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Politik

Abschiebung nach Syrien?

5. November 2018

Nach der Vergewaltigung in Freiburg fordern CDU und CSU eine Neubewertung der Sicherheitslage in Syrien. Ihr Ziel: kriminelle Flüchtlinge sollen dorthin abgeschoben werden können. Sieben Fragen und sieben Antworten.

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Syrien - ar-Raqqa
Bild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Wer will Flüchtlinge aus Deutschland nach Syrien abschieben?

Die Vergewaltigung einer jungen Frau in Freiburg befeuert die Debatte über die Abschiebung krimineller Asylbewerber aus Deutschland. Die 18-Jährige war Mitte Oktober mutmaßlich von mindestens sieben Syrern und einem Deutschen vergewaltigt worden. Mehrere Politiker von CDU und CSU fordern deshalb, "Schwerstkriminelle" in Zukunft auch in das Bürgerkriegsland Syrien abzuschieben.

Wenn sich die Lage "auch nur in einzelnen Landesteilen weiter verbessert, sollten Rückführungen für einen eng begrenzten Personenkreis nicht weiter pauschal ausgeschlossen werden", sagte der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg (CDU) der Zeitung "Welt". 

Ist Rückführung = Rückkehr?

In der aktuellen Debatte gehen die Begriffe durcheinander. Ein Vorstoß der AfD-Fraktion im Bundestag vom vergangenen Jahr hatte eine freiwillige Rückkehr von Syrern im Rahmen eines Abkommens mit der syrischen Regierung zum Ziel. Zuvor hatte die AfD jedoch auch die Rückführung von Syrern gegen deren Willen gefordert. Beim aktuellen Vorstoß von CDU- und CSU-Vertretern geht es ebenfalls um Rückführung, zunächst von Straftätern.

Anerkannte Flüchtlinge dürfen nur dann ausgewiesen werden, wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Das kann zum Beispiel bei einer Verurteilung mit einer Haftstrafe von mindestens zwei Jahren der Fall sein. Mit der Ausweisung verliert der Betroffene seine Aufenthaltserlaubnis und ist rechtlich zur Ausreise verpflichtet. Bringt die Staatsgewalt einen Ausgewiesenen außer Landes, dann spricht man von Abschiebung.

Ist es wahrscheinlich, dass Syrer abgeschoben werden?

Aufgrund zahlreicher Berichte über Folter und Mord in allen Teilen Syriens hatten zunächst einzelne, dann 2012 alle Bundesländer Abschiebungen nach Syrien ausgesetzt. Dieser Abschiebestopp wurde jeweils um ein Jahr verlängert, zuletzt bis Ende 2018. Eine neue Bewertung der Sicherheitslage hat es seit 2012 jedoch nicht mehr gegeben.

Dr. Mathias Middelberg
Mathias Middelberg von der CDU fordert eine "Neubewertung" der Sicherheitslage in SyrienBild: mathias-middelberg.de

Ende November muss erneut über eine Verlängerung des Abschiebestopps entschieden werden. Auf dieser Innenministerkonferenz sind CDU/CSU aktuell mit neun Ministern vertreten, die SPD mit sieben. Beschlüsse müssen jedoch einstimmig gefasst werden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die SPD Abschiebungen nach Syrien zustimmt.

Wie sicher ist die Lage in Syrien?

Hier gehen die Meinungen auseinander. Einige Beobachter gehen davon aus, dass es mittlerweile Regionen in Syrien gibt, in denen die Gefahr durch den Krieg völlig gebannt ist. Die AfD-Fraktion im Bundestag etwa teilt diese Meinung und geht davon aus, dass nur in einem kleinen Teil des Landes noch gekämpft wird.

Laut Vereinten Nationen haben die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Syrien zuletzt nachgelassen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk betont in seinen Berichten zur Lage in Syrien jedoch, dass alle Regionen des Landes direkt oder indirekt von Krieg und Gewalt betroffen seien. Deshalb solle kein Land Flüchtlinge gegen ihren Willen dorthin zurückschicken.

Wie viele syrische Flüchtlinge leben in Deutschland?

Laut Zahlen vom Juni 2018 sind insgesamt rund 800.000 Syrer seit Ausbruch des Bürgerkriegs nach Deutschland geflohen. Nur einige Tausend von ihnen sind Asylberechtigte. Die Mehrheit wird auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt. Sie sind also aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus ihrem Land geflohen und erhalten deshalb Flüchtlingsschutz.

Vergewaltigung in Freiburg Industriegebiet Nord
Tatort: im Industriegebiet Freiburg Nord soll eine Frau von einer Gruppe Männer vergewaltigt worden seinBild: Getty Images/T. Niedermueller

Eine dritte Gruppe hat den so genannten subsidiären Schutz erhalten, weil in ihrer Heimat Krieg herrscht. Sie haben weder Anspruch auf Asyl noch sind sie nach der Genfer Konvention als Flüchtling anerkannt. Die Betroffenen werden zwar nicht abgeschoben, erhalten aber nur eine Aufenthaltserlaubnis, die verlängert werden kann.

Kehren syrische Flüchtlinge bereits freiwillig zurück?

Die Zahl der Rückkehrer aus Deutschland dürfte verschwindend gering sei. Die Schätzungen darüber, wie viele Syrer aus den Nachbarländern Türkei, Libanon, Jordanien und Irak in ihr Land zurückgekehrt sind, schwanken zwischen einigen Zehntausend und mehreren Hunderttausend.

Nach einer Umfrage der UN kommt für die Mehrheit der syrischen Flüchtlinge weltweit jedoch nur dann eine Rückkehr in Frage, wenn im Land Krieg und Gewalt enden und die Versorgungslage wieder einigermaßen gesichert ist.

Wer ist generell ausreisepflichtig?

Tatsächlich sind derzeit 235.000 Ausländer in Deutschland ausreisepflichtig. Allerdings haben rund 174.000 hiervon eine Duldung und können erst einmal in Deutschland bleiben. Der Rest allerdings – also rund 61.000 Menschen – besitzt keine Duldung und müsste eigentlich ausreisen.

Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, gelten als "ausreisepflichtig". Sie haben bis zu zwei Wochen Zeit, um mithilfe eines Anwalts gegen den Asylbescheid zu klagen. Etwa sechs Monate dauern die Verfahren im Schnitt – im Regelfall dürfen die Antragsteller in dieser Zeit nicht abgeschoben werden. Verlieren sie das Verfahren, müssen sie das Land verlassen. Im ersten Halbjahr 2018 wurden etwa 12.000 Menschen aus Deutschland abgeschoben.