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Abaschidse: "Der Ball ist auf russischer Seite"

Amalia Oganjanyan / Markian Ostaptschuk22. November 2012

Vier Jahre nach dem Krieg möchte Georgien den Dialog mit Russland wieder in Gang setzen. Der georgische Russland-Beauftrage Surab Abaschidse erläutert im DW-Interview den diplomatischen Vorstoß.

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Surab Abaschidse, Russland-Beauftragter der georgischen Regierung Foto: Amalia Oganjaniyan (DW)
Bild: Amalia Oganjaniyan

DW: Herr Abaschidse, Sie sind der Russland-Beauftragte der neuen georgischen Regierung. Tiflis will mit diesem neuen Amt den Wunsch nach einem Dialog mit Russland zum Ausdruck bringen. Welche Erwartungen bestehen auf georgischer Seite?

Surab Abaschidse: Die georgisch-russischen Beziehungen sind in einer Sackgasse - vor allem seit dem Krieg im Jahr 2008 und seit Russland [die von Georgien abtrünnigen Regionen - Anm. d. Red.] Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten anerkannt hat. Zwischen Russland und Georgien gibt es keine diplomatischen Beziehungen. Einziger offizieller Dialog sind die Genfer Gespräche [unter internationaler Vermittlung - Anm. d. Red.] über die Konfliktregionen. Aber es gibt noch viele andere ungelöste Probleme: die regionale Sicherheit, den Handel und die humanitären Beziehungen. Wir sehen die Dinge realistisch. Wir wissen, dass es nicht gelingen wird, die Beziehungen schnell zu normalisieren. Aber es besteht folgender Wunsch: Die Genfer Gespräche sollten weitergeführt werden. Gleichzeitig sollten neue Kommunikationskanäle geschaffen werden, um alle möglichen Themen diskutieren zu können. Schritt für Schritt sollte Vertrauen zwischen den Seiten geschaffen und allmählich eine faire und berechenbare Beziehung aufgebaut werden.

Wie hat man in Moskau auf ihre Ernennung zum Russland-Beauftragten reagiert?

Bisher gab es positive Reaktionen in den russischen Medien, von Politikern und Experten, was kein schlechtes Signal ist. Auf eine offizielle Antwort aus Moskau warten wir noch. Unsere Initiative, einen direkten Dialog wiederaufzunehmen, wird erst Bedeutung erhalten, wenn die andere Seite angemessen reagiert. Wenn die russische Seite aus irgendeinem Grund einen Dialog noch für unzweckmäßig hält, dann verliert mein Amt in gewisser Weise seinen Sinn. Wir sind optimistisch, haben aber keine Illusionen.

Wird die Regierung in Moskau die neue georgische Führung als gleichberechtigten Partner akzeptieren?

Für uns stellt sich die Frage so nicht. Niemand wird auf uns so wie auf China oder die USA schauen. Unsere Gewichtsklasse in der Weltpolitik ist viel niedriger. Russland ist ein riesiges Land und es kann ruhig ohne Georgien und andere Länder existieren. Auch Georgien könnte ohne eine Unterstützung Moskaus, Russlands Gas und den Absatzmarkt dort überleben. Es geht nicht darum, wie man überlebt, sondern darum, wie man gute Beziehungen zu Nachbarn aufbaut. Ich teile nicht die Ansicht, dass wir ein kleines Land mit einem kleinen Markt sind und dass wir Russland mehr brauchen als Russland uns. Es gibt gemeinsame geopolitische Fragen und Probleme der regionalen Sicherheit. Außerdem, wenn wir nicht wichtig wären, wozu unterhält Russland dann Militärbasen in Abchasien und Südossetien und wozu brauchte man den Krieg?

Portrait von Bidsina Iwanischwili (Foto: dpa)
Wahlgewinner im Oktober: Die Partei von Bidsina IwanischwiliBild: picture-alliance/dpa

In Suchumi und Zchinwali gibt es russische Botschaften, in Tiflis keine mehr. Für den neuen georgischen Premier Bidsina Iwanischwili ist eine Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen eng mit der territorialen Integrität Georgiens verbunden. Wird Tiflis der Wiedereröffnung einer russischen diplomatischen Vertretung zustimmen, solange in Abchasien und Südossetien russischen Botschaften bestehen?

Eine Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen erörtern wir gegenwärtig nicht. Damit würden wir die Realitäten akzeptieren, die Russland mit der Anerkennung Abchasiens und Südossetiens geschaffen hat. Erst sollte ein Dialog aufgenommen werden. Sollte dieser positive Ergebnisse bringen, könnte man sich mit der Frage der diplomatischen Beziehungen befassen. Man sollte nicht vergessen, dass es sowohl für Russland als auch für Georgien "rote Linien" gibt. Russland ist nicht bereit, die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens zu revidieren. Für uns sind aber die territoriale Integrität, die Souveränität und freie Entscheidung in internationalen Angelegenheiten von grundlegender Bedeutung. Aber bevor wir auf diese "roten Linien" treffen, gibt es zwischen uns noch viele andere Fragen, die gelöst werden könnten - zum Beispiel wirtschaftliche und humanitäre.

Georgien will die Beziehungen zu Russland verbessern und sich gleichzeitig in die NATO integrieren. Ist das miteinander vereinbar?

Die NATO ist für Russland ein sehr starkes Ärgernis. Für uns ist die NATO eine Priorität. Wichtig ist, ob Moskau unsere Argumente anhört, warum wir in die NATO wollen, und ob wir unsere Positionen annähern können. Vielleicht hat Russland ein Argument, das uns davon überzeugt, dass unser Bestreben unbegründet sei. Wir brauchen eine ehrliche Diskussion und wir sind dazu bereit.

Gibt es Fortschritte bei der Öffnung des russischen Marktes für georgische Erzeugnisse?

Als Georgien grünes Licht für den Beitritt Russlands zur WTO gab, erklärten höchste russische Staatsvertreter, dies werde eine neue Seite in unseren Beziehungen aufschlagen. Ich denke, für das Ansehen eines Landes ist es wichtig, dass Erklärungen eingehalten werden. Der Ball ist auf russischer Seite. Aber wenn Russland keine Bereitschaft zeigt, dann werden wir natürlich unsere Exporte auf den russischen Markt nicht wieder aufnehmen können.

Surab Abaschidse ist seit 1. November 2012 Russland-Beauftragter der neuen georgischen Regierung. Der 61-Jährige war von 1993 bis 2000 Botschafter in den Benelux-Ländern, bei der EU und der NATO sowie in den Jahren 2000 bis 2004 Botschafter in Russland.

Das Gespräch führte Amalia Oganjanyan.