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Fitschen Anklage

Klaus Ulrich (mit dpa, rtr)23. September 2014

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Jürgen Fitschen, den Co-Chef der Deutschen Bank. Dem Top-Manager droht ein Prozess. Wieder einmal geht es um den Fall Kirch.

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Jürgen Fitschen (Foto: Getty Images/Thomas Lohnes)
Bild: Getty Images/Thomas Lohnes

Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft dem amtierenden Co-Chef der Deutschen Bank sowie seinen Vorgängern Rolf Breuer und Josef Ackermann unrichtige Zeugenaussagen vor. Auch ein weiterer Ex-Vorstand und Ex-Aufsichtsratschef Clemens Börsig wurden von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin in München.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Manager mit falschen Angaben vor Gericht Schadenersatzzahlungen an die Erben des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch verhindern wollten. Da die Bank am Ende doch zahlte, geht es nur um versuchten Prozessbetrug. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Kein eigener Straftatbestand

Der Prozessbetrug ist kein eigener Straftatbestand im Strafgesetz. Er fällt vielmehr unter den "normalen" Betrug, der im Paragraf 263 geregelt ist. Dort heißt es: "Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft." In einem besonders schweren Fall ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich.

Die Deutsche Bank verwies auf Anfrage auf frühere Äußerungen, wonach sie davon überzeugt ist, dass sich der Verdacht gegen Jürgen Fitschen als unbegründet erweisen werde. Fitschen führt die Deutsche Bank seit Juni 2012 gemeinsam mit Anshu Jain und gilt als einer der wichtigsten Wirtschaftsbosse in Deutschland.

Deutsche Bank auch betroffen

Die Staatsanwaltschaft stellte klar, dass mit der Anklage gegen die einzelnen Manager auch die "Nebenbeteiligung" der Deutschen Bank als Aktiengesellschaft anzuordnen sei. Denn "Begeht ein Vorstand einer Aktiengesellschaft eine vorsätzliche Straftat und werden hierdurch Pflichten der Gesellschaft verletzt, so kann gegen die Aktiengesellschaft selbst eine Geldbuße bis zu einer Million Euro verhängt werden."

Nach der Erhebung der Anklage muss das Landgericht München im nächsten Schritt entscheiden, ob diese zugelassen wird und es somit zum Prozess kommt. Die Entscheidung könnte allerdings noch Monate dauern. Ein Prozess würde somit nicht vor dem kommenden Jahr beginnen. Als Angeklagte müssten Fitschen, Ackermann, Breuer und die anderen Beteiligten dann persönlich vor Gericht erscheinen.

Nicht der erste Bankchef auf der Anklagebank

Fitschen wäre nicht der erste amtierende Bankchef auf der Anklagebank. Denn Vorgänger Josef Ackermann musste im Januar 2004 im Mannesmann-Prozess vor Gericht erscheinen. Das zwang den Schweizer über Monate, sein Frankfurter Büro an vielen Tagen gegen den Düsseldorfer Gerichtssaal zu tauschen. Erst nach fast drei Jahren stellte das Landgericht den Mammutprozess um umstrittene Prämien- und Pensionsbeschlüsse im Zusammenhang mit der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone gegen eine Geldauflage ein. Ackermann musste 3,2 Millionen Euro zahlen.

Leo Kirch Medienunternehmer Kirch-Gruppe (Foto: dpa)
Der verstorbene Medienunternehmer Leo KirchBild: picture-alliance/dpa

Streit mit den Kirch-Erben

Das Verfahren ist die letzte offene Baustelle der Deutschen Bank im Streit mit den Kirch-Erben. Leo Kirch, der 2011 verstarb, und später seine Erben machten die Bank für den Zusammenbruch des Medienimperiums von Kirch im Jahr 2002 verantwortlich und überzogen das Geldhaus mit Prozessen.

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München hatten die Erben Erfolg. Nach einer langen Beweisaufnahme verurteilte das OLG die Bank kurz vor Weihnachten 2012 zu Schadenersatz. Im Februar 2014 schließlich schlossen beide Seiten einen Vergleich. Gegen Zahlung von rund 925 Millionen Euro einigte sich die Bank mit den Kirch-Erben auf ein gütliches Ende der Dauerfehde. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Manager liefen aber trotzdem weiter.