzen. Das wissen die Location-Scouts und Regisseure zu nutzen. Ob die Normandie, die Bretagne, die Atlantikküste oder die Côte d'Azur, an Küsten herrscht kein Mangel. Doch das ist nicht alles: Französische Filmemacher können in den Hochalpen drehen, im Mittelgebirge und in der berühmten französischen Provinz. Eine städtische Filmkulisse wie Paris und die rundherum liegende Île-de-France sind sowieso einmalig in der Welt.
3. Liebe, Humor und mehr auf der Leinwand
Das Klischee eines besonderen Verhältnisses der Franzosen zur Liebe mag tatsächlich ein Klischee sein. Doch gilt ganz sicher: In keinem anderen Land entstanden so herzzerreißende Filme über die Amour Fou. Die Franzosen haben aber auch Humor. Viele französische Komödien brechen regelmäßig Kassenrekorde - wie 2008 "Willkommen bei den Sch'tis" oder drei Jahre später "Ziemlich beste Freunde". Erfolgreich sind auch das Action- und Krimigenre.
4. Die Kunst der leichten Unterhaltung
Französische Regisseure haben es seit Beginn der Filmgeschichte verstanden, die Kunst der leichten Unterhaltung zu perfektionieren. Ob Liebesmelodram, Komödie oder Familienfilm - oft gelingt es den kreativen Filmschaffenden auf dem schmalen Grat zwischen Unterhaltung und Ernst zu wandeln. Das gilt auch für anspruchsvolle Themen: Unterhaltende Momente ohne Peinlichkeit in bewegende Dramen einzubauen, ist eine große Kunst - die Franzosen beherrschen sie. Bei unseren Nachbarn findet man den in Deutschland so viel diskutierten Graben zwischen Unterhaltung und "ernster Kunst" weit weniger.
5. Die Exportfähigkeit
Viele französische Kinostars spielen immer mal wieder bei Regisseuren aus dem europäischen Ausland. Manche ereilt der Ruf aus Hollywood. Dass die meisten nach kurzer Zeit wieder lieber in der Heimat drehen, liegt meist nicht am mangelnden Erfolg in den USA. Auch die französischen Filme selbst laufen oft in synchronisierten Fassungen mit Erfolg im Ausland. Und: Französische Kinohits werden in Hollywood nachgedreht. Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit: "Ziemlich beste Freunde" läuft gerade in der US-Version auch in Deutschland. Frankreich nimmt in Sachen Kinoexport also in vielerlei Hinsicht einen internationalen Spitzenplatz ein.
6. Die Migranten
In den letzten Jahren haben es immer wieder Regisseure und Schauspieler mit Migrationshintergrund geschafft, Erfolge zu feiern. Der Megahit "Ziemlich beste Freunde" hat seinen enormen Kassenerfolg auch Omar Sy zu verdanken, dem Sohn eines Senegalesen und einer Mauretanierin. Der künstlerisch anspruchsvolle Regisseur Abdellatif Kechiche, der mit seinem Film "Blau ist eine warme Farbe" in Cannes vor sechs Jahren die Goldene Palme gewann, hat tunesische Wurzeln. So erneuert sich das Filmland Frankreich immer wieder von innen heraus.
7. Ästhetisch innovativ
Künstlerisch versteht es die Grande Nation, sich ständig neu zu erfinden. Schließlich ist auch die berühmteste Erneuerungsbewegung der Filmgeschichte, die "Nouvelle Vague", zum Vorbild vieler anderer ästhetischer Filmbewegungen in aller Welt geworden. Die Generation um die Regisseure Jean Luc Godard, François Truffaut und Claude Chabrol gilt noch heute als künstlerisch fruchtbarste Kinorevolution der Filmgeschichte. Von diesem Ruf, ein innovatives Filmland zu sein, zehrt Frankreich bis heute völlig zu Recht.
8. Stolz auf Traditionen
Frankreich wäre nicht Frankreich, wenn es nicht auch stolz auf die eigenen Wurzeln schauen würde. Das Land gilt als Geburtsstätte des Kinos. Die Brüder Auguste und Louis Lumière sowie Georges Méliès haben die Kinokunst im vorletzten Jahrhundert aus der Taufe gehoben. Frankreich ist stolz auf dieses Erbe, und das spürt man bis heute. Anders als zum Beispiel in Deutschland steht die Filmkunst, was das Ansehen in der Gesellschaft betrifft, bei Intellektuellen und breiten Gesellschaftsschichten, nicht im Schatten anderer Künste. Sie gilt als "Die siebte Kunst". Und: Die Franzosen lieben die Filme aus dem eigenen Land. Der Anteil des heimischen Films am Kinomarkt bewegt sich konstant zwischen 35% und 45%. Das ist einmalig in Europa.
9. Franzosen lieben das Kino
Die Franzosen strömen nach wie vor in die Kinos. Auch im Zeitalter des digitalen Wandels stößt man in kleineren Städten und in der Provinz noch auf viele Filmtheater. Und die Zahl der Kinos in der Metropole Paris ist sowieso phänomenal. Filmclubs und Festivals stärken das Bewusstsein für die Bedeutung des Kinos. Die "Cinémathèque Française" in Paris ist eine Institution. Nach wie vor gelten die Filmfestspiele in Cannes als wichtigstes Festival weltweit. In der französischen Kinoindustrie arbeiten fast 40.000 Menschen, sie setzen rund 10 Milliarden Euro um. Die Kunst des Kinos wird in verschiedenen Formen schon an den Schulen unterrichtet. Auch die Medienpädagogik wird gefördert.
10. Ideelle und finanzielle Filmförderung
Frankreich bemüht sich an vielen Fronten um den heimischen Film - vor allem auch in Sachen finanzieller Förderung. Dahinter steckt auch politischer Wille. Die kulturelle Vielfalt soll gefördert werden, mit Quoten für den nationalen Film, Gesetzestexten und einer finanziellen Basis. Rund 750 Millionen Euro fließen über verschiedene Kanäle in den heimischen Film. Der größte Teil stammt aus Abgaben der großen Fernsehsender. Darüberhinaus kommt viel Geld aus einer prozentualen Kinoticketabgabe - das heißt: Auch durch den Verkauf von Kinokarten für Hollywood-Filme werden französische Filme gefördert.