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Politik

Europa-Abgeordnete wollen Borrells Rauswurf

9. Februar 2021

Für eine Gruppe von konservativen und liberalen Parlamentariern ist der Moskau-Besuch des EU-Außenbeauftragten so schief gegangen, dass er nicht länger im Amt sein dürfe.

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Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell
Bild: Russian Foreign Ministry/REUTERS

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gerät nach seinem Besuch in Moskau in Bedrängnis. In einem Schreiben an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machen 81 Abgeordnete des Europaparlaments deutlich, dass sie den spanischen Sozialdemokraten nicht länger für haltbar halten. "Wir glauben, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission handeln sollte, falls Herr Borrell nicht freiwillig zurücktritt", heißt es in dem Schreiben.

"Erniedrigende Entwicklungen" in Moskau

Borrell hatte am Freitag bei Gesprächen in Moskau die Freilassung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny gefordert. Noch während des Besuchs erklärte das russische Außenministerium drei EU-Diplomaten "zu unerwünschten Personen". Im Nachgang reagierten Deutschland und weitere EU-Staaten mit der Ausweisung russischer Diplomaten. Borrell war zuletzt vor allem dafür kritisiert worden, dass er Außenminister Sergej Lawrow während der gemeinsamen Pressekonferenz nicht entschiedener widersprochen habe.

Russland EU-Außenkommissar Borrell besucht Russland
Russlands Außenminister Lawrow führte das Wort in Moskau, Borrell war nach Meinung vieler EU-Abgeordneter zu oft nur der stille Zuhörer Bild: European Commission/dpa/picture alliance

In dem Schreiben an von der Leyen heißt es weiter, der Moskau-Besuch sei von vornherein eine Fehleinschätzung Borrells gewesen. Sein Versagen, für die Interessen und Werte der EU einzustehen, habe dem Ansehen der Staatengemeinschaft und der Würde des Amtes erheblichen Schaden zugefügt. Man sei extrem besorgt über die "erniedrigenden Entwicklungen" während des Besuchs.

Ostukraine und Sputnik-Impfstoff

Die Abgeordneten nennen mehrere Punkte, die Spaniens Ex-Außenminister ihrer Ansicht nach falsch gemacht hat. So habe er während der Pressekonferenz nicht den Krieg in der Ostukraine erwähnt und stattdessen den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V gutgeheißen, obwohl dieser noch nicht in der EU zugelassen sei. Die Ausweisung der drei EU-Diplomanten sei ein Zeichen der Respektlosigkeit Russlands. Siegfried Muresan von der christdemokratischen EVP-Fraktion sagte, er habe schon vor der Reise gewarnt, so ein Besuch sei im Interesse des russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Und genau so ist es gekommen." Die Pressekonferenz sei eine One-Man-Show Lawrows gewesen. Borrell habe viele Unwahrheiten über die EU nicht korrigiert.

Der EVP-Politiker Riho Terras aus Estland führt die Borrell-Kritikerriege an
Der EVP-Politiker Riho Terras aus Estland führt die Borrell-Kritikerriege anBild: Erik Tikan/Scanpix/imago images

Initiiert wurde der Brief vom estnischen EVP-Politiker Riho Terras, getragen wird er größtenteils von Abgeordneten der konservativen Parteiengruppe sowie von Liberalen und Angehörigen der rechten EKR-Gruppe. Die deutsche CSU-Abgeordnete Angelika Niebler ist nicht unter den Unterzeichnern. Man wolle Borrell erst einmal anhören, sagte sie. Der Auftritt in Moskau sei gleichwohl peinlich gewesen. "Die hohe Kunst der Diplomatie war es nicht, was Borrell da abgeliefert hat." Nieblers CDU-Kollege Daniel Caspary betonte indes, eine Rücktritts-Debatte spiele Russland in die Karten.

Borrell will neue Sanktionen vorschlagen

Nach seiner erfolglosen Moskau-Visite kritisierte Borrell die Regierung in Moskau scharf. "Der politische Dialog mit Russland ist zu einem Stillstand gekommen", sagte Borrell vor dem Europäischen Parlament. "Die russische Regierung geht einen besorgniserregenden autoritären Weg." 

Borrell erläuterte, Russland zeige derzeit kein Interesse an einem Neustart in den Beziehungen zur EU. Die Regierung in Moskau sehe eine liberale Demokratie vielmehr als existenzielle Bedrohung an. "Sie sind gnadenlos", sagte der spanische Politiker. Weitere Sanktionen gegen die Führung in Moskau dürfe die EU nicht ausschließen. Zugleich müsse die EU aber mit der russischen Zivilgesellschaft im Dialog bleiben.

sti/uh/ehl (dpa, efe, afp)