Anna Margraf: Deutschland - Australien und zurück
5. Dezember 2022"Ich hatte immer das Gefühl, dass die Bundesliga eine der besten Frauen-Ligen der Welt ist", sagt Anna Margraf. Die 21-Jährige ist zwar mehr als 15.000 Kilometer von ihrer Heimatstadt Alstonville im australischen Bundesstaat New South Wales entfernt, aber Fußballspielen in Deutschland stand immer ganz oben auf der Wunschliste der Stürmerin vom SV Meppen. "Es ist immer noch ziemlich surreal für mich, dass mein Traum endlich wahr geworden ist."
Dass Margraf auch in Australien den deutschen Fußball stets auf dem Schirm hatte, verwundert etwas weniger, wenn man weiß, dass Deutschland ihr Geburtsland ist. Allerdings zog sie bereits im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Australien. "In der Bundesliga zu spielen, war einer meiner Träume", sagt Margraf der DW. "Ich bin damit aufgewachsen, das Männerteam von Bayern München spielen zu sehen."
Geplatzter Traum in Hoffenheim
Ende 2019 schaffte Margraf mit 17 Jahren beim australischen Erstligisten Brisbane Roar ihren Durchbruch. Die Stürmerin kam in sechs der zwölf Liga-Spiele des Teams zum Einsatz und sammelte 410 Einsatzminuten an der Seite der australischen Nationalspielerinnen Katrina Gorry, Hayley Raso und Clare Polkinghorne.
Da Margraf jedoch eine Profikarriere in der Bundesliga anstrebte, verschwendete sie nach dem Ende der australischen Saison keine Zeit und begann, sich nach Möglichkeiten bei europäischen Vereinen umzusehen. Im März 2020 reiste Margraf tatsächlich für ein Probetraining zur TSG Hoffenheim. Sie nahm dafür einen strapaziösen 23-Stunden-Flug auf sich, nur um am Abend vor ihrem großen Test zu erfahren, dass das Probetraining abgesagt wurde, weil die Welt wegen der Corona-Pandemie zusammenbrach.
Trotz der großen Enttäuschung über die verpasste Chance erwies sich der Rückschlag für Margraf letztlich aber als Glück im Unglück: Zur Saison 2021/22 kehrte sie zu Brisbane Roar zurück, wo ihr neuer Trainer Garrath McPherson Vertrauen in ihre Fähigkeiten setzte. In 14 Spielen erzielte die Angreiferin drei Tore und beeindruckte vor allem durch ihr Zusammenspiel mit den offensiven Mittelfeldspielerinnen.
Enttäuschung wird zur Chance
"Am Ende war es wichtig, nach Australien zurückzukehren und die letzte Saison in der A-League zu spielen", sagt Margraf. Doch blieb der Wunsch, nach Deutschland zu wechseln - auch wegen der Strukturen im Profifußball. "In der australischen Liga gibt es keine Sicherheit", sagt Margraf. "Viele Spielerinnen arbeiten und studieren neben dem Fußballspielen."
Zwar täten das Spielerinnen im Ausland auch, aber mit saisonübergreifenden Verträgen bedeutete es zumindest, dass man nicht monatelang von der Mannschaft getrennt sei, statt alleine trainieren zu müssen, um fit genug zu bleiben. "Deshalb war ich so motiviert [nach Deutschland zu kommen, Anm.d.Red.], und ich wusste, dass ich bei der nächsten Gelegenheit zuschlagen würde."
Nervöser, aber vielversprechender Anfang
Als Meppen in der vergangenen Saison in der 2. Bundesliga den Titel holte, nahm Margrafs Agent Kontakt mit dem deutschen Verein auf. Als sie erfuhr, dass der Klub ihr einen Vertrag anbieten wolle und sie damit im Alter von nur 21 Jahren ihr großes Ziel erreichen könnte, teilte sie die Nachricht als Erstes ihrem älteren Bruder mit, der schon lange ihre Liebe und Leidenschaft für den Fußball und die Bundesliga teilt.
Nach einer erfolgreichen letzten Saison in Brisbane war Margraf voller Zuversicht, doch die Anpassung an ein neues Land und eine neue Liga hat dann natürlich Zeit in Anspruch genommen. "Wenn man zu einem kleinen Verein wie Meppen kommt, muss man in der Liga doppelt so hart arbeiten", sagt Margraf. "Bei meiner ersten Trainingseinheit war ich wirklich nervös, weil ich nicht sicher war, ob ich das Niveau der Bundesliga erreichen würde."
"Verdammter Wahnsinn"
"Das Tempo hier ist ganz anders als in Australien und die Spielerinnen hier sind viel technischer. Das Spiel in Deutschland ist mehr auf einen 'Tika-Taka'-Spielstil ausgerichtet", beschreibt sie die Unterschiede und erinnert sich an ihr erstes Spiel. "Als ich eingewechselt wurde. war ich etwas überrascht von dem Tempo des Spiels." Doch der Unterschied sei nicht so groß gewesen, "dass ich das Gefühl hatte, in der Liga nicht mithalten zu können."
Und eine weitere Erinnerung wird sie für immer behalten und das Glücksgefühl dieses Moments nicht vergessen: Am 7. Spieltag erzielte sie gegen Werder Bremen ihr erstes Bundesliga-Tor. "Es war", sagt Margraf strahlend, "der verdammte Wahnsinn!"
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.