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Ein Land zerfällt

26. Juni 2014

Iraks Premier Al-Maliki will seine Macht partout nicht teilen. Damit blockiert er nicht nur eine politische Lösung der Krise, sondern verschärft sie sogar. Der Bundesaußenminister befürchtet bereits das Schlimmste.

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Kampf um Baidschi Öl-Raffinerie im Irak
Bild: picture-alliance/dpa

Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor einem Zerfall des Iraks. In der Haushaltsdebatte des Bundestags forderte der deutsche Außenminister erneut die Bildung einer neuen Regierung in Bagdad, in der "alle Regionen und Religionen des Landes" vertreten sind. Nur dann könne es eine politische Lösung geben. Die Weigerung des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, trotz des Vormarsches der extremistischen ISIS-Milizen eine solche Einheitsregierung aufzustellen, habe er deshalb "mit einiger Sorge" gehört.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Bundestag (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Wir müssen den Nachbarstaaten deutlich machen, dass keiner ein Interesse am Zerfall der staatlichen Autorität haben könnte", sagte der Außenminister in der Debatte am Mittwochabend. "Es würde alles nur noch schlimmer machen." Ziel müsse deshalb sein, die "Explosivkraft dieses Konflikts" zu entschärfen.

Kerry ist düpiert

Steinmeiers US-Kollege John Kerry hatte in den vergangenen Tagen sein ganzes politisches Gewicht in eine Initiative für die Einheitsregierung gelegt. Er war zuerst überraschend nach Bagdad, dann in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak gereist, um den führenden Politikern des Landes ins Gewissen zu reden.

Und der US-Außenminister hinterließ eine klare Botschaft: Der Irak braucht so schnell wie mögliche eine Einheitsregierung - nur so kann der Zerfall des Landes gestoppt und die ISIS-Milizen aufgehalten werden. Kurz sah es so aus, als könnte seine Mission erfolgreich sein.

US-Außenminister Kerry und Iraks Premier Al-Maliki (Foto: Getty Images)
Kerry und Al Maliki am Montag in BagdadBild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images

Am Dienstag verkündete Kerry, die führenden Politiker des Landes seien zur Bildung einer Einheitsregierung bereit. In ihr sollen Schiiten, Sunniten und Kurden gleichermaßen vertreten sein. Doch einen Tag später trat Regierungschef al-Maliki zu seiner wöchentlichen Ansprache vor die Kamera und machte unmissverständlich klar: Eine "Regierung der nationalen Rettung" lehnt er genauso ab wie seinen Rücktritt. Die Krise im Irak wird damit noch größer.

Viele Vorwürfe gegen al-Maliki

Al-Maliki ist seit 2006 im Amt. Ihm wird seit langem vorgeworfen, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere die Sunniten. Schon früher gab es Versuche, ihn zu stürzen, die jedoch allesamt scheiterten. Die Liste der Vorwürfe gegen den 64 Jahre alten Schiiten ist lang: Seine Regierung diskriminiere die Sunniten und verweigere ihnen hohe Ämter, heißt es. Al-Maliki regiere wie ein Autokrat, nicht wie ein Demokrat. Der gesamte Irak sei durch Stillstand in der Politik gelähmt. Dennoch strebt Al-Maliki eine dritte Amtszeit an.

Der Irak ist geteilt

Gut zwei Wochen nach Beginn des Vormarsches der ISIS-Milizen steht das Land vor einer Teilung. Die Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) kontrolliert zusammen mit ihren lokalen Verbündeten im Norden und Westen weite Teile des Landes. Im irakischen Süden liegen die überwiegend schiitischen Gebiete, während die Kurden längst eine sehr weitgehende Autonomie genießen.

Ungeachtet der massiven ISIS-Erfolge hat sich der einflussreiche irakische Schiitenführer Moktada al-Sadr vehement gegen die Präsenz von US-Militärberatern in seinem Land ausgesprochen. Die USA seien ein "Besatzerstaat", sagte al-Sadr am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. Er werde "nur internationale Hilfe für die irakische Armee akzeptieren, die nicht von Besatzerstaaten kommt". Während der jahrelangen US-Präsenz im Irak war die etwa 60.000 Mann starke Mahdi-Armee von al-Sadr lange der mächtigste Gegner der US-Truppen.

Washington bemüht sich zurzeit, die irakische Regierung im Kampf gegen die Dschihadisten zu unterstützen. Erst am Dienstag hatten die ersten US-Militärberater ihre Arbeit im Irak aufgenommen.

rb/sti (afp, ap, dpa, rtr)