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… and the Oscar goes to: Emil Jannings!

Jochen Kürten25. Februar 2013

Der erste Oscar ging an einen Deutschen. 1929 erhielt der Schauspieler den Preis für seine Mitwirkung in zwei US-Filmen. Heute ist Jannings in Erinnerung als Partner von Marlene Dietrich in "Der blaue Engel".

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Emil Jannings und der Oscar 1929 (Foto: AP-PHOTO/ejs)
Bild: AP

Die Geschichte erscheint inzwischen irgendwie unwirklich. Dass es ausgerechnet ein Deutscher war, der als Erster einen Oscar für eine herausragende Schauspielerleistung bekam, ist schon erstaunlich. Als am 19. Mai 1929 Emil Jannings in Hollywood die goldene Statuette in die Höhe recken durfte, hatte der Deutsche sich unter anderem gegen Charlie Chaplin durchsetzen können.

Ein früher Star des Kinos

Jannings war damals einer der größten Stars des Weltkinos, in Deutschland auch als Theatermann gefeiert, in den USA für seine Auftritte vor den Kameras gerühmt. Dass man den Namen Jannings heute in seiner künstlerischen Heimat Deutschland immer noch mit einer gewissen Distanz begegnet, hat vor allem mit seiner späteren Karriere zu tun. Jannings blieb 1933 in Deutschland, verkehrte mit Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels und drehte Filme, die auch den Nazis angenehm waren.

Das haben andere auch getan, haben viel engere Bande geknüpft mit den Nazis. Die Regisseure Veit Harlan oder Leni Riefenstahl lieferten üble Machwerke ab. Jannings stand den braunen Machthabern nicht so nahe. Und doch kam er nach dem Krieg im Gegensatz zu Harlan oder Riefenstahl nicht wieder auf die Beine. Vor der 85. Oscarverleihung (am 24.2.2013) erinnert man sich nun wieder an den Darsteller, auch weil seit kurzem eine neue, sehr fundierte Biografie über Jannings vorliegt, verfasst vom Filmpublizisten Frank Noack.

Szene aus Der letzte Mann von Murnau (Foto: imago/EntertainmentPictures)
Das brachte Jannings den Ruf aus Hollywood ein: "Der Letzte Mann" von F.W. MurnauBild: imago/EntertainmentPictures

Überfällige Erinnerung an einen Schauspieler

"Diese Biografie war überfällig" urteilt dann auch Hans-Helmut Prinzler, langjähriger Direktor der Stiftung Deutsche Kinemathek, "Jannings war einer der großen Darsteller des deutschen Films, spielte Hauptrollen in vielen Klassikern des deutschen Stummfilms." Vergessen war Jannings ja nie, "Der blaue Engel" ist heute noch einer der am meisten zitierten deutschen Filme aller Zeiten. Und seine Auftritte in Filmen von Ernst Lubitsch ("Anna Boleyn") und Friedrich Wilhelm Murnau ("Der letzte Mann"/unser Bild oben) gehören ebenso zum Kanon der deutschen Kinogeschichte.

Aber sonst? Kenner werden sich noch an das schauspielerische Kabinettstückchen Emil Jannings in der Verfilmung von Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug" erinnern. Auch das nach wie vor vorhandene Interesse vieler Publizisten und Wissenschaftler am NS-Film konfrontiert einen immer wieder mit dem Namen des Darstellers. Einer breiten Öffentlichkeit ist Emil Jannings dagegen kaum noch ein Begriff. "Es liegt auch an dem generellen Desinteresse für deutsche Filmgeschichte", beklagt Werner Sudendorf von der Deutschen Kinemathek, "die, die sich überhaupt noch dafür interessieren, teilen die Filmgeschichte so ein: bis 1933 und etwa ab 1965. Zwischen 1933 und 1965 liegen Sumpf, Nebel und Moor, die Leichen des deutschen Films, Wüste und Ödnis, Verdrängung und Propaganda. Da sehen wir nicht hin, wir wissen sowieso Bescheid, das ist ja alles Mist und Papas Kino und Opas Kino", so Sudendorf.

Szene aus Sein letzter Befehl mit Emil Jannings (Foto: imago/EntertainmentPictures)
Dafür gab´s einen Oscar: Emil Jannings (Mitte) in "Sein letzter Befehl"Bild: imago/EntertainmentPictures

Ein Volksschauspieler, international gefragt

Der Publizist Franck Noack hat akribisch recherchiert und hat eine detailreiche Biografie verfasst (Jannings - der erste deutsche Weltstar, Collection Rolf Heyne), die auch immer wieder ins Gedächtnis ruft, dass Jannings ebenso ein Mann des Films wie des Theaters war. Ein Mann auch mit vielen Eigenschaften: "Es bleibt ein unauflösbarer Widerspruch: Emil Jannings wirkte volkstümlich und war doch international gefragt. Er war ein Kiez-Typ, der im Ausland Zuspruch fand", charakterisiert Noack den Schauspieler, der von der zeitgenössischen Kritik immer wieder mit Attributen wie "saftig" und "derb" charakterisiert wurde. Jannings hatte einen mächtigen Laib, war schwer von Statur und füllte seine Filmcharaktere im wahrsten Sinne des Wortes aus.

Der Kiez-Typ schaffte es nach Hollywood, lange vor 1933, weil Amerika aufmerksam geworden war auf diesen bulligen Darsteller der enorm erfolgreichen Ernst Lubitsch-Filme. Für seine Auftritte in den US-Produktionen "Der Weg allen Fleisches" und "Sein letzter Befehl" bekam er dann den Oscar. Kurz darauf ging er zurück nach Deutschland. Jannings war immer tief verwurzelt im deutschen Sprachraum, hatte in den Vereinigten Staaten auch das deutsche Sprechtheater vermisst.

Szene aus Der blaue Engel mit Marlene Dietrich und Emil Jannings (Foto: Hulton Archive/Getty Images)
Anfangs noch im Vordegrund: Emil Jannings und Marlene Dietrich in "Der blaue Engel"Bild: Getty Images

Im Schatten von Marlene Dietrich

"Der blaue Engel" war dann 1930 zunächst vor allem sein Film, nicht der von Marlene Dietrich. Noack macht das sehr schön deutlich anhand der Chronologie historischer Filmplakate von "Der blaue Engel". Auf diesen wurde zunächst der männliche Darsteller groß präsentiert. Erst auf späteren Plakaten lief die Dietrich ihrem männlichen Gegenpart den Rang ab. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten spielte Jannings in Filmen wie "Der Herrscher" und "Ohm Krüger" auch patriotische und nationalistische Charaktere. Jannings war immer wieder mit Goebbels im Gespräch, wobei Noack nachweist, dass sich der Propagandaminister auch immer wieder ärgerte über den maßlosen Charakter des Vorzeigeschauspielers. Jannings stieß Goebbels mit seinem selbstbewussten Auftreten vor den Kopf.

Aber Jannings war eben auch niemand, der Deutschland verließ oder gar gegen die Machenschaften der Nazis zu Felde zog. Jannings war politisch kaum interessiert, ein Vollblutschauspieler, dem es vor allem um seine guten Rollen ging. Irgendwann zog er sich dann zurück auf seinen Wohnsitz am Wolfgangsee in Österreich. Nach Ende des Krieges konnte er kein Comeback mehr vor den Kameras feiern. Krankheiten machten ihm zu schaffen. Eine gewisse Trägheit, wohl auch sein herrischer Charakter standen dem im Wege. Heute steht Deutschlands erster Oscar im Museum und einen Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin hat Emil Jannings auch. Frank Noack hat dem großen Schauspieler mit seinem Buch einen angemessenen Platz in der deutschen Filmhistorie eingeräumt. Er kommt, so Hans-Helmut Prinzler, "der Ambivalenz des Protagonisten sehr nahe und fordert so etwas wie eine späte Gerechtigkeit".

Szene aus Der Herrscher mit Emil Jannings (Foto: Copyright: imago/United Archives)
Emil Jannings im Propagandafilm "Der Herrscher"Bild: imago/United Archives