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Angriff auf die Netzneutralität?

Marcus Lütticke5. Mai 2013

Die Telekom hat angekündigt, ab 2016 das Datenvolumen bei sogenannten "Flatrates" zu begrenzen. Nur ein hauseigenes Paket soll davon ausgenommen sein. Kritiker sehen einen Angriff auf die Neutralität des Netzes.

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Der Stecker eines Netzwerkkabels (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist schon ungewöhnlich, dass der Vorstand eines DAX-Konzerns einen Schüler zum fachlichen Meinungsaustausch empfängt. Etwa eine dreiviertel Stunde nahm sich Niek Jan van Damme, Deutschland-Chef der Telekom, Zeit, um mit dem 18-jährigen Düsseldorfer Malte Götz über Netzneutralität und die Pläne des Bonner Unternehmens zur Drosselung der Surfgeschwindigkeit zu diskutieren. Der Abiturient ist Initiator einer Online-Petition gegen die Telekom-Pläne, der sich bereits knapp 170.000 Unterzeichner angeschlossen haben.

"Direkt nachdem ich die Nachricht gelesen habe, kam mir der Gedanke, dass man dagegen etwas machen müsse", so Götz im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Nachdem wir über 100.000 Unterschriften hatten, haben wir die Telekom kontaktiert. Die haben dann einen Termin für die Übergabe organisiert." Der Konzern, so Götz, habe ihn freundlich empfangen und man sei offen für seine Anregungen gewesen. Jedoch habe sich im Gespräch gezeigt, dass man unterschiedliche Auffassungen von Netzneutralität habe.

Portrait von Malte Götz (Foto: privat)
Malte Götz hat es mit seiner Petition bis zum Vorstand der Telekom geschafftBild: privat

Volumenbegrenzung im Mobilfunk Standard

Die Kritik an den Plänen der Deutschen Telekom verläuft auf zwei Ebenen. Erstens empfinden es viele Internetnutzer als Rückschritt, die "echten" Flatrates, also Tarife ohne Drosselung der Geschwindigkeit ab einem bestimmten Datenvolumen, abzuschaffen. Wer das Inklusivvolumen erhöhen möchte (im Basisvertrag 75 Gigabyte), zahlt nach den derzeitigen Plänen bald zusätzlich. Eine solche Volumenbegrenzung ist im Mobilfunk bereits Standard, im Festnetz jedoch bisher die Ausnahme.

Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die bevorzuge Behandlung eigener Inhalte des Konzerns. So soll das "Entertain"-Paket der Telekom, mit dem Fernsehinhalte über das Internet angeboten werden, nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet werden. Gleiches soll für Sprachtelefonie über den Telekom-Anschluss gelten, das sogenannte "Voice over IP".

Dunkle Wolken über der Telekom-Zentrale in Bonn (Foto: picture-alliance/dpa)
Die Zentrale der Deutschen Telekom in BonnBild: picture-alliance/ dpa

"Entertain" kein regulärer Internetdienst?

"Tendenziell könnte sich das zum Nachteil der Netzneutralität auswirken", so Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Unter Netzneutralität versteht man, dass alle Datenpakete im Netz gleich behandelt werden, unabhängig davon, woher sie stammen und was Inhalt der Pakete ist. Die Telekom argumentiert, dass "Entertain" kein regulärer Internetdienst sei, und deshalb gesondert behandelt werden dürfe.

Der Konflikt, der hierdurch zu Tage tritt, geht viel tiefer. Seit langem tobt ein Streit zwischen den Anbietern von Inhalten, besonders im Bereich Video, und den "Carriern", den Betreibern der Netze. "Die Carrier sagen: Mensch, das kann nicht sein. Ihr verdient hier das viele Geld und wir bauen dafür die Netze aus", so Gerpott.

Portrait von Prof. Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen (Foto: privat)
Prof. Torsten Gerpott ist Mitglied des Arbeitskreises Regulierung der BundesnetzagenturBild: Telekom

Streaming-Anbieter sollen zahlen

Jüngste Äußerungen von Telekom-Deutschland-Chef van Damme über Filmstreaming-Dienste wie Maxdome oder Lovefilm machen genau dies deutlich: "Wir sind offen für Gespräche mit diesen Anbietern, um ihre Angebote in Entertain zu integrieren oder neue Kooperationsmodelle zu finden. Einen Teil dieser Erlöse würden wir dann in den Netzausbau investieren können. Dann ist es auch denkbar, dass die Sendungen nicht das Datenvolumen der Nutzer verbrauchen", so van Damme in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt". Anbieter bestimmter Inhalte und deren Kunden müssten dann die Telekom zusätzlich dafür bezahlen, dass ihre Inhalte in hoher Geschwindigkeit transportiert werden.

Die große Resonanz auf die Petition von Malte Götz und das Ausmaß der Kritik an den Plänen der Telekom lässt es fraglich erscheinen, ob diese nun auch tatsächlich so umgesetzt werden. Der US-Kabelnetzbetreiber Comcast versuchte in der Vergangenheit ebenfalls, das Datenvolumen seiner Nutzer zu beschränken. Als viele Kunden ihre Verträge kündigten und zur Konkurrenz wanderten, machte das Unternehmen einen Rückzieher.