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Kriminalität

Anklage wegen "NSU 2.0"-Drohschreiben erhoben

28. Oktober 2021

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat wegen einer Serie von Drohschreiben mit der Unterschrift "NSU 2.0" Anklage erhoben. Einem 53-Jährigen wird unter anderem Beleidigung, Bedrohung und Volksverhetzung zur Last gelegt.

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Deutschland | Das Amts- und Landgericht Frankfurt am Main (Gebaeude B)
Hier muss sich der Angeklagte verantworten: das Amts- und Landgericht Frankfurt am MainBild: Florian Gaul/greatif/picture alliance

Der Mann wurde am 3. Mai in seiner Berliner Wohnung festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Er steht im Verdacht, reihenweise Drohschreiben verschickt haben, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren - offenbar in Anspielung auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Zuständig ist die Strafkammer des Landgerichts Frankfurt. Die Anklageschrift umfasst 120 Seiten. Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main mitteilte, bestreitet der Angeklagte die Tatvorwürfe.

Der Angeschuldigte soll zwischen August 2018 und März 2021 insgesamt 116 selbst verfasste Drohschreiben verschickt haben - per E-Mail, Fax oder SMS. Dabei habe er regelmäßig die Grußformel "Heil Hitler" verwendet sowie sich selbst "SS-Obersturmbannführer" genannt.

Empfänger waren Privatpersonen, Personen des öffentlichen Lebens, eine Frankfurter Anwältin, Künstlerinnen, Menschenrechtsaktivistinnen sowie Behörden und Institutionen. Die Schreiben enthielten massive verbale Beleidigungen wie "Abfallprodukte", "Volksschädling" oder drastische Schimpfwörter gegen Menschen mit türkischen Wurzeln. Gedroht wurde unter anderem mit "Verpiss dich lieber, solange du hier noch lebend rauskommst" oder damit, dass Familienangehörige "mit barbarischer sadistischer Härte abgeschlachtet" würden.

Drohschreiben nur an Frauen

Zur Verstärkung der Drohwirkung soll der Verfasser nicht frei zugängliche Daten der ausschließlich weiblichen Adressatinnen genannt haben. "Nach dem Ergebnis der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er diese unter Einsatz einer Legende erlangt hat, indem er vorgab, Bediensteter einer Behörde zu sein", hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft.

Hasskriminalität im Netz

Einige Daten seiner Opfer soll der erwerbslose Mann telefonisch bei hessischen Polizeidienststellen erschlichen haben. Bei einer Berliner Zeitung soll er sich zudem als Polizist ausgegeben und so eine Handynummer in Erfahrung gebracht haben. Spuren wiesen deshalb immer wieder zur Polizei selbst. Der Anfangsverdacht, Polizeibeamte könnten an der Datenabfrage beteiligt gewesen sein, bestätigte sich laut Staatsanwaltschaft nicht.

Auch Würgehölzer sichergestellt

Bei der Festnahme des Verdächtigen am 3. Mai wurden neben elektronischen und schriftlichen Unterlagen auch mehrere Datenträger mit kinder- und jugendpornografischem Bild- und Videomaterial sowie zwei dem Waffengesetz unterliegende Würgehölzer beschlagnahmt.

Dem Mann werden in 67 Fällen folgende Vergehen zur Last gelegt: Beleidigung, versuchte Nötigung, Bedrohung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz.

Der Beschuldigte ist den Ermittlern zufolge vorbestraft und wurde zuletzt 2014 verurteilt. Bereits im Jahr 1992 gab er sich als Kriminalbeamter aus und wurde in diesem Zusammenhang wegen Amtsanmaßung verurteilt. Auf seine Spur kamen die Ermittler nach eigenen Angaben durch akribische Ermittlungsarbeit vor allem in Internetblogs und -foren. Das Landgericht Frankfurt entscheidet nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens.

kle/ehl (dpa, afp)