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Politik

Amri-Untersuchungsausschuss auch in Berlin

7. Juli 2017

Der Sonderermittler des Berliner Senats hat etliche Fehler im Umgang mit dem Weihnachtsmarkt-Attentäter Amri aufgedeckt. Doch dem Landesparlament ist das nicht genug. Es berief einen Untersuchungsausschuss.

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Deutschland Berlin Nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt
Blumen und Kerzen erinnern im Januar 2017 an den Anschlag auf den Berliner WeihnachtsmarktBild: Getty Images/S. Loos

Mehr als ein halbes Jahr nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat das Abgeordnetenhaus einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Die Mitglieder sollen mögliche Behördenfehler im Umgang mit dem tunesischen Attentäter Anis Amri unter die Lupe nehmen und sich der Frage widmen, ob der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche hätte verhindert werden können. Die Abgeordneten des Landesparlaments stimmten ohne Debatte einem überparteilichen Antrag zur Einsetzung des Gremiums zu. Am 14. Juli soll es seine Arbeit aufnehmen. Den Vorsitz hat der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger. In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits einen Untersuchungsausschuss, der sich ebenfalls mit dem Fall Amri befasst. Dort wurde der erste Zeuge bereits im März angehört. 

Die gleiche Frage wie der Untersuchungsausschuss bearbeitet in Berlin bereits Sonderermittler Bruno Jost. Er deckte Versäumnisse, Fehlinformationen und Aktenmanipulationen bei der Kriminalpolizei auf. Zugleich verteidigte er in seinem Zwischenbericht die Arbeit der Polizei gegen pauschale Verurteilung. Es habe "keine Hinweise auf flächendeckendes Fehlverhalten der Polizei" gegeben.

Schwerster islamistischer Terroranschlag

Der Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember einen gekaperten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt gesteuert. Beim bisher schwersten islamistischen Terroranschlag in Deutschland wurden zwölf Menschen getötet. Knapp hundert wurden verletzt. Wenige Tage später erschossen Polizisten Amri auf der Flucht in Italien. Vor dem Anschlag lebte Amri mit wechselnden Identitäten längere Zeit als Asylbewerber in Deutschland. Obwohl er als sogenannter Gefährder von Behörden beobachtet wurde und auch im Drogenmilieu aktiv war, wurde er nicht dingfest gemacht.

Jost nannte viele Fehler von Kriminalpolizisten, die vor dem Anschlag im Dezember 2016 für die Ermittlungen gegen Amri zuständig waren. Innensenator Andreas Geisel (SPD) und sein Staatssekretär seien in den Tagen nach dem Anschlag von der Berliner Polizei offensichtlich falsch informiert worden. Im Zusammenhang mit Amris Rauschgift-Deals sei nur von "Kleinhandel" die Rede gewesen. Dabei hatte die Kripo schon damals Erkenntnisse über gewerbsmäßigen Drogenhandel, was juristisch für einen Haftbefehl und Untersuchungshaft gereicht hätte.

Zwischenbericht des Opferbeauftragten

Rund ein halbes Jahr nach dem Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz legte der Beauftragte der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen, Kurt Beck, einen Zwischenbericht seiner Arbeit. Demnach wurden bisher mehr als eine Million Euro für Betroffene und Hinterbliebene des Attentats bewilligt. Bis zum 21. Juni hatten 119 Menschen einen Antrag auf Entschädigung gestellt, 111 davon seien bereits bewilligt. Viele der Betroffenen seien psychisch traumatisiert, manche nicht mehr arbeitsfähig, hieß es. "Ich versuche, allen diesen Menschen im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen", erklärte der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (1994-2013).

Vorwürfe gegen Berliner Behörden im Fall Amri

In dem Bericht regte Beck an, dass es bei künftigen Ereignissen dieser Art von Anfang an einen zentralen Ansprechpartner für die Betroffenen geben sollte. Diese Forderung ergebe sich sowohl aus den Kontakten mit den Opfern und Hinterbliebenen als auch aus Gesprächen mit den Opferhilfeeinrichtungen, sagte der SPD-Politiker in Berlin.

So könnte in der Akutphase eines vergleichbaren Ereignisses eine Anlaufstelle vor Ort eingerichtet werden, die den Einsatz- und Rettungskräften bekannt und am Ort des Geschehens sichtbar ist. Dorthin könnten sich dann Opfer und Angehörige mit ihren Anliegen wenden. Für die Zeit danach sollte erwogen werden, ob nicht eine dauerhafte professionelle Stelle beim Bund, ähnlich der Geschäftsstelle des Opferbeauftragten jetzt, geschaffen wird, so Beck. Diese Stelle solle den Betroffenen als Lotse der verschiedenen Entschädigungsmöglichkeiten dienen und sie auch in anderen Belangen unterstützen.

kle/qu (dpa, afp, epd)