AKK ist neue Generalsekretärin der CDU
26. Februar 2018
- Auf ihrem Bundesparteitag in Berlin haben die Christdemokraten den mit CSU und SPD ausgehandelten Vertrag über eine Neuauflage der großen Koalition beschlossen.
- Zum Auftakt des Parteitags hat CDU-Chefin Angela Merkel für den Koalitionsvertrag geworben.
- Die Kanzlerin räumte ein, dass das Ergebnis der Bundestagswahl nicht den eigenen Ansprüchen genüge, auch wenn die CDU stärkste Partei geworden sei.
- Die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer wurde zur neuen Generalsekretärin gewählt.
Die bisherige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, in der Partei kurz AKK genannt, wurde mit einem Rekordergebnis von mehr als 98 Prozent gewählt. Sie bekam auf dem Parteitag 785 von 794 gültigen Stimmen. Die 55-Jährige hatte keine Gegenkandidaten. Kramp-Karrenbauer rief die CDU in ihrer Bewerbungsrede zur inhaltlichen Erneuerung auf. Die Partei müsse die Diskussion mit den Bürgern suchen und eine politische Idee entwickeln. AKK kündigte bereits vor dem Berliner Parteitag an, sie wolle eine breit angelegte Programmdebatte anstoßen. Den Startschuss soll der Parteitag mit einem Antrag geben, der eine Erneuerung des CDU-Leitbilds der sozialen Marktwirtschaft ankündigt. Der Erneuerungsprozess soll in ein neues CDU-Grundsatzprogramm münden - das bisherige stammt von 2007.
Klare Mehrheit für Fortsetzung der großen Koalition
Bei der Abstimmung auf dem Sonderparteitag in Berlin über den Koalitionsvertrag stimmten von den rund 1000 Delegierten nur 27 gegen das Vertragswerk, auf das sich CDU, CSU und SPD vor drei Wochen geeinigt hatten. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor für die Fortsetzung der großen Koalition geworben. Der Parteitag habe einen "klaren Auftrag", sagte Merkel zum Auftakt des Delegiertentreffens. Die CDU wolle ihren Beitrag zur Bildung einer "stabilen, handlungsfähigen Bundesregierung" leisten.
Die Erwartungshaltung der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland, aber auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus sei klar, betonte Merkel. Der Parteitag sei zudem gefordert, wichtige Weichen für die Entwicklung der Partei zu stellen. Es gehe um eine programmatische wie personelle Erneuerung. So sollten erste Schritte zu einer inhaltlichen "Selbstvergewisserung und Erneuerung" der CDU unternommen werden.
"Klarer Regierungsauftrag"
Merkel räumte vor den Delegierten ein, dass die Bundestagswahl 2017 für die CDU ein "vielschichtiges Ergebnis" gebracht habe, das nicht "unseren Ansprüchen" entsprochen habe. Trotz der Stimmenverluste sei die CDU aber wieder "stärkste Kraft" geworden und habe einen "klaren Regierungsauftrag" erhalten. "Wir wollen es wieder besser machen und Vertrauen zurückgewinnen", betonte die Parteivorsitzende.
In den "harten" Verhandlungen mit der SPD habe die CDU zwar Kompromisse eingehen müssen, aber auch "viel durchgesetzt", unterstrich die Kanzlerin. Der Koalitionsvertrag stehe für einen "neuen Aufbruch zu Europa" und eine "neue Dynamik für Deutschland". Mit Blick auf den Vertrag hob die Kanzlerin hervor, dass Familien gestärkt und die Ausgaben für Bildung und Forschung erhöht werden sollen. Merkel verwies zudem auf soziale Verbesserungen wie bei der Pflege oder der Erwerbsminderungsrente. "Wir setzen einen deutlichen Schwerpunkt auf die Pflege und Gesundheit", sagte sie. Der "Irrweg" einer von der SPD geforderten Bürgerversicherung sei verhindert worden.
"Den Antisemiten die Stirn bieten"
Die Kanzlerin kündigte einen harten Kurs in der Inneren Sicherheit an. "Sicherheit ist nicht verhandelbar", sagte sie. Zusammenhalt gebe es nur mit gemeinsamen Regeln, mahnte sie. Sicherheit gehöre zu den Kernaufgaben des starken Staates. "Null Toleranz ist unser Motto." Merkel sagte zugleich Populismus und Antisemitismus den Kampf an. "Diejenigen, die mit platten und hasserfüllten Parolen durch unser Land ziehen, werden auf unseren entschlossenen Widerstand treffen", versicherte sie. "Antisemitismus hat in Deutschland nichts zu suchen." Merkel fügte hinzu: "Es macht für mich keinen Unterschied, ob antisemitische Hetze von muslimischen Einwanderern kommt, ob aus der AfD oder von Linksaußen."
In ihrer Rede würdigte die CDU-Chefin auch den Erfolg der designierten Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Landtagswahl im Saarland zum Start ins Wahljahr 2017. "Das war ein echter Knaller, ein Knaller mit Signalwirkung", sagte Merkel unter großem Beifall der Delegierten zum unerwarteten damaligen Sieg der saarländischen Regierungschefin. Kramp-Karrenbauer habe sich vom Hype um den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten und Parteichef Martin Schulz nicht beirren lassen und erfolgreich gekämpft "gegen die rot-rot-grünen Blütenträume".
Merkel geht auf Kritiker zu
Die geschäftsführende Bundeskanzlerin war vor dem Parteitag ihren Kritikern entgegengekommen und hatte die Riege der CDU-Minister für ein neues Kabinett deutlich verjüngt. Sie hatte am Sonntag die CDU-Mitglieder ihres künftigen Kabinetts für eine neue große Koalition vorgestellt. Ob diese zustande kommen wird, hängt von der SPD ab, die dazu gerade einen Mitgliederentscheid durchführt. Das Ergebnis soll am kommenden Sonntag feststehen. Das Ja der SPD ist Voraussetzung für das Zustandekommen einer erneuten großen Koalition in Berlin.
Merkel bezeichnete die Kandidaten als "tatkräftiges" und auf die "Zukunft ausgerichtetes Team". Das Personaltableau sei in die Zukunft gerichtet und eine "gute Mischung" aus Erfahrung und neuen Gesichtern, sagte die CDU-Chefin. Sie sieht in der Liste eine "Neuaufstellung" der Regierungsmannschaft. Sie betonte, dass sie die einzige unter den designierten CDU-Kabinettsmitgliedern sei, die älter als 60 Jahre alt sei. Merkel hob zudem hervor, dass sie als Ostdeutsche die neuen Länder im Kabinett vertrete.
"Schmerzhafte" Entscheidungen
Bei der Aufstellung des Personaltableaus habe sie auch "schmerzhafte" Entscheidungen treffen müssen, fügte die Kanzlerin mit Blick auf den bisherigen Gesundheitsminister Hermann Gröhe hinzu. Nachdem der bisherige Innenminister Thomas de Maizière durch den Verlust seines Ministeriums an die CSU einem künftigen Kabinett Merkels nicht mehr angehört, ging nun auch der Merkel-Vertraute Gröhe leer aus. Seinen Posten soll der bisherige 37-jährige Finanzstaatssekretär Jens Spahn besetzen. Interessant wird sein, ob sich der bisherige Merkel-Kritiker in die Kabinettsdisziplin einbinden lassen wird.
Als neue Bildungsministerin will Merkel die wenig bekannte nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Anja Karliczek. Die 46-jährige Diplom-Kauffrau und Finanzpolitikerin ist seit Anfang 2017 parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion im Bundestag. Der 45-jährige Merkel-Vertraute und bisherige Staatsminister im Kanzleramt, Helge Braun, soll Kanzleramtschef werden, die gleichaltrige rheinland-pfälzische Parteichefin Julia Klöckner das Agrarressort übernehmen. Die zuletzt heftig kritisierte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (59) soll im Amt bleiben. Der bisherige Kanzleramtschef Peter Altmaier (59) wird Wirtschaftsminister. Monika Grütters bleibt Kulturstaatsministerin, die bisherige Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz wird Staatsministerin für Integration.
Positive Resonanz auf Personaltableau
Die Personalentscheidungen der Kanzlerin stießen auch bei internen Kritikern auf Zustimmung. "Die Debatten der letzten Wochen zeigen erste Erfolge", sagte der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann. "Es ist gelungen, ein überzeugendes Team aus erfahrenen Köpfen und neuen Impulsgebern zu präsentieren und damit zugleich die Breite der Volkspartei CDU darzustellen." Linnemann rief zugleich dazu auf, jetzt nicht stehen zu bleiben. Es werde "auch darauf ankommen, inhaltlich neue Akzente zu setzen und klares Profil zu zeigen, damit die Union wieder erkennbar wird und sich in einer großen Koalition gut behaupten kann".
Thüringens CDU-Vorsitzender Mike Mohring bescheinigte der Kanzlerin, sie sei "einen großen Schritt auf die Partei zugekommen" und setze "gewichtige Zeichen der Erneuerung". Mit dem Personaltableau würden die unterschiedlichen Positionen in der Partei auch durch unterschiedliche Köpfe repräsentiert. "Das war die Erwartung der Parteibasis und diese wurde erfüllt." Auch der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther sieht alle seine personellen Vorstellungen erfüllt. "Das ist das starke Paket, das ich mir immer gewünscht habe", sagte der CDU-Politiker. Günther begrüßte, dass mehr als die Hälfte der Kabinettsposten an Frauen gehen sollen. Zudem gebe es viele neue Gesichter, die für ein klares Aufbruchsignal sorgten.
kle/sti (dpa, afp, rtr, Phoenix)