Angeblicher Videoauftritt von IS-Chef Bagdadi
29. April 2019Unklar ist, wann das Video aufgenommen wurde. Al-Bagdadi spricht darin jedoch von den monatelangen Kämpfen um Baghus, dem letzten Rückzugsort der Dschihadistenmiliz in Syrien, der im März fiel. "Der Kampf um Baghus ist vorbei", sagt der Führer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Der Kampf des IS gegen den Westen sei jedoch eine "lange Schlacht".
Al-Bagdadi bezeichnete die Terrorangriffe von Sri Lanka über Ostern als Rache für die Zerstörung des von den Extremisten ausgerufenen Kalifats. Die Angriffe hätten die Herzen der Muslime erfreut, sagt Al-Bagdadi in dem Video. Der IS hatte die Anschläge mit mehr als 250 Toten in der vergangenen Woche für sich reklamiert. Neun Selbstmordattentäter hatten am Ostersonntag in Sri Lanka unter anderem drei Kirchen und drei Luxushotels attackiert.
Drohungen und Rache
Al-Bagdadi droht in dem Video, der IS werde "Rache nehmen" für seine getöteten Kämpfer. "Es wird noch mehr passieren nach diesem Kampf", sagt er. Das Video zeigt den 47-Jährigen mit gekreuzten Beinen auf einem Polster. Er spricht zu drei Männern, deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden. Al-Bagdadi trägt einen langen grauen Bart, der offenbar mit Henna gefärbt wurde. Er spricht langsam und macht sekundenlange Pausen mitten in seinen Sätzen.
Der einzige bekannte öffentliche Auftritt des IS-Anführers war Anfang Juli 2014 im nordirakischen Mossul, bei dem er alle Muslime zum Gehorsam gegenüber dem "IS-Kalifat" aufgerufen hatte. Seitdem veröffentlichte seine Gruppe in unregelmäßigen Abständen Audiobotschaften, die vom IS-Chef stammen sollen.
Die letzte Aufnahme wurde im August 2018 veröffentlicht, acht Monate nachdem der Irak den Sieg über den IS erklärt hatte. In der Öffentlichkeit wurde der Iraker, der an Diabetes leidet, jedoch nicht wieder gesehen.
Nach erbittert geführten Kämpfen hatte ein von den USA unterstütztes kurdisch-arabisches Bündnis am 23. März den Ort Baghus nahe der irakischen Grenze erobert. Die Dschihadisten kontrollieren aber noch einige unbewohnte Gebiete in der Badia-Wüste und verüben auch immer noch Anschläge.
Nach der Zerschlagung des "IS-Kalifats" blieb der Verbleib des IS-Führers zunächst ein Rätsel. Es war unklar, ob Al-Bagdadi sich mit seinen letzten Kämpfern in der syrischen Wüste versteckt hatte, im Irak untergetaucht oder längst nicht mehr am Leben war. Mehrfach wurde er bereits für tot erklärt, mindestens einmal wurde er verletzt. Die USA haben auf ihn ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (22 Millionen Euro) ausgesetzt.
Geboren wurde al-Bagdadi 1971 als Sohn einer armen Familie im zentralirakischen Samarra unter dem Namen Ibrahim Awad al-Badri. Als Junge begeisterte er sich für Fußball und träumte davon, Anwalt oder Soldat zu werden, doch seine mangelhaften Noten und seine schlechten Augen verhinderten beides. So studierte er schließlich in Bagdad Theologie, bevor er nach der US-Invasion 2003 als Anführer einer Dschihadistengruppe in den Untergrund ging.
Demonstration für IS-Gefangene
Unterdessen haben rund zwei Dutzend Angehörige und Freunde von getöteten IS-Kämpfern vor dem Auswärtigen Amt in Berlin für eine Rückkehr ihrer in Syrien gefangenen Töchter, Schwiegertöchter und Enkelkinder demonstriert. Sie forderten die Bundesregierung auf, mit den kurdischen Gruppen Kontakt aufzunehmen, von denen die Witwen und Kinder der IS-Kämpfer gefangen gehalten werden.
Nach Medienberichten und Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte halten die syrischen Kurden knapp 60 mutmaßliche IS-Kämpfer mit deutschen Pässen fest. Hinzu kommen etwa 45 deutsche Frauen mit etwa 80 Kindern. Viele der Frauen sind junge Witwen.
Schwierige Betreuung
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, ein Mitarbeiter habe von den Demonstranten eine Petition entgegengenommen. Eine konsularische Betreuung der Gefangenen in Syrien sei faktisch nicht möglich, da die deutsche Botschaft in Damaskus weiterhin geschlossen sei. Unabhängig davon prüfe die Bundesregierung "auch in Abstimmung mit ihren Partnern mögliche Optionen, um deutschen Staatsangehörigen, vor allem Kindern, auch in humanitären Fällen, eine Rückführung nach Deutschland zu ermöglichen".
Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Bundesregierung muss Herz zeigen und alles tun, um gerade und zuvorderst die Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft nach Deutschland zurückzuholen." Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), warnte vor einer übereilten Rückholung. Er sagte der Zeitung, erst müsse feststehen, dass die Rückkehrer "kein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko" darstellten.
cgn/jj (afp, dpa)