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Ab auf die Überholspur!

Frank Sieren15. März 2014

China prescht bei den E-Autos erneut vor. Schafft größere Konkurrenz unter den Autoherstellern um neue Hybrid-Modelle diesmal den Durchbruch für den bisher überschaubaren Markt, fragt DW-Kolumnist Frank Sieren.

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BMW-Elektroauto auf der Automobilmesse in Guangzhou, China
Bild: picture-alliance/dpa

"2014 wird das große Wendejahr für Autos mit alternativen Antrieben", so lauteten Anfang Februar die vielversprechenden Worte des Präsidenten des chinesischen Autoherstellers BYD, Wang Chuanfu. Man möchte dieser gewagten Aussage in diesen Tagen gerne Glauben schenken. Denn mal wieder hängt eine dreckige Smogwolke über der Hauptstadt. Und Autoabgase sind laut Pekinger Umweltamt mit etwa 22 Prozent die Hauptursache der dicken Luft. Wangs Worte stießen in chinesischen Kreisen folglich auf große Resonanz. Viel wurde über das neue Hybrid-Modell von BYD namens Qin und auch über die angekündigte Chinastrategie der amerikanischen Luxusmarke Tesla geschrieben.

Zweiter Anlauf

Aber immer langsam mit dem Optimismus. Schon 2011 hatte Peking große Pläne, die Elektromobilität zu revolutionieren. Damals wurden großzügige Subventionen für den Kauf eines E-Autos eingeführt und Experten prophezeiten ein rasantes Wachstum der Branche. Allein von 2006 bis 2016 nimmt die Regierung 3,8 Milliarden Euro für die Entwicklung von Akkutechnik in die Hand. Ein Ziel wurde gesteckt: eine halbe Million E-Autos sollen bis 2015 auf den Straßen Chinas fahren. Doch das war zu hoch gegriffen: Letztlich reichten alle Bemühungen nicht aus. Die erste Welle grüner Autos scheiterte. Fehlende Reichweite, unausgereifte Akkus und überhaupt die mangelhafte Ladeinfrastruktur des Landes führten zu läppischen Verkaufszahlen, die 2012 weniger als ein Prozent des Umsatzes ausmachten. Obwohl die Neuanschaffungen auf Basis eines Elektro- oder Hybridmotors im Vergleich zu den vorherigen Jahren um insgesamt 35 Prozent stiegen, lag der Anteil trotzdem nur bei rund 0,07 Prozent aller Verkäufe, etwa 17.000 von insgesamt fast 22 Millionen Autos. BYD machte Verluste und musste sich neu strukturieren und mit ihnen die gesamte Branche. Bisher konnten elektrische Autos also einfach nicht mit den günstigeren und leistungsfähigeren Benzinern mithalten, da half es auch wenig, mit freien Nummernschildern zu locken.

Neue Generation

Nun rappelt sich der Markt drei Jahre später wieder auf - und die Vorzeichen sind günstig. Diesmal liegt die Initiative nicht bei der Regierung. Sie vergibt zwar weiterhin ihre Subventionen bis 2015, in den nächsten Jahren sollen sie jedoch stetig gekürzt werden. Nein, die E-Industrie selbst macht von sich hören. Genau, wie Wang es voraussagte, wird sich 2014 einiges tun: Gerade wird nicht nur die zweite Generation chinesischer E-Autos auf den Förderbändern zusammengeschraubt. Auch die Konkurrenz unter den Herstellern wird immer größer, weil nun auch namhafte ausländische Autohersteller mit neuen Elektrik-Modellen nach China kommen. Die sind zwar oft noch zu teuer, weil importierte Wagen keine staatlichen Vergünstigungen einheimsen, aber allein durch die wachsende Vielfalt steigt der Wettbewerb. Und damit auch der Innovationsdruck.

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
Frank Sieren: China startet bei Elektroautos durchBild: Frank Sieren

Ausländische Konkurrenz

Es ist einfach die Masse, die diesmal den Unterschied machen könnte, denn an allen Fronten tut sich was: BMW tastet sich in seinem frisch eröffneten Pekinger Showroom mit der Marke Zinoro und dem Verleih seines neuen Strommodells E1 heran. 2015 soll der richtige Markteinstieg folgen. Ein elektrischer VW Golf kommt sogar noch dieses Jahr. Gerade verkündete die US-Firma Fisker, die von den Chinesen aufgekauft wurde, dass ein neues Elektroauto innerhalb von zwölf Monaten auf den Markt kommen soll - sicherlich nicht nur in den USA und Europa.

Diese Produktoffensive kann aber nur erfolgreich sein, wenn es den Auto-Herstellern gelingt, am Image der Elektromobile zu drehen. Bislang nahmen viele Chinesen Elektroautos überhaupt nicht ernst. Die Vorstellung eines kleinen und überteuerten Elektromobils, mit dem man keine achtzig Kilometer weit kam und auch noch in der Gefahr lebte, jeden Moment in Flammen aufzugehen, passte einfach nicht in das Bild des Autos als Statussymbol hinein. Obwohl die Fälle von brennenden Stromern bisher meist nicht auf Akkudefekte zurückgeführt wurden: Wenn der Ruf erstmal ruiniert ist, helfen Pressemitteilungen relativ wenig. Umso wichtiger ist also, dass jetzt ein neues Image aufgebaut wird. Dass Kaufinteressenten dieses Jahr vor einer breit gefächerten Auswahl stehen, hilft da ungemein.

Elektromobilität für jede Brieftasche

Den Menschen muss klar werden, dass die Technik einen Sprung nach vorne gemacht hat. Längst gibt es E-Autos in allen Preisbereichen. Es geht beispielsweise beim chinesischen Model GWKulla los, der für umgerechnet 6000 bis 7000 Euro auf den Markt kommt und mit einer Ladung bis zu 160 Kilometer schaffen soll. Das neue Hybrid-Modell von BYD wird mit der Hilfe vom Staat für 25.000 Euro zu haben sein und nur zwei Liter pro hundert Kilometer verbrauchen.

Und dann ist da ja noch die Luxusmarke Tesla. Das amerikanische Unternehmen reitet momentan auf einer Erfolgswelle, die es auch nach Asien tragen könnte. An der Börse ist es schon halb so viel wert, wie der einstige Platzhirsch Ford und das, obwohl man bisher nur ein einziges Model produziert. Die rein elektrisch betriebene Limousine hat es mit einer Reichweite von 430 Kilometern allerdings in sich. Teslas Entscheidung, nach China zu kommen, hat vor allem auch symbolische Bedeutung. Wenn die Reichen anfangen, E-Autos zu kaufen, steigt es schneller in den Rang eines Statussymbols auf. Der Etablierung von Elektrikautos in China könnte dies durchaus nützlich sein.

Wenn die Kampagnen all der verschiedenen Unternehmen dieses Mal aufgehen, muss das E-Auto in allen Schichten der Bevölkerung ankommen. Das hat 2011 nicht geklappt, weil die Voraussetzungen noch nicht gegeben waren. Doch dieser Zeitpunkt rückt immer näher. China wird der größte Markt für E-Autos. Und das eher früher als später.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking