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Angereichertes Uran als Problem

Steffen Leidel1. Dezember 2004

Wer Kernenergie nutzen will, braucht angereichertes Uran. Wer Atomwaffen bauen will auch. Aber wer darf Uran anreichern und wer nicht? Und woher wissen Länder wie der Iran, wie das geht?

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Anreicherungsanlage in Isfahan/IranBild: AP

Nach wochenlangem Taktieren hat der Iran nun im Atomstreit eingelenkt. Teheran will künftig auf die Anreicherung von Uran zu verzichten. Das hatte der Iran schon einmal versprochen, dann plötzlich pochte er bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) darauf, eine Ausnahmegenehmigung für den Gebrauch von 20 Gaszentrifugen zu "Forschungszwecken" zu erhalten und sorgte damit für neue Verärgerung.

Die Wiege der iranischen Atombombe
Kernreaktor im iranischen BushehrBild: AP

An dieser Forderung hält Iran nun nicht mehr fest. Die jüngste Übereinkunft mit der IAEO, die am Montag (29.11.) in einer entsprechenden Resolution festgehalten wurde, ist rechtlich aber nicht bindend. Der Verzicht auf das Atomprogramm sei "freiwillig", betonte der Chef der iranischen Delegation bei der IAEO, Hussein Mussavian. Alle 189 Mitgliedstaaten des Atomwaffensperrvertrages (aus dem Jahr 1968) haben grundsätzlich das Recht, Uran selbst anzureichern, solange dies unter Kontrolle der Inspektoren der IAEO geschieht. "Der Iran hat jedoch viel Vertrauen verspielt", sagt Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). So habe der Iran Teile seines Atomprogramms lange Zeit geheim gehalten. Der Verdacht, Teheran arbeite an Atomwaffen stehe nach wie vor im Raum.

Gleiche Technologie für Atomwaffen und Brennstäbe

Grundsätzlich gilt, dass jedes Land, das Kernenergie nutzen will, angereichertes Uran braucht - das ist legitim. Dass bei der IAEO dennoch die Alarmglocken schrillen, sobald ein Land in der Lage ist, selbst Uran anzureichern, hat seinen guten Grund. Verfügt ein Staat über die notwendige Technologie kann er nämlich nicht nur Brennstäbe für Kernkraftwerke herstellen, sondern ist theoretisch auch in der Lage, hochangereichertes Uran für Atomwaffen zu produzieren. "Benutzt wird mehr oder weniger die gleiche Technologie. Geringe technische Veränderungen reichen aus, um die Anreicherungsanlagen umzustellen", sagt Thränert. (Siehe auch Stichwort: Urananreicherung)

Kaskadenhalle in Gronau
Urananreicherungsanlage Gronau von Urenco: Kaskadenhalle mit ZentrifugenBild: Urenco

Derzeit gibt es nur rund ein Dutzend Staaten, die angereichertes Uran selbst herstellen können. Laut SWP betreiben die USA, Russland, Frankreich, China, Japan, Pakistan und Argentinien Urananreicherungsanlagen unter nationaler Kontrolle. Auch Brasilien hat seit kurzem offiziell grünes Licht zur Urananreicherung von der IAEO erhalten, nachdem es sich zunächst geweigert hatte, den Inspektoren vollen Zugang zu gewähren. Deutschland ist zusammen mit den Niederlanden und Großbritannien über das Konsortium Urenco an der Herstellung von angereichertem Uran beteiligt. Sinn dieses Konsortiums war zum einen, den Aufwand und die Kosten des von Urenco entwickelten Gasultrazentrifugen-Verfahrens zu verringern. Andererseits sollte so die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass Deutschland im Alleingang Kernwaffen herstellen könnte.

Steigende Nachfrage nach Kernenergie

Unklar ist die Situation in Nordkorea. Amerikanische Geheimdienstberichte gehen davon aus, dass das Land über die Anreicherungs-Technologie verfügt, offiziell bestätigt wurde das aber nie. Aufsehen erregte jüngst Südkorea, das einräumen musste, im Jahr 2000 heimlich an der Anreicherung von Uran gearbeitet zu haben - ein klarer Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag.

Roberto Amaral zeigt Uranminen in Brasilien
Brasilien hat große UranvorkommenBild: AP

Nicht immer steht aber hinter dem Streben der Staaten an eigenen Anlagen zur Urananreicherung auch die Absicht, Atomwaffen herzustellen. Viele Staaten - vornehmlich Schwellenländer - wollen schlicht Kernenergie nutzen, um ihren zum Teil rasant steigenden Strombedarf zu decken. "Das trifft vor allem auf Asien zu", sagt Thränert. Der Fall Brasilien, das über bedeutende natürliche Uranvorkommen verfügt, zeigt, dass sich Staaten zudem einen Zugewinn an Souveränität erhoffen. Das südamerikanische Land, das den Bau von vier Atomkraftwerken sowie mehreren Atom-U-Booten angekündigt hat, musste sein Uranerz bislang im Ausland anreichern lassen.

Die US-Regierung sieht dieses Suche nach mehr Selbständigkeit besonders kritisch. Die Bush-Regierung ist der Ansicht, dass Staaten, denen es nur um die zivile Nutzung von Kernenergie geht, nicht über Anreicherungsanlagen verfügen dürften. Sie sollten ausschließlich mit angereichertem Uran aus den Nuklearstaaten versorgt werden.

Know-How gibt es auch auf dem Schwarzmarkt

Diese Forderung halten Experten wie Thränert für kaum durchsetzbar. Staaten, die keine Urananreicherung betreiben, würden wohl die Bildung eines "Kartells", das die Preise für nuklearen Brennstoff bestimmen könnte, kaum zulassen. Ohnehin ist fraglich, inwiefern sich Staaten an ein Verbot zur Urananreicherung halten würden. Auch wenn der Herstellungsprozess hochkomplex ist, das Know-How ist weltweit verfügbar.

Pikante Details wurden bekannt, nachdem Libyen sein heimliches Atomprogramm offen gelegt hatte. So kam zu Tage, dass pakistanische Wissenschaftler durch Lieferungen von Zentrifugen an Iran, Libyen und vermutlich Nordkorea zur Verbreitung der Anreicherungstechnologie beigetragen haben. International für Unruhe sorgte der Fall Abdul Khan. Der "Vater der pakistanischen Bombe" arbeitete in den 1970er Jahren als Ingenieur und Übersetzer bei Urenco und verschaffte Pakistan Blaupausen für sein Kernwaffenprogramm. Laut IAEO verfügen derzeit mindestens 40 Staaten über das Fachwissen zum Bau von Atomwaffen.