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Terror oder Aufschwung?

Thomas Mösch, z.Zt. Abuja9. Mai 2014

Die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums zu Afrika in Nigerias Hauptstadt Abuja mussten mehr über Sicherheit und Terror diskutieren, als ihnen lieb war. Die Botschaft vom Zukunftskontinent Afrika trat in den Hintergrund.

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Das World Economic Forum tagt in Abuja, Nigeria (Foto: REUTERS/Afolabi Sotunde)
Bild: Reuters

"Afrika brennt keineswegs." Donald Kaberuka, der Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank, will einen Gegenpol setzen. Denn die Entführung von mehr als 200 Mädchen im Nordosten Nigerias und die weiteren Terroranschläge der Islamisten-Gruppe Boko Haram überschatteten die Debatten des regionalen Weltwirtschaftsforums zu Afrika in Abuja. Kaberuka erinnerte stattdessen an die 1990er Jahre, als in Afrika viel mehr Menschen und Länder von Krieg, Elend und Terror betroffen gewesen seien. "Unsere Präsenz hier in Nigeria ist ein Statement, dass der Terror nicht gewinnen wird."

Zu Beginn des afrikanischen Weltwirtschaftsforums freute sich denn auch der Gründer des Forums, Klaus Schwab, dass trotz der Terrornachrichten rund 1000 Teilnehmer aus Afrika und anderen Kontinenten in die nigerianische Hauptstadt gereist waren. "Es gab nur wenige Absagen", stellte er erleichtert fest, bevor er das Publikum bat, sich für eine Schweigeminute im Gedenken an die Opfer des Terrors zu erheben. Nigerias Präsident Goodluck Jonathan bedankte sich bei den Teilnehmern und wertete ihre Anwesenheit als "moralische Unterstützung im Kampf gegen den Terror".

Reden über den Aufbruch

Doch alle diese Bekundungen konnten nur mühselig verdecken, dass die Organisatoren mit der Veranstaltung ursprünglich andere Zeichen hatten setzen wollen: Afrika als Kontinent der Zukunft. Ein Afrika, das bereit und in der Lage ist, die vielen Herausforderungen, die vor ihm liegen, anzunehmen und abzuarbeiten. Ngozi Okonjo-Iweala, Nigerias emsige und international geachtete Finanzministerin, klang fast beschwörend, als auch sie zuerst Fragen nach der Sicherheit in ihrem Land beantworten musste: "Investoren haben langfristige Perspektiven und lassen sich nicht von akuten Problemen verschrecken."

Die nigerianische Medienberaterin Biola Alabi zeigte sich ebenfalls besorgt darüber, dass das Afrika-Bild in den internationalen Medien immer noch in erster Linie von negativen Nachrichten geprägt werde: "Wir sollten nicht nur über die entführten Mädchen reden, sondern auch über das Afrika im Aufbruch". Dieser Aufbruch habe auch die afrikanischen Medien erfasst, die dafür sorgten, dass "wir die Wahrheit nicht mehr verstecken können". Das gelte nicht nur, wenn es um das Ausmaß des Terrors gehe, sondern auch im Kampf gegen die Korruption. Dazu trügen auch immer mehr Bürger als aktive Internetnutzer ihren Teil bei, betonte Alabi.

Biola Alabi, Medienberaterin aus Nigeria (Foto: DW/T. Mösch)
Biola Alabi: Internetnutzer können Bild von Afrika verbessernBild: DW/ T. Mösch

Chinas Afrika-Forum

Neben den Sorgen um die Sicherheit auf dem Kontinent bildete das Verhältnis Afrikas zu China einen Schwerpunkt auf dem Forum. Schließlich war Chinas Ministerpräsident Li Keqiang als einziger nicht-afrikanische Regierungschef nach Abuja gekommen. Er nutzte die Gelegenheit, um die Afrikaner für ihre positiven Wirtschaftszahlen zu loben, und sagte ihnen Unterstützung zu für eine ganze Reihe ambitionierter Infrastrukturvorhaben. Diese, so Li, seien Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Ein kontinentales Netz von Hochgeschwindigkeitszügen gehöre ebenso dazu wie ein Schnellstraßennetz und leistungsfähige Regionalflughäfen.

Konkret kündigte Chinas Premier an, die Obergrenze für Kredite an Afrika von 20 auf 30 Milliarden US-Dollar zu erhöhen und den chinesischen Entwicklungsfonds für Afrika von drei auf fünf Milliarden Dollar aufzustocken. Er versprach zudem: "China wird seine Unterstützung für Afrika nie an politische Konditionen knüpfen."

Nigeria Goodluck Jonathan empfängt Li Keqiang (Foto: AFP/Getty)
Nigerias Präsident Goodluck Jonathan begrüßt Chinas Premier Li Keqiangs auf dessen ersten Afrika-ReiseBild: AFP/Getty Images

Fragen danach, ob sich Afrika in seiner Beziehung zu China möglicherweise in neue Abhängigkeiten begebe, stießen bei vielen afrikanischen Teilnehmern der Konferenz auf Unverständnis. Nigerias Finanzministerin Okonjo-Iweala gab sich selbstbewusst: "Natürlich haben die Chinesen ihre eigenen Interessen, aber Afrika ist inzwischen erwachsen geworden." Sie verwies auf Gesetze in vielen Ländern, die ausländischen Unternehmen vorschreiben, ein Mindestmaß an einheimischem Personal zu beschäftigen. Daran könnten auch die Chinesen nicht mehr vorbei. "Die Chinesen wollen eindeutig eine Langzeitbeziehung mit uns, und nicht nur die Rohstoffe heraus schaffen", ist Okonjo-Iweala überzeugt.

Aufschwung ohne Beschäftigung

Große Sorge bereitete auf dem Weltwirtschaftsforum die Tatsache, dass die hohen Wachstumsraten in Afrika bisher nicht zu nennenswert mehr Arbeitsplätzen führen. Einer, der dies ändern will, ist der nigerianische Unternehmer Aliko Dangote, der als der reichste Mann Afrikas gilt. Er wies die Kritik zurück, dass in vielen Ländern Afrikas immer noch ein zu schlechtes Investitionsklima herrsche: "Das Umfeld ist in Ordnung, wir müssen nur aktiv werden." Neben seinem ersten Schwerpunkt, der Zementproduktion, will Dangote nun vermehrt auf den Aufbau einer Nahrungsmittelindustrie setze: "Wir wollen in Nigeria 180.000 Arbeitsplätze schaffen." Dies sei das beste Rezept gegen den Terror. Und er kritisierte den immensen Kapitalabfluss aus Afrika: "Afrikaner müssen in Afrika investieren, auch um Vertrauen zu schaffen, damit Ausländer hier investieren", so Dangote.

Der nigerianische Unternehmer Aliko Dangote auf dem Podium des Weltwirtschaftsforums in Abuja (Foto: DW/T. Mösch)
Der nigerianische Geschäftsmann Aliko Dangote (m.) fordert andere Unternehmer auf, in Afrika aktiv zu werdenBild: Pius Utomi Ekpei/AFP/Getty Images

Der amerikanische Investitionsmanager Bob Diamond sprang dem Unternehmer zur Seite. Es gehe es längst nicht mehr darum, lediglich mehr Investitionen von außen nach Afrika zu locken, sagte Diamond. Vielmehr müsse sich der afrikanische Bankensektor selbst mehr für kleinere und mittlere Unternehmen öffnen, um das Geld näher an die Märkte zu bringen.