Als die "Admiral Graf Spee" sich selbst versenkte
3. Dezember 2013Der Stolz der deutschen Kriegsmarine schlich sich aus dem heimatlichen Hafen. Am 21. August 1939 stach das Panzerschiff "Admiral Graf Spee" von Wilhelmshaven aus in See – mit Kurs auf den Südatlantik. Höchste Geheimhaltung war allen Beteiligten befohlen, die "Graf Spee" fuhr in voller Kampfbereitschaft. Tagsüber hielt die Besatzung aufmerksam nach Schiffen und Flugzeugen Ausschau, nachts tarnte es sich mit seiner Beleuchtung als harmloser Frachtdampfer. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine hatte der "Graf Spee" und ihrer über tausendköpfigen Mannschaft unter dem Kommandanten Hans Langsdorff eine heikle Mission anvertraut: Sie sollte im Atlantik auf Lauerstellung gehen.
Auf Kaperfahrt im Zweiten Weltkrieg
In Europa standen die Zeichen auf Krieg. Zunächst hatte sich das Deutsche Reich Österreich einverleibt, dann das tschechische Sudetenland und schließlich das ganze sogenannte "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren" annektiert. Nun bedrängte Hitler aggressiv als nächstes Polen. Die deutsche Kriegsmarine entsandte die "Graf Spee" vor Kriegsausbruch auf See, bevor die überlegene britische Royal Navy das Schiff aufhalten konnte.
Die "Graf Spee" war eines der modernsten Kriegsschiffe der Zeit, nicht zuletzt aufgrund einer fortschrittlichen Radaranlage. 1934 lief das Panzerschiff vom Stapel und wurde auf einen schicksalhaften Namen getauft: Admiral Graf Spee. 1914 hatte sich Maximilian Graf von Spee mit einem deutschen Flottenverband bei den Falklandinseln eine Schlacht mit der weit überlegenen Royal Navy geliefert – "tapfer", aber vor allem sinnlos. Graf Spee, seine beiden Söhne und über 2000 Matrosen kamen in der Schlacht um.
Krieg im Südatlantik
Aus der Ferne verfolgten Kapitän Langsdorff und seine Mannschaft auf dem nach Graf Spee benannten Schiff per Funk die Nachrichten aus Europa. Am 1. September 1939 wurde es gewiss, Deutschland hatte Polen überfallen. Drei Tage später erklärten Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg. Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen. Am 26. September erhielt die "Graf Spee" nun ihren Einsatzbefehl: "Die Panzerschiffe haben durch Vorstöße in die Operationsgebiete den Handelskrieg aufzunehmen". Sprich, die "Graf Spee" sollte feindliche Handelsschiffe aufbringen. Was Kapitän Langsdorff auch überaus erfolgreich tat, neun britische Schiffe ließ er entern.
Doch am 13. Dezember verließ die "Graf Spee" das Glück. Sie befand sich vor der Küste Uruguays in Südamerika, nicht weit von der Mündung des Rio de la Plata. Doch diesmal war es kein wehrloses Handelsschiff, das sich der "Graf Spee" näherte, sondern drei britische Kriegsschiffe. Bald feuerten Geschütze, Granaten schlugen ein und Männer schrien. "Blutspuren zeigen überall den Weg der Verwundeten. Es riecht nach Brand, Blut und Eisen", schrieb ein Offizier der "Graf Spee" in sein Tagebuch. Schließlich zog sich das deutsche Kriegsschiff nach stundenlangem Kampf in den Rio de la Plata zurück und ankerte im Hafen von Uruguays Hauptstadt Montevideo.
Selbstversenkung
Für heute ist der Krieg für uns aus", ließ Kapitän Langsdorff die Mannschaft wissen. Die Augen der Weltöffentlichkeit richteten sich mittlerweile auf Montevideo und das Drama, das sich dort ereignete: Die schwer beschädigte deutsche "Graf Spee" lag in den Gewässern des neutralen Uruguay. Allerdings durfte sie sich hier nur wenige Tage aufhalten, während die überlegenen Briten auf das Auslaufen des Kriegsgegners warteten. Am frühen Abend des 17. Dezembers war es dann soweit, die "Graf Spee" legte ab. Zigtausende Menschen hatten sich an den Ufern versammelt, um Augenzeuge des sich anbahnenden Gefechts zu sein.
Doch die "Graf Spee" hatte es nicht weit, nach wenigen Kilometern warf sie bereits Anker, und die wenigen Seeleute an Bord verließen das Schiff. Kurze Zeit später erschütterten Explosionen die "Graf Spee" – Kapitän Langsdorff hatte sein eigenes Schiff in die Luft gejagt, statt einen "heldenhaften", aber völlig nutzlosen Kampf mit den Briten zu suchen und seine Männer zu opfern
Kein "Heldentod"
Der Rest der Mannschaft erwartete ihren von der gesprengten "Graf Spee" zurückkehrenden Kapitän im nicht weit entfernten Buenos Aires. Dort sollte Kapitän Langsdorff, der entgegen dem "Ehrenkodex" nicht kämpfend mit seinem Schiff unterging, doch noch sein Ende finden. In einem Hotelzimmer nahm er sich mit einer Pistole das Leben – ausgebreitet auf der Fahne der "Graf Spee". Die meisten der Seeleute des versenkten Schiffes verbrachten die Kriegsjahre in Argentinien, einige fanden hier für immer eine neue Heimat.
Manche indes gelangten auf abenteuerlichen Wegen nach Deutschland zurück – wie der Offizier Paul Ascher, der Jahre später beim Untergang des deutschen Schlachtschiffes "Bismarck" umkam. Dessen Kommandant hatte trotz vielfacher Überlegenheit der britischen Gegner bis zum bitteren und blutigen Ende gekämpft – über 2000 deutsche Seeleute starben sinnlos. An die "Graf Spee", die immer noch auf dem Grund des Rio de la Plata liegt, erinnert heute ein aus dem Wrack geborgener Entfernungsmesser. Er steht als Erinnerung in Montevideo.