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Abgeordnete wollen endlich nach Incirlik

3. September 2016

In Deutschland sorgt die Aussage der Bundesregierung zur Armenier-Resolution für Verwirrung und Unmut. Doch Ankara scheint zufrieden. Parlamentarier testen, ob die Türkei jetzt in einem entscheidenden Punkt einlenkt.

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Bundeswehr-Tornado auf der Luftwaffenbasis Incirlik (Archivbild: Bundeswehr/Falk Bärwald/dpa)
Besuche verboten: Bundeswehr-Tornado auf der Luftwaffenbasis Incirlik (Archivbild)Bild: Bundeswehr/Falk Bärwald/dpa

Nach den diplomatischen Entspannungsversuchen der Bundesregierung unternehmen Bundestagsabgeordnete einen neuen Versuch, die deutschen Soldaten auf dem NATO-Stützpunkt im türkischen Incirlik zu besuchen. Die Reiseplanung der Verteidigungspolitiker stehe, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, der "Frankfurter Rundschau". "Wir wollen am 4. Oktober in die Türkei fliegen."

Seit der Bundestag Anfang Juni in einer Resolution die Massaker im Osmanischen Reich an Armeniern vor 100 Jahren als "Völkermord" verurteilt hatte, verweigert die Türkei deutschen Abgeordneten den Besuch bei Bundeswehrsoldaten in Incirlik. Von dem türkischen Luftwaffenstützpunkt aus unterstützt die Bundeswehr den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien. Das derzeitige Mandat für den Einsatz läuft im Dezember aus.

Distanzierte Distanzierung

Die Bundesregierung hatte am Freitag betont, sich nicht von der Parlamentsresolution zu distanzieren, zugleich aber darauf verwiesen, dass die Resolution nicht rechtsverbindlich sei. Regierungssprecher Steffen Seibert und später auch Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst äußerten sich nahezu gleichlautend. Beobachter vermuten, dass einzelne Formulierungen im Vorfeld mit der türkischen Seite abgestimmt wurden, um einerserseits innenpolitisch möglichst wenig Schaden anzurichten und andererseits mit Ankara zu einer Übereinkunft zu gelangen.

Karte - Flugstützpunkt Incirlik in Türkei - deutsch
Incirlik ist auch das wichtigste Drehkreuz der US-Air-Force zur Versorgung ihrer Streitkräfte im Irak und in Afghanistan

Die türkische Botschaft in Berlin begrüßte unterdessen die Stellungnahme der Bundesregierung. "Wir sehen das generell eher positiv", sagte Botschaftssprecher Refik Sogukoglu den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er verwies dabei insbesondere auf zwei Bemerkungen des deutschen Regierungssprechers. "Wir schätzen Seiberts Aussage, dass den Gerichten die Entscheidung obliegt, was Völkermord ist - und nicht dem Parlament. Darüber hinaus stimmen wir Seiberts Bewertung zu, dass die Bundesregierung nicht immer die gleiche Meinung haben muss wie der Bundestag", erklärte Sogukoglo.

"Da hilft kein Rumgeeiere"

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin hingegen warf der Bundesregierung Realitätsverweigerung in ihrer Türkei-Politik vor. Die Türkei sei ein schwieriger Nachbar und in der Flüchtlingskrise wie im Syrienkonflikt mehr Teil des Problems als Teil der Lösung, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Da hilft kein Rumgeeiere."

Auch aus der Union kommen kritische Töne. Der CSU-Politiker Manfred Weber verlangte Klarheit und Ehrlichkeit in den Beziehungen zur Türkei. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament bezeichnete die Verbrechen an den Armeniern in der "Passauer Neuen Presse" als Genozid. "Das gilt es der türkischen Führung deutlich zu sagen. Davon darf man jetzt nicht abrücken. Das wäre das völlig falsche Signal."

cgn/jj (afp, dpa, rtr)