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Am Ziel: Bayer schluckt Monsanto

Mischa Ehrhardt Frankfurt am Main
7. Juni 2018

Es ist vollzogen: Der umstrittene Saatgutkonzern Monsanto gehört seit Donnerstag komplett zu Bayer. Die Übernahme sei erfolgreich abgeschlossen worden. Bayer verspricht, an Sozial- und Umweltstandards festzuhalten.

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Bild: picture-alliance/Geisler/C. Hardt

Es war ein langer Weg, den Bayer für die Übernahme von Monsanto gegangen ist. Ursprünglich sollte der Kauf schon im Jahr 2017 abgeschlossen werden. Und es ist ein teurer Kauf: Für die Übernahme blättert Bayer umgerechnet rund 54 Milliarden Euro auf den Tisch. "Das ist eine sehr teure Wette", meint Aktienhändler Oliver Roth aus dem Wertpapierhandelshaus Oddo Seydler. "Und die Frage ist, ob diese Wette aufgeht. Ich glaube, das wird sicher einige Zeit dauern - falls es sich überhaupt rechnet."

In den Vorstandsetagen jedenfalls hat man in den vergangenen Monaten viel gerechnet.  Und wie erwartet ist man dort zu dem Schluss gekommen, dass man für die gigantische Übernahme ein weiteres Mal den Kapitalmarkt anzapft: Mit der Ausgabe neuer Aktien will Bayer weitere sechs Milliarden Euro bei Investoren einsammeln. Den Kauf finanziert Bayer zudem durch die Aufnahme von Schulden und den Verkauf von Unternehmensteilen.

Verdoppelung des Geschäfts

So hatte Bayer Anfang Mai die letzten Anteile an seiner Kunststofftochter Covestro abgestoßen - und damit sogar mehr verdient als früher gedacht. Außerdem musste der Konzern Teile seines Saatgut-Geschäfts abgeben, um Auflagen der Kartellwächter zu erfüllen. "Es war eine unglaubliche Teamleistung, die uns so weit gebracht hat", fasst Bayer-Chef Werner Baumann angesichts des Vollzuges der Übernahme in dieser Woche zusammen. "Jetzt stehen wir kurz davor, die Transaktion abzuschließen und bald ein führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft zu schaffen." Durch die Übernahme verdoppelt Bayer nach eigenen Angaben sein bisheriges Geschäft.

Bonn Bayer Hauptversammlung CEO Werner Baumann
Die Fusion ist sein "Baby": Bayer-Chef Werner Baumann, hier auf der Hauptversammlung im April. Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Meissner

Natürlich soll das Zusammengehen schon bald profitabel sein. Die Einsparungen waren ursprünglich ab dem Jahr 2022 auf 1,5 Milliarden Euro taxiert, mittlerweile sind die Prognosen aber etwas zurechtgestutzt worden. Mit Einsparungen von 1,2 Milliarden Euro rechnet Bayer nun in Zukunft. Denn im Zuge der Übernahme musste Bayer wegen Bedenken der Wettbewerbshüter Teile des eigenen Geschäfts an den Konkurrenten BASF verkaufen. Unternehmensteile in Wert von 7,6 Milliarden Euro sind so zu BASF gewandert. Das fusionierte Unternehmen fällt somit etwas kleiner aus als gedacht, entsprechend wirkt sich das auch auf die Synergien aus.

Umstrittener Unkrautvernichter

Skepsis äußern aber nicht nur Beobachter, die das ganze Abenteuer für gewagt und teuer halten. Kritik kommt vor allem auch von Umweltschützern. Monsanto weckt zumindest hierzulande keine allzu guten Assoziationen. Das Unternehmen hat sich unter anderem darauf spezialisiert, gentechnisch verändertes Saatgut auf die Felder zu bringen. Zudem produziert und verkauft Monsanto auch den Unkrautvernichter 'Roundup'. Das darin enthaltene Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu wirken.

Und schließlich kritisieren Nichtregierungsorganisationen schon seit langem, dass nur wenige Mega-Konzerne weltweit das Geschäft mit Saatgut und Pestiziden kontrollieren. Diese Tendenz verschärft sich logischerweise mit dem verschmelzen von Bayer und Monsanto. "Ich finde problematisch, dass die Produktion von Saatgut und der entsprechenden Pestizide in einer Hand liegen", sagt Sven Giegold, Europa-Abgeordneter der Grünen. "Da sollte es eine ganz klare Trennung geben. Die Marktkonzentration in diesen Märkten hat mit sozialer Marktwirtschaft nichts mehr zu tun."

Mit der Fusion wird Bayer zum weltweit größten Saatguthersteller aufsteigen. Doch nicht nur das: Bayer liefert die passenden Pestizide gleich mit - beide sind aufeinander abgestimmt. Das ist einerseits folgerichtig, weil Unkrautvernichter auf diese Weise - zumindest theoretisch - äußerst wirksam und effizient sein können. Allerdings bringt das auch mit sich, dass Bauern komplett abhängig sind von den wenigen Giganten im Allgemeinen und Bayer im Besonderen.

Bonn Bayer AG Hauptversammlung Protest
Proteste gegen die Fusion - hier vor der Hauptversammlung im Jahr 2017Bild: DW/R. Wenkel

Der Name Monsanto verschwindet

Angesichts der vielen Bedenken und Kritiken hat Bayer-Chef Baumann deswegen Anfang der Woche mehrfach betont, dass er und sein Unternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst seien. "Wir werden alles tun, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Wir werden die höchsten ethischen, ökologischen und sozialen Standards einhalten und zu einer besseren und nachhaltigeren Landwirtschaft beitragen."

Nunmehr ist es soweit: Bayer ist seit Donnerstag der alleinige Eigentümer von Monsanto. In der Folge verschwindet der umstrittene Name - Monsanto wird dann also der Vergangenheit angehören und in Zukunft Bayer heißen. Nicht nur das ist historisch. Auch die Übernahme wird Geschichte schreiben: Mit einem Volumen von rund 63 Milliarden Dollar - umgerechnet rund 54 Milliarden Euro - ist es die größte Auslandsübernahme eines deutschen Unternehmens in der Wirtschaftsgeschichte.

Es war ein langer Weg, den Bayer für das Aufstellen dieses Rekordes auf sich genommen hat. Die eigentliche Arbeit aber, die steht noch bevor: Das möglichst reibungslose Verschmelzen zweier Giganten über den Atlantik hinweg. Und den schwierigen Beweis zu erbringen, dass die Fusion von Bayer und Monsanto in sozialer und ökologischer Hinsicht auch wirklich nachhaltig ist.

 

Dieser Artikel wurde am 4.6.2018 erstellt und am 7.6.2018 aktualisiert.