60 Jahre UNESCO
16. November 2005"Da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden." So steht es im Präambel der UNESCO-Verfassung vom 16. November 1945. Krieg gibt es bis heute in vielen Ländern der Welt, und wie der deutsche Bundespräsident Horst Köhler bei der Generalversammlung der UNESCO zum 60. Gründungstag in Paris betonte, die Würde des Menschen ist auch heute vielfach bedroht: durch Armut, Unterentwicklung, Terror und Unfreiheit.
Dennoch ist nach den Worten des Bundespräsidenten in den Köpfen der Menschen etwas passiert: "Wir haben weltweite Organisationen wie die UNESCO, die für den Schutz der Menschenwürde eintreten und die Fundamente des Zusammenlebens der Kulturen stärken. Und wir haben eine Weltöffentlichkeit, die Anteil nimmt am Schicksal Einzelner und am Schicksal von Kulturen, die unter Gewalt, Unrecht, Intoleranz und Armut leiden."
"Irgend etwas mit Kultur"
Für die UNESCO sind seit Gründung der Organisation die vielfältigen kulturellen Werte das Fundament für die Arbeit gewesen. Fragt man, wofür die Abkürzung UNESCO steht, bekommt man bei normalen Bürgern bestenfalls die Antwort: "Irgend etwas mit der UN", oder "irgend etwas mit Kultur", doch "Bildung, Wissenschaft und Kultur" geht den meisten nicht so leicht über die Lippen.
Dabei ist die UNESCO eine der Initiatoren der globalen Alphabetisierungskampagnen. Schon 1948 hat sie ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, eine Grundschulpflicht für alle einzuführen. Zurzeit läuft die UNESCO-Bildungsdekade "Bildung für alle", eine Aktion, die seit 2003 über zehn Jahre die weltweite Alphabetisierung vorantreiben soll. Die Mitgliedstaaten der UNESCO haben sich im Jahr 2000 auf einer Konferenz in Dakar darauf verständigt, acht Ausbildungsziele bis 2015 weltweit anzustreben, darunter auch eine kostenfreie, gute Grundschulbildung für alle Kinder, Mädchen wie Jungen, eine Halbierung der Zahl der Analphabeten und Gleichberechtigung für Frauen und Männer im Bildungssystem.
Kampf dem Analphabetismus
Der Mitte November 2005 in London veröffentlichte Bericht über den globalen Bildungsstand zeigte, dass für viele Länder Bildung vor allem eine Frage der Grundschulbildung ist, und dass noch immense Anstrengungen nötig sein werden, um die Zahl der erwachsenen Analphabeten zu reduzieren. Mehr als 770 Millionen Menschen weltweit sind Analphabeten, und es ist nicht ein Problem, bei dem man einfach abwarten kann, bis die heutigen Grundschul-Anstrengungen irgendwann einmal Früchte tragen, warnt der Direktor des globalen UNESCO-Bildungsbericht, Nicholas Burnett.
Doch es gibt auch Fortschritte auf dem Gebiet, zum Beispiel in China, das in den vergangenen Jahren die Zahl der Analphabeten um fast 100 Millionen Menschen reduzieren konnte. Auf dem Gebiet der Wissenschaften hat die UNESCO schon in den 1960er Jahren ein Frühwarnsystem für Tsunamis im Pazifischen Ozean initiiert, und mit dem "Memory of the World"-Programm der UNESCO sind unersetzbare Dokumente und Werke, auch in Form von Ton-, Film- und Fernsehaufnahmen, unter besonderen Schutz gestellt.
Brückenbau: die eigentliche Aufgabe der UNESCO
In der breiten Öffentlichkeit jedoch dürfte die UNESCO-Liste über das Weltkulturerbe zu den bekanntesten UNESCO-Institutionen gehören. Als die UNESCO drohte, den Kölner Dom von der Liste der Weltkulturerbe-Stätten zu streichen, weil Hochhäuser in der Nähe der berühmten Kathedrale gebaut werden sollten, war das Entsetzen groß.
Zu den Weltkulturerbe-Stätten der UNESCO zählen nicht nur Gebäude wie der Kölner Dom oder das Grabmahl Taj Mahal in Indien. Die mehr als 700 Orte umfassende Liste stellt auch ganze Naturgebiete wie das Korallenriff "Great Barrier Reef" vor Australien unter den besonderen Schutz als Kulturerbe der Menschheit. Oder auch die alte Brücke von Mostar gehört dazu. Sie wurde im jugoslawischen Bürgerkrieg zerstört, wieder aufgebaut und im Juli 2004 in einem großen Festakt durch den Generaldirektor der UNESCO, Koichiro Matsuura, eingeweiht.
Er bezeichnete die Brücke als ein Symbol für das Brücken bauen zwischen Menschen, die eigentliche Arbeit der UNESCO: "Physisch gesehen können wir eine zerstörte Brücke wieder aufbauen, aber damit ist die Aufgabe nicht gelöst. Die eigentliche Aufgabe ist es, einen dauerhaften Frieden zu bauen. Lass die alte Brücke in Mostar ein weltweites Symbol auf diese Herausforderung sein."