Merkel: "Deutschland ist ein sicheres Land"
26. September 2016Terror und politische Unsicherheit in wichtigen Zielländern stellen die Tourismusbranche vor große Herausforderungen. "Reiseströme verschieben sich insbesondere von Nordafrika und vom östlichen ins westliche Mittelmeer", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft, Michael Frenzel (Foto), beim Jahrestreffen der Branche. Die Tourismus-Regionen am westlichen Mittelmeer stießen an ihre Kapazitätsgrenzen. Anders sehe es jedoch bei Fluggesellschaften aus: "Airlines klagen über hohe Flugkapazitäten, die mangels Betten nicht voll ausgelastet werden können", sagte Frenzel. "Es gibt also definitiv Gewinner und Verlierer." Generell sei die Lust am Reisen ungebrochen. Fernreisen seien gefragt, ebenso Urlaub in Deutschland. Sicherheit stehe bei vielen Kunden nun an erster Stelle.
In Zeiten des Terrors gehört das Reiseland Deutschland zu den Gewinnern. Das belegen auch die Zahlen der "Deutschen Zentrale für Tourismus" (DZT). Die DZT vertritt das Reiseland Deutschland im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums. Im ersten Halbjahr wurden 35,5 Millionen ausländische Übernachtungen gezählt - ein Plus von 3,3 Prozent. Doch gänzlich unberührt ist auch der deutsche Tourismus-Markt nicht von der allgemeinen Lage. Denn das Wachstum hat sich im Vergleich zu den Jahren davor verlangsamt. Für das Gesamtjahr ist die Branche deshalb vorsichtig. Die DZT-Vorsitzende, Petra Hedorfer, zählt dazu die generelle Sicherheitslage in Europa, die Sorge vor Anschlägen, politische Instabilität in einigen Regionen sowie die nur mäßig wachsende Weltwirtschaft.
Werbung für das Reiseland Deutschland
"Deutschland ist ein sicheres Land", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Gastrede. Die Bundesregierung leiste ihren Anteil daran, dass Touristen sich in Deutschland sicher fühlen könnten. So habe man zum Beispiel mehr Stellen bei den Sicherheitsbehörden beschlossen.
Drei Millionen Jobs gibt es derzeit in deutschen Hotels und Gaststätten. Die Branche trägt 4,4 Prozent zur deutschen Wirtschaftsleistung bei. Rund 30 Prozent der Beschäftigten hätten einen Migrationshintergrund, so Frenzel, die Branche sei also geübt in Multikulti. Tourismus sei "Integrierer" und fördere den interkulturellen Dialog. Auch von den neu ins Land gekommenen Flüchtlingen hätten bereits 1000 eine Beschäftigung in der Branche gefunden. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, die ebenfalls als Rednerin auftrat, zog sogar eine Parallele zum Begriff "Willkommenskultur", der schließlich auch im Tourismus die Haltung der Gastgeber beschreibe. 15 deutsche Touristen im Ausland würden einen Arbeitsplatz schaffen, nannte Frenzel eine andere, wirtschaftspolitische Dimension von Tourismus.
Derartige Einordnungen gehören zum Geschäft von Lobbyisten. Denn schließlich möchten sie in ihrem Geschäftsfeld von der Politik keine neuen Stolpersteine in den Weg gelegt bekommen. Aktuell aber gibt es einige davon, wie zu hören war. Zum Beispiel die umstrittene EU-Richtlinie zu Pauschalreisen, eine ungeliebte Regel zur Maximal-Arbeitszeit oder die im Raum stehende Maut für Reisebusse. Die Kanzlerin versprach, die Dinge ausgewogen lösen zu wollen. Schließlich wolle man es sich mit der Tourismusbranche nicht verscherzen, so Merkel. Aber die Kunden dürften andererseits auch nicht vergrault werden. Schon am Wochenende hatte Merkel ihren wöchentlichen Video-Podcast dem Thema Tourismus gewidmet und ein positives Gesamtbild gezeichnet.
Merkel: Flüchtlingschaos wiederholt sich nicht mehr
Trotz aller gegenseitiger Schmeicheleien hat die Branche Sorgen, wenn es um Terrorgefahr und Flüchtlingsströme geht, war am Rande des Treffens zu erfahren. Wohl auch deshalb wiederholte Merkel noch einmal, dass sich eine Situation wie im Spätsommer vor einem Jahr, als es - so Merkel - ausschließlich illegale Migration gegeben habe, nicht noch einmal wiederholen werde.
Zum einen gebe es die "Pflicht", illegale Migration zu bekämpfen, andererseits gehe es darum, die Ursachen für Flucht zu bekämpfen. Speziell für Menschen in den Staaten Afrikas mit ihrer extrem jungen Bevölkerung müsse in ihrer Heimat eine Perspektive geschaffen werden. "Eine Möglichkeit dazu ist Tourismus", betonte Merkel. Eine positive wirtschaftliche Entwicklung sei die beste Entwicklungshilfe, in der Vergangenheit habe manchmal viel zu sehr der karitative Aspekt im Vordergrund gestanden. Deshalb, schloss Merkel ihre Rede, säßen Tourismusbranche und Bundesregierung in einem Boot.