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Politik

Attentat auf Kopten war Selbstmordanschlag

12. Dezember 2016

Für den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi steht nach ersten Ermittlungen fest: Der Anschlag auf eine koptische Kirche in Kairo war die Tat eines Selbstmordattentäters. Die Polizei nahm vier Verdächtige fest.

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Ägypten Beerdigung & Trauerfeier nach Anschlag auf koptische Christen in Kairo
Trauernde nehmen Abschied von den Todesopfern des Anschlags auf die Koptenkirche in KairoBild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Die Bluttat sei von einem 22-Jährigen mit einem Sprengstoffgürtel ausgeführt worden, sagte Präsident Abdel Fattah al-Sisi al-Sisi während der Beerdigung der Opfer in der ägyptischen Hauptstadt. Vier Verdächtige seien inhaftiert worden und würden verhört.

Die Bombe aus rund zwölf Kilogramm TNT war am Sonntag in der kleinen koptischen Kirche Sankt Peter und Paul explodiert. Diese grenzt an die Sankt-Markus-Kathedrale, Sitz des koptischen Patriarchen Tawadros II., an. Durch die Explosion waren mindestens 23 Menschen getötet worden, wie das ägyptische Gesundheitsministerium am Montag mitteilte. Es korrigierte damit die letzte Zahl von 25 Todesopfern. Etwa 50 Menschen wurden verletzt. Die meisten Opfer waren Frauen. Bisher hat sich niemand zu dem Sprengstoffanschlag bekannt. Präsident al-Sisi rief eine dreitägige Staatstrauer aus.

Ägypten Beerdigung & Trauerfeier nach Anschlag auf koptische Christen in Kairo
Die Trauergemeinde hat sich in einer koptischen Kirche in Kairo um die Särge der Opfer versammelt Bild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Trauerfeier für die Opfer

Die koptische Gemeinde trug inzwischen die Todesopfer im Stadtteil Abbassija zu Grabe. Hunderte Gläubige nahmen an der Trauerfeier in der Kirche der Heiligen Jungfrau Maria teil, in der die Särge der Opfer aufgebahrt waren. Patriarch Tawadros II. bezeichnete das Attentat als "Schlag in das Herz Ägyptens".  "Wir sind sehr betrübt" über den Tod der Mitgläubigen, sagte das Oberhaupt der koptischen Christen mit Tränen in den Augen.

Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen etwa zehn Prozent der 90 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Die Minderheit sieht sich immer wieder gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Dschihadistengruppen werfen den Kopten in Ägypten vor, den Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi Mitte 2013 unterstützt zu haben. Der Anschlag in Kairo war der folgenschwerste Angriff auf Kopten seit der Neujahrsnacht 2011. Damals waren bei einem Bombenanschlag auf eine Kirche in der Küstenstadt Alexandria 21 Menschen getötet worden.

Weltweites Entsetzen

Nach dem blutigen Anschlag haben Religionsvertreter weltweit die Tat verurteilt. Papst Franziskus telefonierte am Montag mit Patriarch Tawadros II. und bekundete seine Verbundenheit mit den Opfern des Attentats. Die koptisch-orthodoxe und die katholische Kirche seien "geeint im Blut" ihrer Märtyrer, sagte Franziskus. Der Papst versicherte demnach weiter, in einer Messe am Montagabend für die koptische Gemeinschaft zu beten.

Auch der Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, verurteilte die Tat und sprach den Christen des Landes seine Solidarität aus. Angriffe auf Gotteshäuser und die Tötung Unschuldiger seien "Verbrechen, die islamische Grundsätze verletzen", sagte der wichtigste Vertreter der Sunniten in Ägypten.

Der Weltkirchenrat forderte einen besseren staatlichen Schutz für religiöse Minderheiten im Nahen Osten. Das Massaker zeige, wie stark Christen in Ägypten und im ganzen Nahen Osten bedroht seien, erklärte der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit, in Genf. Er verwies auf weitere Aggressionen und Anschläge, die sich in der Vergangenheit gegen Kopten in Ägypten gerichtet hatten.

Der Jüdische Weltkongress (WJC) verurteilte die Tat als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Der Angriff auf betende Christen in Kairo sei ein Anschlag "auf uns alle", betonte der WJC-Präsident Ronald Lauder. Von einem "schrecklichen Anschlag auf eine Kirche in Kairo" sprach die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag in Brüssel. Die Solidarität Europas gehe "an unsere ägyptischen Freunde".

Merkel: "feiges Verbrechen"

Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Anschlag als "feiges Verbrechen". Es sei ein Versuch gewesen, das friedliche Zusammenleben der Religionen in Ägypten zu stören und Zwietracht, Hass und Feindschaft in der ägyptischen Gesellschaft zu säen, erklärte eine Regierungssprecherin. Man vertraue darauf, dass sich die Bevölkerung nicht auseinanderdividieren lasse.

Eine entschiedene Reaktion der ägyptischen Regierung forderte der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian. "Wir erhalten zwar viele Worte der Anteilnahme", sagte Damian. "Wir erwarten aber, dass die Regierung alles dafür tut, dass der Anschlag aufgeklärt wird und die Täter bestraft werden." Dazu sei bislang nichts von der Regierung zu hören gewesen.

kle/uh (afp, dpa, rtr, epd, kna)