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Politik

Alexa, sag's weiter!

13. Juni 2019

Können Siri und Alexa bei der Verbrechensaufklärung helfen? Die Innenminister von Union und SPD wollen Aufzeichnungen der Sprachassistenten als Beweismittel vor Gericht zulassen. Doch Datenschützer warnen vor Missbrauch.

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Lautsprecher Amazon Echo Alexa Voice Service
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Die Geräte schauen nach dem Wetterbericht, spielen auf Wunsch die Lieblingsmusik und erinnern auch an Termine - und das alles auf Zuruf. Sie heißen Alexa oder Siri und sie sind der Traum jeder totalitären Regierung und der Alptraum von Datenschützern: Menschen liefern mit ihren mit dem Internet verbundenen Sprachassistenten und "smarten" Kühlschränken, Fernsehern oder Alarmanlagen jeden Tag wertvolle Daten über ihr Privatleben. Wer Zugriff auf sie hat und gründlich auswertet, weiß so gut wie alles über das Leben der Nutzer: ihre Gewohnheiten, Vorlieben, Meinungen, ihre Kontakte - und über mögliche Straftaten. Das betonen zumindest die Innenminister, die darin auch eine Chance sehen.

Die Strafverfolgungsbehörden müssen laut den Unterlagen der Innenminister in der Lage sein, "digitale Spuren zu erkennen, zu sichern und auszuwerten", um Verbrechen zu verhindern oder aufzuklären. Dabei gehe es auch um einen Zugriff auf die Daten von Smart-Home-Geräten, hatte kürzlich ein Sprecher des Bundesinnenministeriums zugegeben.

In den USA verbreitet

Die Opposition und Datenschützer haben große Bedenken. Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, spricht von einem möglichen "maßlosen Eingriff in die Privatsphäre des einzelnen", sollte der Staat neue Überwachungsbefugnisse bekommen. "Das Internet der Dinge mit seinen Sensoren und Mikrophonen würde zu einer Welt von potenziellen Wanzen werden." Und Ulrich Kelber (SPD), der Bundesbeauftragte für Datenschutz, warnt: "Das Gefühl der Unbeobachtetheit, die auch einen demokratischen Staat ausmacht, ist weg." Er bezweifelt auch, dass weitere Zugriffsrechte den Behörden wirklich durchgreifend helfen würden.

Smart Home
Licht im Smart Home: Die Eingriffsmöglichkeiten sind großBild: picture-alliance/dpa/K. Remmers

Markus Beckendahl, Chefredakteur der Nachrichten-Webseite netzpolitik.org, befürchtet, das Vertrauen der Bürger in die neuen Technologien werde erschüttert. Man kaufe sich damit Geräte "mit eingebautem Mikrophon, die auch als Wanzen umgebaut werden können und bei denen man nie genau weiß, ob nicht jemand anderes zuhört". In den USA sei dieses Aushorchen schon viel weiter verbreitet. Dort griffen Sicherheitsbehörden "sehr gerne und häufig" auf diese Geräte beziehungsweise die Speicherung der Daten zu.

Lauschangriff per Fernschaltung

Die eigene Wohnung der Bürger ist eigentlich eine Tabuzone für den Staat. Das hat auch Bundesinnenminister Horst Seehofer noch einmal betont und versprochen, der besondere Schutz des privaten Lebensumfelds gelte selbstverständlich jetzt und in Zukunft. Aber schon heute gilt auch: Hat der Staat den begründeten Verdacht auf eine Straftat, darf er in engen, juristisch festgelegten Grenzen und nach richterlichem Beschluss schon heute Wohnungen aushorchen. Die Möglichkeiten würden allerdings bei den Sprachassistenten deutlich wachsen.

Was und wie die Geräte im Internet speichern, ist je nach Hersteller unterschiedlich. Siri von Apple versucht, seine Aufgabe möglichst ohne Zugriff auf die Cloud lokal zu erfüllen, und wenn das Programm die Cloud braucht, dann laut Hersteller so, dass sich keine Rückschlüsse auf den Nutzer ziehen lassen. Beim Sprachassistenten "Alexa" von Amazon werden die Daten in der Cloud gespeichert, wenn man das Aktivierungswort "Alexa" nennt. Ein Lauschangriff könnte nach den Worten von Markus Beckedahl so aussehen: "per Fernschaltung die Sprachaufzeichnung immer laufen zu lassen".

Der Staat soll schützen

Doch welche Rolle spielen eigentlich die Konzerne? Denn wer sich einen Sprachassistenten und andere "smarte" Haushaltsgeräte zulegt, liefert seine Daten zunächst einmal an die Entwickler und Hersteller der Geräte, an Konzerne, die meist im Ausland, vor allem in den USA ansässig sind und die anderer Gesetzgebung unterliegen. Ihnen muss er vertrauen. Philipp Welte, Vizepräsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, glaubt: "Die wirklich massive Gefahr für die Freiheit in unserer Demokratie geht aus von der komplett unregulierten Datenerfassung US-amerikanischer Technologie-Plattformen in unseren Haushalten und damit in den intimen Privatsphären der Menschen."

Symbolbild | Geheimdienst
Der Lauschangriff alter Schule wird überflüssig, wenn auf die Aufzeichnungen von "Alexa" zugegriffen wird Bild: picture-alliance/dpa/ZB

Markus Beckedahl wünscht sich einen starken Staat in seiner Kontrollfunktion den Konzernen gegenüber und einen sehr zurückhaltenden Staat, wenn es um Überwachung geht: "Ich hätte gerne Datenschutzbehörden, die Amazon, Google & Co genau auf die Finger schauen und auch schauen, was auf den Servern gespeichert wird. Ich hätte aber ungern Sicherheitsbehörden, die zum Beispiel bei mir als Journalist solche Technologien nutzen würden, um mich in meinen Gesprächen mit meinen Quellen zu überwachen."

Beckedahl gibt zu, die Assistenten erleichterten das Leben vieler Menschen. Bei sich zuhause will er sie aber vorläufig nicht haben: "Ich stelle mir keines dieser Geräte in die Privatsphäre, weil ich ihnen nicht vertrauen kann. Solange es keine datenschutzfreundlichen, dezentralen Alternativen gibt, verzichte ich lieber auf Sprachsteuerung und fühle mich damit in meiner Privatsphäre gesicherter."

 

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik