Abo-Modell gegen Meta-Schwäche
21. Februar 2023Es war nur ein Update unter vielen, aber iOS 14 hatte es in sich. Als im September 2014 das neue Betriebssystem für iPhones herauskam, stellten die Apple-Konzernlenker praktisch über Nacht die Regeln im milliardenschweren Spiel um digitale Daten auf den Kopf. Denn standardmäßig sind seit der Version iOS 14 alle Funktionen auf maximalen Datenschutz eingestellt. Die Einstellungen, die es den Datensammlern wie Facebook & Co bis dahin leicht machten, persönliche Daten zu sammeln und aus verschiedenen Quellen Nutzer-Daten zusammenzuführen, sind seit iOS 14 deaktiviert.
Die Folgen für die erfolgsverwöhnten Tech-Konzerne sind gewaltig. Besonders in den USA, wo mittlerweile mehr als die Hälfte aller Smartphone-Besitzer ein iPhone nutzen, entscheiden sich immer weniger Menschen dafür, den Datensammlern Tür und Tor zu öffnen.
"Personalisierte Werbung" muss genauso aktiviert werden wie die Funktion "Apps erlauben, Tracking anzufordern". Damit war es in der Vergangenheit möglich, die Datenspuren von iPhone-Nutzern auf anderen Apps und Webseiten zu verfolgen, Information über das Nutzerverhalten zu sammeln, zusammenzuführen und dann treffsichere, personalisierte Werbung zu verkaufen.
"Schlag in die Magengrube"
Dass sich die Zeiten für die digitalen Konzerne drastisch geändert haben, bestätigt Dan Ives von der New Yorker Investmentfirma Wedbush Securities im Interview mit der DW: "Das hat das gesamte Geschäftsmodell verändert. Seit Apple sein Betriebssystem umgestellt hat, kann jeder mit seinem iPhone entscheiden, ob er seine Daten zur Verfügung stellt oder nicht. Das war der Schlag in die Magengrube für das Geschäftsmodell der digitalen Konzerne. Wenn man sich Snap oder andere ansieht: Sie alle suchen nach Wegen, diese Einschränkungen zu umgehen."
Dass es für Facebook oder Google immer schwerer wird, mit weniger gesammelten Daten Internetwerbung zu personalisieren, schlägt sich in den Umsatzzahlen nieder. Ganz gleich, ob bei den Meta-Marken Facebook und Instagram oder bei Snapchat und Twitter: Seit Monaten gehen die Einnahmen aus Onlinewerbung nach unten und drücken Umsatz und Gewinn. Dazu kommen Inflation und Kaufzurückhaltung bei Verbrauchern oder die Reaktionen von Werbekunden auf die Eskapaden des neuen Twitter-Eigners Elon Musk.
Noch sind Facebook, Instagram oder Google hochprofitabel, aber die Zeiten werden rauer. Bislang ist das Minus noch einstellig, aber ein Trend zeichnet sich ab: die Erlöse pro Nutzer gehen zurück und die Nervosität in den Chefetagen nimmt sichtbar zu. Die zahlreichen Entlassungswellen, die durch das Silicon Valley und anderswo rollen, sind die Konsequenzen dieser Entwicklung.
Zuckerberg wandelt auf Elon Musks Spuren
Meta-Chef Marc Zuckerberg geht jetzt mit dem Bezahldienst Meta Verified in die Offensive. Für seine Onlinedienste Facebook und Instagram gibt es ab Ende Februar in den Testmärkten Australien und Neuseeland ein Abo-Modell für rund zwölf Dollar pro Monat. User können so ihr Profil verifizieren lassen. Und für die monatliche Gebühr sollen ihre Texte, Fotos und Videos bei Suchanfragen weiter oben landen.
Wall Street-Analyst Dan Ives ist allerdings skeptisch, dass das Angebot verfängt. "Wenn Sie zehn Jahre lang umsonst Brot im Restaurant bekommen haben, zahlen Sie dann auf einmal dafür?", kommentiert der Investment-Stratege Marc Zuckerbergs Experiment.
Wie viele User werden zahlen?
"Die meisten Nutzer werden wahrscheinlich davor zurückschrecken. Aber zwischen drei und sieben Prozent können wir uns vorstellen", schätzt Ives. Facebook und Co. spürten eben mehr Gegenwind und folgten deshalb Twitter und seinem neuen Besitzer Elon Musk beim Versuch, mit Verifizierungs-Abos die Monetarisierung voranzutreiben. "Bei Twitter und Snapchat laufen die Abo-Modelle bislang eher mau, besonders bei Twitter", fasst Ives zusammen. Viele würden sich nämlich fragen, "wenn jeder verifiziert werden kann, was ist dann das Besondere daran?"
Entsprechend bleibt Dan Ives skeptisch. "Viele Facebook-Nutzer, die schon mit einem Fuß aus der Tür sind, könnten so komplett herausgeschubst werden", sagt der Wall Street-Experte. "Und wenn keiner für dieses Upgrade bezahlen will? Dann hätten sie sich bei Facebook selbst ein Bein gestellt."