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Apple: Autonome Autos ausgebremst

Dirk Kaufmann mit Agenturen
1. März 2024

Tech-Gigant Apple hat sein Entwicklungsprogramm "Project Titan" beendet: Die Kalifornier wollen jetzt doch keine autonom fahrenden Autos selbst bauen. Für herkömmliche Autobauer ist das kein Grund zum Trauern.

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Ein zum selbstfahrenden Fahrzeug umgebauter Testwagen von Apple  im Silicon Valley
Ab in die Garage: Ein selbstfahrender Testwagen von Apple ist im Silicon Valley unterwegsBild: Andrej Sokolow/dpa/picture alliance

Neben vielen, teilweise auch selbstgemachten Problemen schwebt über den traditionellen Autobauern in Europa, Asien und den USA eine Art Damoklesschwert: Die Angst, dass Tech-Konzerne sie an den Rand des Marktes für die individuelle Mobilität drängen könnten. Dafür standen die Initiativen von Apple und Google, eigene Autos zu bauen, die auch autonom fahren können.

Die Autobauer sahen sich in dieser Zukunftsvision nur als noch Hardware-Zulieferer, die die motorisierten Untersätze für die "fahrenden Smartphones" hätten bauen dürfen. Diese Befürchtungen könnten sich erledigt haben. Der iPhone-Konzern Apple aus Kalifornien hat seine Arbeit an einem eigenen E-Auto, Projektname Titan, aufgegeben, wie die Nachrichtenagentur Reuters kürzlich meldete.

Ein Teil der Auto-Entwickler aus dem etwa 2000 Mitarbeiter umfassenden Apple-Team werde stattdessen an KI-Software arbeiten, hatte bereits zuvor das Wall Street Journal geschrieben. Das könnte mehrere hundert Hardware-Entwickler betreffen, berichtete der Nachrichtendienst Bloomberg. Es werde aber auch Entlassungen geben. Viel zukunftsträchtiger und lohnender sei das Thema "generative KI": Es geht darum, mit Programmen wie ChatGPT aus einer immer schneller anwachsenden Menge von Informationen neue Inhalte zu erzeugen.

Ein autonomer Apple-Testwagen in dichtem Verkehr
Ein autonomer Apple-Testwagen in dichtem Verkehr - dieses Experiment geht jetzt zu EndeBild: Sundry photography/IMAGO

Eben doch ein schwieriger Markt

Viele Branchenkenner hatten die Bemühungen Apples, selbst zum Autobauer zu werden, generell zurückhaltend betrachtet. Zu verschieden seien die Geschäftsmodelle von Autobranche und Tech-Industrie. Beim Autobau könne man nicht einfach kompakte Elektronik-Pakete per Post zustellen oder dem Kunden per digitalem Update überspielen. Es müsste große und schwere "Hardware" über den ganzen Globus verschifft werden, die auch regelmäßig gewartet werden muss.

Außerdem dauern die Entwicklungszyklen von Automobilen - auch wegen vielfältiger Regulierungsvorschriften - nicht einige Wochen oder Monate, sondern Jahre. Zudem sind die Gewinnmargen in der Autobranche sehr viel niedriger als in Apples Elektronikgeschäft. Und die Autobauer hatten von Anfang an darauf hingewiesen, dass es nicht einfach sei, ein Auto zu bauen und zu verkaufen.

Es hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Spekulationen gegeben, Apple könnte seine Entwicklungsbemühungen vereinfachen, in dem man etwa einen großen Zuliefererbetrieb übernähme oder einen Autohersteller kaufte. In diesem Zusammenhang wurde häufig über Kontakte zu McLaren spekuliert. Der Gründer des Elektroautobauers Tesla, der südafrikanische Multi-Unternehmer Elon Musk, hatte behauptet, zum Produktionsstart seines Model 3 Apple ein Angebot zum Kauf seiner Autoentwicklungssparte gemacht zu haben. Apple-Chef Tim Cook sei aber nicht einmal an einem Treffen interessiert gewesen.

Lenkrad eines selbst!-fahrenden Mercedes , bei Anwendung des Drive Pilots
Nicht nur Tech-Konzerne arbeiten am autonomen Fahren, auch traditionelle Autobauer sind nicht untätigBild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

Milliarden versenkt?

Titan soll den iPhone-Konzern, so berichtet jedenfalls die New York Times, mehr als zehn Milliarden Dollar gekostet haben. Bloomberg hatte die Kosten für das Apple-Auto auf eine Milliarde Dollar im Jahr taxiert. Andere Marktbeobachter, wie etwa die Analytiker von Guidehouse, schätzen, Apple habe 15 bis 20 Milliarden Dollar in die Entwicklung investieren wollen. Geld, das nun für andere Projekte frei wird - auch im Autobereich. Erik Woodring von Morgan Stanley etwa schrieb, das Aus werde nun "erstens Ressourcen freisetzen, die für wichtigere Themen wie Künstliche Intelligenz genutzt werden können. Zweitens zeigt es Kostendisziplin."

Der Aktienmarkt reagierte auf die Meldung mit einer gewissen Erleichterung, ohne dass die Entwicklung für große Kurssprünge sorgte. Ein kleiner Anstieg der Apple-Aktie direkt nach Bekanntwerden der Entscheidung deutete die Erleichterung der Anleger darüber an, dass der Konzern ein teures Abenteuer mit ungewissem Ausgang beerdigen wird.

"Eine gute Entscheidung"

Aus Investorensicht ist das Ende von Apples Autoprojekt folgerichtig und konsequent. Jonathan Curtis, CIO (Chief Investment Officer) des US-basierten Fondsverwalters Franklin Templeton, sagte dem deutschen Wirtschaftsmagazin Handelsblatt, es sei richtig gewesen, dass Apple sich im Autogeschäft engagiert habe. Autos seien heutzutage ja im Wesentlichen "Computer auf Rädern". Seine Fonds habe daher auch Milliarden in Apple investiert.

Nun aber, so Curtis, müsse Apple sich darum kümmern, dass die KI seiner iPhones funktioniert. Dabei verweist er auf einen Apple-untypischen Flop: "Was ist eines der schlechtesten Produkte, die Apple in den letzten zehn Jahren herausgebracht hat? Siri", so Curtis zu Apples Sprachassistenten. "Repariert Apple Siri, dann könnten sie einen massiven neuen iPhone-Zyklus in Gang setzen." Dann könnten die Kalifornier auch neue Dienstleistungen mit wahrem Mehrwert rund um Siri verkaufen. Daher, so Curtis zum Handelsblatt, sei das "Aus für das Autoprojekt eine gute Entscheidung".

Dafür sollen nun die Programmierer aus dem aufgelösten Autoprojekt sorgen. Tim Cook, CEO des i-Imperiums aus Cupertino, hatte bei der jüngsten Online-Hauptversammlung neue KI-Funktionen von Apple angekündigt. Einen Ausblick auf Software-Neuerungen für Apple-Geräte gibt es traditionell auf der Entwicklerkonferenz WWDC im Juni.