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Analyse - Stichwahl in der Ukraine

18. Januar 2010

Kann Julia Timoschenko den Vorsprung von Viktor Janukowitsch aufholen? Eine spannende Stichwahl zeichnet sich ab.

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Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Bernd Johann leitet die Ukrainische Redaktion der Deutschen Welle

Erst in der Stichwahl wird sich entscheiden, wer künftig als Präsident die Ukraine führt. Der Amtsinhaber Viktor Juschtschenko, das steht fest, wird es nicht mehr sein. Die einstige Galionsfigur der Orangen Revolution, die das Land vor fünf Jahren von einem autoritären System befreit hat, ist klarer Verlierer der ersten Runde der Präsidentenwahl.

Dem derzeitigen Amtsinhaber sind die Wähler regelrecht davon gelaufen - enttäuscht darüber, dass ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben in Wohlstand und Sicherheit nicht in Erfüllung gegangen sind.

Eine ältere Ukrainerin im Wahllokal (Foto: AP)
Enttäuschte Hoffnungen schlagen sich in der Wahl niederBild: AP

Gewinner des ersten Wahlgangs ist der pro-russische Oppositionspolitiker Viktor Janukowitsch. Ohne die Orange Revolution wäre er bereits vor fünf Jahren mit Hilfe von Wahlfälschungen Präsident geworden. Jetzt befolgt er, ebenso wie die anderen Politiker, die demokratischen Spielregeln. Und diese machen im Februar eine Stichwahl zwischen Janukowitsch und der bisherigen Regierungschefin Julia Timoschenko erforderlich.

Sie ist die Nummer Zwei nach der ersten Runde der Wahlen. Die Fortsetzung verspricht spannend zu werden. Denn es kann sein, dass Timoschenko ihren Rückstand aufholt und im zweiten Wahlgang mehr Stimmen aus dem Lager der unterlegenen Kandidaten an sich zieht als Janukowitsch.

Anhänger von Viktor Janukowitsch schwenken auf einem Platz in Kiew Fahnen (Foto: AP)
Janukowitschs Unterstützer geben sich siegesbewußtBild: AP

Aber wird die Ukraine nach Jahren des politischen Durcheinanders nach dieser Präsidentenwahl endlich stabil? Viel hängt davon ab, ob die Politiker das Wahlergebnis, wie auch immer es am Ende aussieht, akzeptieren. Im Vergleich zu anderen ehemaligen Sowjetrepubliken – auch zu Russland - hat die Ukraine durch die Orange Revolution große Fortschritte bei der Demokratisierung und der Verwirklichung individueller Freiheitsrechte gemacht.

Doch das Land ist nach wie vor politisch gespalten. Die niedrige Wahlbeteiligung zeigt, dass die Menschen sehr enttäuscht sind von ihren zerstrittenen Politikern, die mehr den mächtigen Interessengruppen aus der Wirtschaft dienen als der Bevölkerung. Vergleicht man die aktuellen Zahlen aus Kiew mit den Ergebnissen früherer Wahlen, dann konnten weder Timoschenko noch Janukowitsch einen Zuwachs an Wählerstimmen für sich verbuchen. Beide Politiker stagnieren in der Wählergunst - so wie derzeit das ganze Land politisch wie wirtschaftlich auf der Stelle tritt.

Es bleibt abzuwarten, wer in dem nun folgenden mühsamen Endspurt den Sprung in das Präsidentenamt schafft. Erst dann wird sich zeigen, ob die Ukraine den Weg demokratischer Reformen fortsetzt oder einen autoritäreren innenpolitischen Kurs einschlägt.

Autor: Bernd Johann
Redaktion: Fabian Schmidt