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An Europas Flughäfen wird wieder gestartet

20. April 2010

Entspannung am Horizont: Nachdem die Aschewolke des Vulkans Eyjafjallajöküll den Flugverkehr lahmgelegt hatte, haben einige Flughäfen den Betrieb wieder aufgenommen. Die Hälfte der geplanten Flüge in Europa starten.

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Eine Menschenschlange vor der Gepäck-Abfertigung am Fankfurter Flughafen (Foto: AP)
Schlangen am Frankfurter Flughafen: Einige Maschinen heben wieder abBild: AP

An Deutschlands Flughäfen wird wieder abgehoben. Auf den Anzeigetafeln verschwanden am Dienstag (20.04.2010) die ersten "Annulliert"-Hinweise, Geschäftsreisende hetzten mit ihren Rollkoffern zum Check-In, und die Flug-Aufrufe krächzten wieder aus den Lautsprechern. Erschöpft, aber erleichtert trafen nach Tagen des Wartens auf Deutschlands Großflughäfen wieder Reisende ein. Die Maschinen waren mit Sondergenehmigung und meist auf Verantwortung der Piloten unterwegs. Sie flogen auf Sicht statt wie üblich nach Instrumenten. Normalerweise ziehen allerdings zehnmal mehr Flugzeug über den deutschen Himmel. Kritik kam von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, die von einer "juristischen Winkelkonstruktion" der Luftlinien sprach. Die Verantwortung liege nicht bei der Flugsicherung, sondern bei den Piloten, wie Sprecher Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung (DFS) sagte. Die DFS verlängerte die grundsätzliche Sperrung des Luftraums für Instrumentenflüge bis in die Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Zudem wurde das Nachtflugverbot an den Flughäfen Hamburg und Bremen teilweise aufgehoben.

Europa geht wieder in die Luft

Grundsätzlich sind in Europa wieder einige Flüge möglich: Nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol konnte ungefähr die Hälfte der eigentlich für Dienstag geplanten Flugverbindungen in Europa gewährleistet werden. Das ist eine merkliche Entspannung - verglichen mit den fast 80 Prozent Ausfall vom Sonntag und den nahezu 70 Prozent vom Montag. In 19 europäischen Ländern - auch auf dem Balkan - durften Flugzeuge wieder starten, während in 11 Staaten immer noch komplette oder teilweise Flugverbote galten. Großbritannien verlängerte das Flugverbot ebenfalls. Ausnahmen gab es lediglich für Schottland und Nordengland. In Polen blieb der Luftraum weiter geschlossen, Irland verlängerte ebenfalls das geltende Flugverbot. In Finnland sollten die Flughäfen bis Mittwochmorgen geschlossen bleiben.

Ein Flugzeug hebt von der Startbahn ab (Foto: AP)
Die Hälfte aller planmäßigen Flüge, wie hier am Amsterdamer Flughafen Schiphol, starteten am DienstagBild: AP

Wie die Behörde in Brüssel weiter mitteilte, bleibt die Asche-Belastung vorerst vor allem in Nordwest-Europa eine Gefahr. Daher sei auch weiter mit Flugverboten zu rechnen. "Wann die Dinge wieder zur Normalität zurückkehren, ist jetzt noch nicht abzusehen", bestätigte eine Eurocontrol-Sprecherin gegenüber Medienvertretern. Allerdings sei jenseits von sechs Kilometern Höhe schon wieder der komplette europäische Luftraum frei. Vorausgesetzt, dass sich die Aktivität des Vulkans Eyjafjallajöküll auf Island und das Wetter nicht merklich ändern, werde sich die Lage in den nächsten Tagen weiter entspannen. Für die noch verhängten Flugverbote ist es entscheidend, ob die Intensität der Asche in der Luft einen Grenzwert erreicht. "Wenn die Konzentration das Zehnfache des normalen Wertes beträgt oder überschreitet, wird das betroffene Gebiet gesperrt", erklärte die Sprecherin. Die Konzentration lasse sich mit Satelliten ermitteln, deren Instrumente die Vulkanasche in der Luft nachweisen können.

Fluglinien fordern Finanzspritzen

Unterdessen fordern Airlines und Flughäfen in Europa wegen ihrer Millionenverluste infolge des Flugverbots immer lauter staatliche Unterstützung. Der europäische Verband der Flughäfen ACI Europe und der Verband der Fluggesellschaften AEA veröffentlichten am Dienstag eine gemeinsame Erklärung in der sie eine "angemessene Antwort auf europäischer Ebene" forderten. Die Unternehmen erhoffen von ihren jeweiligen Heimatstaaten Finanzspritzen für Notfall-Leistungen wie beispielsweise Verpflegung und Übernachtungen für gestrandete Passagiere. "Allein die Flughäfen haben in den vergangenen fünf Tagen mindestens 200 Millionen Euro verloren", sagte ein Sprecher von ACI Europe nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Bereits in einigen Wochen könnten einige der rund 150 Airlines in Europa pleite sein, vermutet der Verband AEA, in dem alle großen europäischen Fluglinien organisiert sind. In einer gemeinsamen Mitteilung sprachen die Verbände von "der schlimmsten Blockade der europäischen Luftfahrt seit dem Zweiten Weltkrieg."

Brüderle im Portrait (Foto: AP)
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sagt den Fluglinien bisher keine Staatshilfen zu (Foto: AP)Bild: dpa

Nach Angaben der EU-Kommission hat bislang noch keines der 27 EU-Mitgliedsländer seine Fluggesellschaften mit Staatsgeld unterstützt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagte dem SWR, zunächst einmal sei es "Aufgabe der Unternehmen, damit fertig zu werden." Die SPD und der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Grünen-Politiker Winfried Hermann, lehnen Staatshilfen für Airlines kategorisch ab. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat erneut Kritik zurückgewiesen, er habe Flugverbote über Deutschland voreilig verhängt. Es gebe für derartige Fälle ein ganz klares Regelwerk der internationalen Luftfahrtbehörde, sagte Ramsauer im "ZDF-Morgenmagazin". Die Vorschriften seien seit eh und je bekannt.

Noch beträchtliche Eruptionen

Die weitere Entwicklung hängt vom Verhalten des Vulkans auf Island ab: Behördenvertreter teilten dort mit, in drei Kratern des Vulkans komme es noch zu "beträchtlichen" Eruptionen. In der Rauchwolke befinde sich aber immer weniger Asche. Die Wissenschaftlerin Sigrun Hreinsdottir von der Universität von Island in Reykjavik äußerte sich indessen positiv: Der Vulkan ziehe sich weiter zusammen, was ein gutes Zeichen sei. Eine Intensivierung der Eruptionen gebe es nicht. Dagegen hatte die britische Luftfahrtbehörde NATS mitgeteilt, die Eruptionen gewännen wieder an Stärke und es treibe eine neue Aschewolke auf Großbritannien zu. Nach Einschätzung der Weltwetterorganisation (WMO) wird die Aschewolke Ende der Woche Richtung Nordpol abdrehen. Grund dafür sei ein Tiefdruckgebiet, das sich dann über Island entwickeln und zu neuen Winden führen werde, teilte die WMO in Genf mit. Das Tiefdruckgebiet werde zudem Regen bringen, der die Asche teilweise auswaschen dürfte.

Autor: Marcus Bölz (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Herbert Peckmann