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Aktionäre der Deutschen Bank sind sauer

Henrik Böhme18. Mai 2016

Hauptversammlungen galten lange Zeit als reine Abwink-Rituale. Doch das hat sich geändert. Zum Beispiel bei der Deutschen Bank, wo es neuen Ärger gibt. Auch in diesem Jahr dürfte es hoch hergehen.

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Deutschland Deutschen Bank Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Wer gedacht hatte, es könnte an diesem Donnerstag (19.05.2016) beim Aktionärstreffen der Deutschen Bank in der altehrwürdigen Frankfurt Festhalle etwas entspannter zugehen, dürfte sich getäuscht haben. Das Rezept dafür, die Spannung hoch zu halten: Lasse einer guten Nachricht sogleich eine schlechte folgen. Das beherrscht man bei Deutschlands nach wie vor größtem Geldhaus nahezu perfekt.

Vorne aufbauen, hinten einreißen

Nach einem verheerenden Geschäftsjahr 2015 mit einem Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro hatten Analysten für das erste Quartal mit weiteren schlechten Nachrichten gerechnet - doch siehe da: Die Bank meldet einen, wenn auch für ihre Verhältnisse, bescheidenen Gewinn von 236 Millionen Euro nach Steuern. Prompt, am selben Tag, lässt die Bank dieser guten Nachricht eine schlechte folgen: Den Rücktritt von Aufsichtsrats-Mitglied Georg F. Thoma, dort zuständig für die Aufklärung der alten Skandale, die der Bank nach wie vor wie Mühlsteine anhängen. Ein zu viel an Aufklärungseifer sei ihm zum Verhängnis geworden, berichten Insider.

Paul Achleitner Porträt München
Paul Achleitner, Chef des Aufsichtsrates der Deutschen BankBild: picture-alliance/dpa/B.Roessler

Das Problem dabei: Thoma war gut befreundet mit Paul Achleitner. Der ist der Chef des Kontrollgremiums und hatte Thoma, einen hoch angesehenen Wirtschaftsanwalt, persönlich in das Gremium geholt. Dem sowieso schon angekratzten Image von Paul Achleitner dürfte das weiteren Schaden zugefügt haben. Er wird sich auf der Hauptversammlung einiges an Kritik anhören müssen.

Kommt die nächste Sonderprüfung?

Zumal ihm auf dem Treffen weiterer Ärger droht: Eine Aktionärin fordert eine weitere sogenannte Sonderprüfung, dabei geht es um die Frage von Schadensersatzforderungen gegen den Vorstand und den Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Milliardenstrafe für Zinsmanipulationen. Fiel diese höher aus als nötig, weil die Bank nur mangelhaft mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hat? Das Worst-Case-Szenario für Achleitner: Stimmen die Aktionäre dem Antrag zu, könnte er wegen Befangenheit von der Leitung der Hauptversammlung entbunden werden.

Kritik an Cryan?

Aber nicht nur Paul Achleitner wird sich eine Menge kritischer Fragen anhören müssen, auch Vorstandschef John Cryan. Seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr hat sich der sowieso schon dahin dümpelnde Aktienkurs noch einmal halbiert. Cryan hat sich zwar mit großem Eifer daran gemacht, die Bank von Altlasten (finanzielle wie personelle) zu befreien. Aber ein wirklich überzeugendes Konzept ist der Brite bislang schuldig geblieben.

Frankfurt PK Deutsche Bank John Cryan
Deutsche Bank-Chef John CryanBild: Getty Images/T. Lohnes

Im Februar musste er gar den Feuerwehrmann spielen, als an den Finanzmärkten plötzlich die Sorge laut wurde, die Bank könne ihre Schulden und bestimmte Anleihen nicht mehr bedienen. Sogar der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble fühlte sich seinerzeit genötigt, der Bank verbal den Rücken zu stärken. Erst mit der Ankündigung, Anleihen im Wert von knapp fünf Milliarden Euro zurückzukaufen, konnte die Bank die Märkte vorerst beruhigen.

Kommt das nächste Drama?

Dennoch wird die dünne Kapitaldecke der Bank ebenfalls ein Thema auf dem Aktionärstreffen sein. Denn von den 22 Milliarden Euro, die in den letzten fünf Jahren durch Kapitalerhöhungen eingesammelt wurden, ging das meiste dafür drauf, Rechtsstreitigkeiten zu begleichen und die Anforderungen der Regulierer nach einer höhen Eigenkapitalquote zu erfüllen. Doch mit derzeit 10,7 Prozent liegt man noch immer deutlich unter den Forderungen.

Das ganz große Drama - so sieht es derzeit aus - wird in der Frankfurter Festhalle aber ausbleiben. Im vergangenen Jahr wurde die Doppelspitze der Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen nur mit historisch niedrigen 60 Prozent Zustimmung entlastet. Zwei Wochen später wurde Jain geschasst. Jürgen Fitschen durfte noch bleiben, er wird seinen Posten als Co-Chef nach der Hauptversammlung abgeben; John Cryan wird dann alleiniger Chef der Bank sein.

Eine Nicht-Entlastung von Aufsichtsratschef Achleitner kann sich derzeit kaum jemand vorstellen. Denn das würde eine neue Führungskrise in der ohnehin angeschlagenen Bank auslösen. Aber das es deswegen eine langweilige Veranstaltung werden wird, das kann man getrost ausschließen.