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Afghanistan: Den Taliban zum Trotz

Shamil Shams / mgr14. Oktober 2015

Als Journalist in Afghanistan zu arbeiten, war nie einfach. Seit aber die Taliban jüngst zwei großen Fernsehsendern gedroht haben, ist die Lage besonders angespannt. Auch militärisch kämpfen die Islamisten weiter.

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Afghane liest Zeitung (Foto: AP Photo/Musadeq Sadeq)
Bild: AP

Aus Kundus im Norden Afghanistans wurden die Taliban zwar zurückgedrängt. Doch stattdessen haben sie neue Fronten an anderen Stellen eröffnet: in den Provinzen Tachar, Baglan und Badachschan. Hier haben die Aufständischen Berichten zufolge mehrere Bezirke eingenommen, darunter eine in der Nähe von Faizabad, wo lange das deutsche Militär stationiert war.

Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen sollen die Taliban während ihrer kurzen Herrschaft in Kundus schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, darunter die Drangsalierung von Aktivisten und Journalisten. In dieser Woche erklärten die Islamisten zwei der größten Fernsehsender des Landes - Tolo TV und 1TV - zu "militärischen Zielen".

Beide Sender sind privat betrieben und berichten häufig kritisch über die Taliban und andere extremistische Gruppierungen, so zuletzt zum Beispiel über die mutmaßliche Vergewaltigung einer Frau in einem Hostel in Kundus durch die Taliban, nachdem die Islamisten die Stadt eingenommen hatten.

Taliban-Kämpfer in Kundus (Foto: REUTERS/Stringer)
Drohung der Taliban: Zwei afghanische TV-Sender seien künftig "militärische Ziele"Bild: Reuters

"Die Taliban erkennen ab sofort Tolo und 1TV nicht länger als Medien an, sondern als militärische Ziele aufgrund ihrer respektlosen und feindlichen Taten", hieß es wörtlich in der Warnung der Terrorgruppe. "Kein Angestellter, Nachrichtensprecher, Büromitarbeiter, Nachrichtenredakteur oder Reporter dieser Sender hat Immunität." Weiter forderten die Taliban die Afghanen auf, die beiden TV-Kanäle "streng zu boykottieren".

"Wir werden uns nicht einschüchtern lassen"

Der Besitzer von Tolo TV, Saad Mohseni, sagte, dass sein Sender weiterhin über die Gräueltaten der Taliban berichten werde. "Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass unsere Leute stets ohne Befangenheit oder Angst berichten werden", schrieb Mohseni auf Twitter. "Wir werden uns nicht von irgendeiner Gruppe einschüchtern lassen."

Sediqullah Tawhidi, Vorsitzender der Medienorganisation Nai Media Watch, warnte jedoch davor, die Drohung der Taliban zu leicht zu nehmen. "Die Taliban haben schon früher Journalisten bedroht, aber da waren es Sprecher oder Kommandeure, die das gemacht haben. Dieses Mal kam die Warnung jedoch von der militärischen Kommission der Gruppe", sagte Tawhidi im Interview mit der DW. Man sei besorgt, dass die Taliban einen terroristischen Anschlag auf beide Fernsehsender verüben würden. "Wir denken aber auch, dass die Warnung sich nicht nur gegen 1TV und Tolo TV richtet, sondern gegen alle Medien in Afghanistan. Es ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit", sagte er. Die Regierung müsse für die Sicherheit der Journalisten sorgen.

Das forderte auch die International Federation of Journalists (IFJ). Sie verurteilte die Drohung der Taliban ebenso wie auch die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA). Einzelne Nichtregierungsorganisationen gingen einen Schritt weiter: Sie beschuldigten die afghanische Regierung, nicht genug für den Schutz der Journalisten zu tun. Im Gegenteil: Afghanische Medien erhielten ihrer Ansicht nach häufig auch Drohungen von Politikern und Staatsangestellten.

Proteste gegen die Taliban und die Politik der Regierung in Kabul (Foto: H.Sirat/DW)
Aktivisten kritisieren die Regierung von Präsident Ghani, nicht genug für den Schutz der Zivilgesellschaft zu tunBild: DW/H. Sirat

Journalisten als vermeintliche Lügner und Spione

In den vergangenen Jahren haben die Medien in Afghanistan an Bedeutung gewonnen. Nach Ansicht von Patricia Gossman von Human Rights Watch hat das nicht nur Vorteile: "Mitarbeiter der Regierung wissen um die Bedeutung der Medien und versuchen deshalb, sie durch Einschüchterung, Gesetzesmissbrauch und Gewalt zu kontrollieren", sagte sie der DW.

Afghanische Journalisten können das bestätigen: "Journalisten werden von allen Seiten verdächtigt", sagt der Journalist Zereak Zaheen. "Weil du Journalist bist, bist du gleich verdächtig ein Lügner oder ein Spion zu sein."