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Kriminalität

Technologie gegen Korruption

Paula Zöhl9. Dezember 2013

Der weltweite Anti-Korruptionstag am 09.12. lenkt die Aufmerksamkeit auf ein in Afrika verbreitetes Übel. Doch es gibt auch Erfolge. Immer mehr Afrikaner nutzen ihr Handy, um sich gegen korrupte Beamte zu wehren.

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Fast jeder Afrikaner hat ein Handy, wie hier in der Elfenbeinküste
Bild: picture alliance/Mika Schmidt

Chris Omeleze war Verkehrspolizist in Nigerias Wirtschaftsmetropole Lagos - bis im Sommer 2013 seine Karriere eine ungewollte Wendung nahm. Der Beamte wurde zu einem Internet-Star wider Willen, als auf der Videoplattform Youtube ein mit dem Handy aufgenommener, kurzer Film veröffentlicht wurde. In wackeligen Bildern ist zu sehen, wie Omeleze von einem Autofahrer umgerechnet etwa 110 Euro einfordert, ohne dass sich der Fahrer etwas zu schulden kommen lassen hat.

Ein Polizist, der sich bestechen lässt - das ist kein Einzelfall in Nigeria. Im "Corruption Perception Index" der Nichtregierungsorganisation Transparency International liegt das westafrikanische Land auf Platz 144 von 175. Der Index listet Länder nach dem Grad auf, wie dort Korruption bei Amtsträgern wahrgenommen wird. Noch schlechter als Nigeria schneiden dabei 14 andere afrikanische Staaten ab; weltweites Schlusslicht ist Somalia.

Polizisten halten Autofahrer an, um für angebliche Verkehrsdelikte zu kassieren. In manchen Behörden werden Dokumente nur dann fristgerecht ausgestellt, wenn der Antragsteller den Beamten Geld zuschiebt: Nach Angaben von Transparency International hat in vielen Ländern Afrikas über die Hälfte der Bevölkerung in solchen oder ähnlichen Situationen schon einmal Schmiergeld bezahlt. In Sierra Leone, Liberia und Kenia sind es sogar über 70 Prozent.

In einem Punkt ist der Fall von Chris Omeleze allerdings untypisch. Denn meist kommen die Täter der alltäglichen Korruption ungestraft davon. Omeleze dagegen wurde von der Polizei entlassen, nachdem das Video zunächst auf Youtube Aufmerksamkeit erregt hatte und dann sogar im nigerianischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde.

Allzweckwaffe Handy

Studie von Transparency International: Die korruptesten Länder weltweit
Studie von Transparency International: Die korruptesten Länder weltweit

Der Fall des bestechlichen nigerianischen Polizisten ist ein bekanntes Beispiel dafür, wie Informationstechnik bei der Aufdeckung von Korruption helfen kann. Samuel Kimeu glaubt, dass das erst der Anfang ist. "Das Handy wird einen entscheidenden Teil zum Kampf gegen Korruption in Afrika beitragen", sagt der Geschäftsführer von Transparency International in Kenia. Die Zahl der Handynutzer ist in Afrika im vergangenen Jahrzehnt derart angestiegen, dass in einigen Ländern bereits auf jeden Einwohner durchschnittlich ein Handy kommt. Weil auch die Reichweite des Internets zunimmt, können sich Smartphone-Nutzer einfacher und schneller als je zuvor Informationen beschaffen und mit anderen austauschen.

Bürger wehren sich online

Protest gegen Korruption auf Sao Tome e Principel
Protest gegen Korruption in Sao Tome e PrincipelBild: DW/R. Graca

Vom Erfolg des Mobilfunks in Afrika versuchen auch Anti-Korruptions-Initiativen zu profitieren. In Kamerun etwa können Smartphone-Besitzer seit zwei Jahren die aktuellen Kosten für Dienstleistungen in Behörden über die App "NoBakchich" ("Kein Schmiergeld") abrufen. Die Idee dahinter: Wer informiert ist, wird nicht so schnell Opfer von Korruption. Weil aber nur wenige Afrikaner ein Smartphone besitzen, erreicht man die meisten Plattformen auch über herkömmliche SMS und vom Computer gesendete Online-Nachrichten.

Die Mehrheit der in den vergangenen Jahren entstandenen Initiativen orientiert sich am Modell der erfolgreichen indischen Webseite "I paid a bribe" ("Ich habe Schmiergeld gezahlt"). Hier können Bürger via SMS oder Online-Nachricht Bestechungsfälle melden. Ähnliche Seiten gibt es beispielsweise in Kenia, Nigeria oder Simbabwe. Alle sind in drei Bereiche unterteilt: einer für gezahlte Schmiergelder, einer für verweigerte Zahlungen und ein dritter für Berichte über korrekt handelnde Beamte und Polizisten. Die Organisationen nutzen die Daten vorrangig, um Statistiken zu erstellen. Bei "I paid a bribe" in Kenia sind seit der Gründung 2011 fast 3300 Meldungen eingegangen.

Doch diese populären Internetseiten haben einen Nachteil: Zwar werden so Korruptionsfälle registriert - doch die Behörden greifen nicht auf die zusammengetragenen Informationen zurück. Es gibt keinen systematischen Austausch zwischen den zivilgesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Institutionen. Deshalb führen die Berichte auf den Webseiten nur in Einzelfällen zu einer strafrechtlichen Verfolgung.

"Diese Webseite kenne ich nicht", sagt auch Zipporah Mboroki, Sprecherin der kenianischen Nationalpolizei in der Hauptstadt Nairobi. Die Polizei arbeite mit dem staatlichen Anti-Korruptionsausschuss zusammen und verwende die Hinweise, die auf deren und der offiziellen Polizei-Webseite veröffentlicht würden. Viel zu oft blieben die Beamten jedoch untätig, kritisieren Initiativen wie Transparency International.

Erfolge gegen Korruption in Südafrika

Seit kurzem können Betroffene anonym per SMS Korruptionsvorfälle melden
Seit kurzem können Betroffene anonym per SMS Korruptionsvorfälle meldenBild: picture-alliance/dpa

Die 2007 in Südafrika gegründete Initiative Crimeline hat von vornherein auf eine Partnerschaft mit der Polizei gesetzt, damit die aufgedeckten Korruptionsfälle auch strafrechtlich verfolgt werden. Das Prinzip sei einfach, erklärt die Koordinatorin Marisa Oosthuizen. Crimeline nutze SMS-Technologie, um anonyme Hinweise über Verbrechen zu sammeln und an die Polizei weiterzugeben. Die Methode sei zugleich auch sicher, denn die Handynummern der Zeugen würden automatisch vom System anonymisiert. Anschließend überprüfen die 35 Crimeline-Mitarbeiter die Nachrichten auf ihre Vollständigkeit und geben sie an die Polizei weiter.

Der größte Vorteil ist gleichzeitig der größte Nachteil der Methode: Die Zeugen bleiben anonym und somit geschützt, doch unvollständige Hinweise können nicht berücksichtigt werden, da es keine Möglichkeit für Rückfragen gibt. Und trotzdem ist die Initiative laut Marisa Oosthuizen erfolgreich: 3000 Hinweise werden monatlich eingereicht. Tausende führten seit Gründung der Initiative zu Verhaftungen. 80 Prozent der Südafrikaner halten Crimeline für eine gute Idee,und nur drei Prozent wussten laut einer Umfrage nichts von der Existenz der Seite.

Mittlerweile wurden weitere Anti-Korruptions-Hotlines in Südafrika ins Leben gerufen. Das Land steht im Korruptions-Index von Transparency International auf Platz 72. Das ist weltweit gesehen Mittelmaß, in Afrika dagegen schon fast vorbildhaft. Spitzenreiter, also das am wenigsten als korrupt wahrgenommene Land des Kontinents, ist der Nachbar Botswana - und auch das kommt nur auf Platz 30. Wie stark das mit dem Erfolg von Anti-Korruptions-Initiativen zusammenhängt, ist allerdings unklar.

In Südafrika setzen die Aktivisten weiter auf Soziale Medien. "Sie spielen in unserem Land eine massive Rolle, um Polizeikorruption aufzudecken", sagt Marisa Oosthuizen. Sie empfiehlt, dass Medien, Polizei und Öffentlichkeit weltweit zusammen arbeiten sollten, um etwas im Kampf gegen Korruption zu erreichen. "Kriminelle sind meistens sehr innovativ und wir müssen dafür sorgen, ihnen einen Schritt voraus zu sein."