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50 Jahre "Rocky Horror Picture Show"

19. Juni 2023

Die "Rocky Horror Picture Show" war 1973 zunächst ein Geheimtipp in der Theaterszene, kam wenig später ins Kino - und wurde schließlich zu einem Popkultur-Phänomen.

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Filmszene aus dem Film "Rocky Horror Picture Show" von 1975 zeigt einen Mann vor einem Mikrofon umrahmt von zwei Frauen
Frivoles Dreigestirn: Magenta, Frank N. Furter, ColumbiaBild: Imago/ZUMA Press

Auf der Leinwand wird geheiratet. Im Kinosaal fliegt Reis durch die Luft.

Im Film steigt eine blonde Frau aus dem Auto. Gegen den strömenden Regen hält sie sich eine Zeitung über den Kopf. Im Saal spritzen Kinobesucher mit Wasserpistolen und schützen sich ebenfalls mit Zeitungen.

Die blonde Frau beginnt zu singen. Bei der Textzeile "There's a light" leuchten im Publikum hunderte Feuerzeuge auf.

Das Paar betritt das Schloss und gerät in eine Party. Auf der Leinwand wird der "Timewarp" getanzt, die Kinozuschauer tanzen mit. Als die Kreatur Rocky aus ihren Bandagen geschält wird, werfen die Leute im Zuschauerraum mit Klopapier. Alle Texte werden mitgesungen und mitgesprochen.

Nach dem Film sieht der Kinosaal aus, als müsse er renoviert werden. Trotzdem gibt's schon bald die nächste Vorstellung der "Rocky Horror Picture Show". So etwas hat noch kein Film geschafft. Auch nicht das, was nach Monaten in einigen Kinos geschieht: Der geworfene Reis lockt Mäuse an - die Kinos kämpfen gegen Mäuseplagen.

Szene aus dem Film "Rocky Horror Picture Show" von 1975 zeigt tanzende Menschen
"The Rocky Horror Picture Show" (Film, 1975): Party auf der Leinwand - und das Kino feiert mitBild: Imago

Viele Menschen in den frühen 1980er-Jahren sind verrückt nach der "Rocky Horror Picture Show": nach den Figuren, der Musik und dem Happening im Kinosaal. Sie verkleiden sich als Transvestit Frank N. Furter oder als die schrillen Hausmädchen Magenta und Columbia. Programmkinos lassen den Film jahrelang durchlaufen. Ein Kino in München zeigt ihn heute noch und steht damit im Guinness-Buch der Rekorde.

Durchbruch als "Midnight Movie"

Irgendwann - Mitte der 1980er etwa - flaut das Interesse am Film ab. Die "Rocky Horror Show" stirbt aber nicht. Als Musical bleibt sie Kult. Und so hat sie auch begonnen: 1973 brachte der Musical-Darsteller Richard O'Brien die Show erstmals auf die Bühne. Die Idee dazu kam ihm, als er ohne Engagement in seiner Londoner Wohnung hockte und sich langweilte. Im Kopf hatte er eine Persiflage auf die trashigen B-Movies, die in den 1950ern in den USA entstanden sind - etwa vom Filmemacher Jack Arnold, dem Schöpfer von Monster-/Horror-/Sci-Fi-Klassikern wie "Tarantula" oder "Gefahr aus dem Weltall".

Am Filmset des Films "Rocky Horror Picture Show": Komponist Richard Hartley, Regisseur Jim Sharman, Susan Sarandon und Tim Curry
Am Filmset: Komponist Richard Hartley, Regisseur Jim Sharman, Susan Sarandon, Tim CurryBild: Imago

Auf einer winzigen Bühne im Londoner Royal Court Theatre wird die "Rocky Horror Show" am 19. Juni 1973 uraufgeführt. Obwohl bei der Produktion an allen Ecken und Enden gespart worden ist, gefällt sie Publikum und Kritikern. Geplant sind fünf Wochen Aufführzeit. Daraus werden sieben Jahre am Stück. Die Fans haben damit begonnen, aus dem Theaterbesuch ein Happening zu machen. Der Spaß daran ist ansteckend. Das Stück wird auch auf anderen Bühnen gezeigt - auch in New York. Überall das gleiche Bild: kostümierte, Reis werfende Fans.

Schon ein Jahr nach der Uraufführung des Musicals sitzt O'Brian mit dem Regisseur Jim Sharman zusammen. Sie schreiben das Drehbuch für den Film "The Rocky Horror Picture Show". Premiere ist am 14. August 1975 in London. Der Erfolg stellt sich nicht direkt ein. Doch dann kommen findige Kinobetreiber auf die Idee, den Film als "Midnight Movie" zu vermarkten. Das lockt die schrillsten Gestalten in die Kinos, die alle nur eins wollen: eine gemeinsame Party feiern. 1977 läuft der Film in Deutschland an. Der Rest ist Filmgeschichte.

Neuauflage der "Rocky Horror Picture Show" fürs Fernsehen

Bis heute wird das Musical weltweit aufgeführt. Bis heute werfen Fans mit Reis und Klopapier. 2016 kam ein zweistündiges Remake des Kultstreifens ins Fernsehen: Der US-amerikanische TV-Sender FOX hatte die Neuauflage produziert und für die Regie den Choreografen Kenny Ortega verpflichtet. Ortega ist der Erfinder der Tanzszenen bei "Dirty Dancing" und hat Choreografien für Madonna und Michael Jackson entwickelt. Die Michael Jackson-Doku "This Is It" (2009) geht ebenfalls auf sein Konto. Der erfahrene Mann wurde beauftragt, der schrillen Travestie-Show ein modernes Gewand zu verpassen.

Porträt der US-Schauspielerin Laverne Cox
Laverne Cox spielte in der Neuverfilmung 2016 den Hauptdarsteller Frank N. FurterBild: Invision/AP/picture alliance

Dafür besetzte er die Hauptrolle mit der Schauspielerin Laverne Cox, die den größenwahnsinnigen Frank N. Furter spielte. Die R&B-Sängerin Christina Milan spielte das Hausmädchen Magenta. Der Sänger und Musicaldarsteller Adam Lambert schlüpfte in die Rolle des unglücklichen Eddie, der im Film ermordet wird und als Abendessen endet. Auch der Frank N. Furter des Originals, Tim Curry, war wieder mit dabei - diesmal als Erzähler. Der Soundtrack wurde komplett neu eingespielt.

"Rocky Horror Show": Auch mit 50 Jahren noch einflussreich

Nach Angaben des britischen "Mirror" wurde das Musical "Rocky Horror Show" bisher von 30 Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen. Sowohl in Australien als auch im Vereinigten Königreich wird es anlässlich seines 50-jährigen Bestehens neu inszeniert. "Es ist erstaunlich, dass sie sich immer noch so gut hält. Ich bin nie davon ausgegangen, dass sie ein größeres Publikum als Freunde und einige Gleichgesinnte ansprechen würde, und ich dachte, wir würden dieses potenzielle Publikum sehr schnell ausschöpfen", sagte Autor Richard O'Brien der Zeitung.

Filmszene aus dem Film "Rocky Horror Picture Show" von 1975 zeigt einen Mann und einer Frau in schrillen silbernen Kostümen
Kult seit (fast) 50 JahrenBild: Imago/ZUMA Press

Fünfzig Jahre nach der Show-Premiere würde O'Brien mit seinem Musical gerne noch mehr Bühnen auf der ganzen Welt erobern - allerdings nicht aus kommerziellen Gründen: "Es gibt viele Länder, in denen ich es gerne sehen würde - autoritäre Länder, in denen Schwulsein immer noch verboten ist", sagte er. "Ich würde zum Beispiel gerne nach Polen gehen oder nach Russland. Ich würde sogar jedem, der es dort machen will, die Lizenz umsonst geben."

Dieser Artikel wurde anlässlich des 50. Jahrestages der Premiere des Musicals "The Rocky Horror Show" aktualisiert.

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online