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Transatlantischer Lauschangriff

Marcel Fürstenau25. September 2014

Der BND unterhält in Bad Aibling eine Abhörstation, die einst von den USA betrieben wurde. Der US-Geheimdienst NSA hat noch heute seine Finger im Spiel. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss ist alarmiert.

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Antennen, die an gigantische Fußbälle erinnern. Die Abhör-Station Bad Aibling.
Bild: picture-alliance/dpa

Seit fünf Monaten bemüht sich der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages um Aufklärung über Art und Umfang der weltweiten Abhöraktionen des US-Geheimdienstes. Die vom Whistleblower Edward Snowden ins Rollen gebrachte Affäre brachte auch die deutsche Politik und insbesondere den Auslandsnachrichtendienst BND in Erklärungsnot. Vor allem Abgeordnete der oppositionellen Linken und Grünen bezweifeln, dass sich deutsche wie amerikanische Spione immer auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Aber auch in den Reihen der Regierungsfraktionen SPD und CDU/CSU gibt es leise Zweifel.

Vor diesem Hintergrund ist der am Donnerstag geladene Zeuge für die Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses von besonderem Interesse. Über brisante Details will er die Abgeordneten - wenn überhaupt - nur hinter verschlossenen Türen informieren. Das, was der Leiter des BND-Horchpostens Bad Aibling in öffentlicher Sitzung sagt, ist sehr allgemein. Dass er ja nichts "Falsches" sagt, dafür soll im Zweifelsfall ein Rechtsanwalt sorgen, der neben dem studierten Elektrotechniker Platz sitzt.

"Mein Name ist R.U."

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CSU), bittet den Zeugen zu Beginn pflichtgemäß, sich vorzustellen. "Mein Name ist R.U.", beginnt der Geheimnisträger seine vom Blatt abgelesene Erklärung. Die ungewöhnliche Vorstellung sorgt für Erheiterung auf der gut besetzten Zuschauertribüne im Europa-Saal des Paul Löbe-Hauses im Berliner Regierungsviertel. Seit 1996 sei er beim Bundesnachrichtendienst, vor vier Jahren habe er die Leitung der "Satellitenerfassungsstelle" Bad Aibling übernommen, fährt R.U. fort. Die wichtigste Aufgabe sei der Schutz deutscher und ausländischer Soldaten. Deshalb gebe es eine "enge Abstimmung" mit der Bundeswehr.

Blick von der Zuschauertribüne in den kreisrunden Sitzungssaal des NSA-Untersuchungsausschusses.
Viele Abgeordnete, viele Fragen, wenige aus Sicht der Fraktionen befriedigende AnwortenBild: picture-alliance/dpa

Nachdem die Amerikaner den Horchposten offiziell verlassen hatten, wurde laut R.U. eine Vereinbarung mit der NSA getroffen. Im Kern geht es demnach um die gemeinsame Erfassung des internationalen Telekommunikationsverkehrs. Ein "großer Teil" der technischen Komponenten stamme aus den USA. Die fachliche Leitung liege jedoch beim BND. Man lege "strenge Maßstäbe" an, wenn es um die Einhaltung der Grundrechte gehe, betont R.U.

Martina Renner, Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss, ist vom Gegenteil überzeugt: "Wir glauben, dass es in Bad Aibling zu massiven Rechtsverstößen gekommen ist", sagte sie vor der Befragung des Zeugen des Chefs der betreffenden Anlage mit ihren 13 gigantischen Antennen.

Linke und Grüne kündigen Verfassungsklage an

Renners Zweifel, die auch von den Grünen gehegt werden, speisen sich aus dem Verhalten der Bundesregierung. Die blockiert aus Sicht der Oppositionsfraktionen seit Monaten die Aufklärung, in dem sie Akten zu großen Teilen schwärzt oder die Herausgabe ganz verweigert. Der Frust ist inzwischen so groß, dass Linke und Grüne am Freitag in Berlin eine Verfassungsklage präsentieren wollen. Unter dem Eindruck der Aussagen des Horchposten-Leiters R.U. dürften sich die Fraktionen bestätigt fühlen. Auch die Frage nach den Ländern, mit denen in Bad Aibling außer mit den USA kooperiert werde, lässt der Zeuge unbeantwortet.

So erfährt die Öffentlichkeit lediglich banale Dinge, etwa dass von Bad Aibling aus die weltweite Kommunikation über Satelliten "mit großen Antennen" überwacht werden könne. Aufgrund der Datenmenge könne aber nur ein "kleiner Anteil" beobachtet werden. "Von Massenerfassung kann hier nicht geredet werden", behauptet R.U. Ein großes Problem seien die vielen verschiedenen Sprachen, die abgehört würden. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit "anderen Ländern" wichtig. Welche das sind, darüber schweigt der Zeuge.

Spionage zum Wohle von Soldaten und Entführten

Besonderen Wert legt R.U. auf die Erfolgsbilanz seiner Arbeit, bei der er seinen Angaben zufolge von 120 Mitarbeitern unterstützt wird. Zahlen oder konkrete Beispiele nennt er erwartungsgemäß keine. Nur so viel: Mehrere Anschläge auf Soldaten der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF) seien durch die Datenerfassung in Bad Aibling verhindert worden. Das sei ihm "immer wieder bestätigt worden". Von wem, bleibt offen. Dann sagt der Zeuge noch etwas über das im Zuge der NSA-Affäre bekannt gewordene Programm "Xkeyscore". Das helfe im "Kampf gegen den Terrorismus" und zur "Rettung von Entführten", betont der ansonsten wortkarge Chef des Horchpostens im oberbayrischen Bad Aibling.