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KonflikteArmenien

Armenien wirft Aserbaidschan "ethnische Säuberungen" vor

22. September 2023

Nach der Eroberung Berg-Karabachs liefern sich Armenien und Aserbaidschan im UN-Sicherheitsrat einen Schlagabtausch. Bundesaußenministerin Baerbock schließt sich dabei der armenischen Kritik an.

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Menschen vor mehreren Zelten
Auffanglager für evakuierte ZivilistenBild: Russian Defence Ministry/TASS/IMAGO

Die Vorwürfe Armeniens wiegen schwer. Vor dem UN-Sicherheitsrat in New York spricht der armenische Außenminister Ararat Mirzoyan von sogenannten ethnischen Säuberungen, die aserbaidschanische Truppen bei der Eroberung der von Armeniern bewohnten Kaukasusregion Berg-Karabach vorgenommen hätten. Nach den Worten Mirzoyans wurden im Zuge der militärischen Offensive am Dienstag mehr als 10.000 Menschen gewaltsam vertrieben, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, die ohne Nahrung und andere Lebensmittel im Freien leben müssten. Tausende Familien seien auseinandergerissen worden.

Die Lage sei bereits seit längerem alarmierend gewesen. Die internationale Gemeinschaft habe sich aber geweigert, die Alarmzeichen ernst genug zu nehmen, beklagte der armenische Minister. Der UN-Sicherheitsrat habe in der Vergangenheit nicht angemessen reagiert. "Die Rechte und die Sicherheit des armenischen Volkes von Berg-Karabach müssen angemessen berücksichtigt und international garantiert werden", forderte Mirzoyan vor dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock spricht im UN-Sicherheitsrat
Gebannt hört Armeniens Außenminister Mirzoyan (r.) der Wortmeldung seiner deutschen Kollegin Baerbock zuBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Unterstützung für die armenische Sichtweise kam im UN-Sicherheitsrat unter anderen von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie kritisierte den großangelegten Militäreinsatz Aserbaidschans scharf und forderte Schutz für die Zivilbevölkerung. "Wir haben Berichte über eine Waffenruhe zur Kenntnis genommen, aber was wir brauchen, ist ein vollständiges Ende der Gewalt", sagte die Ministerin. Sie warf Aserbaidschan zudem vor, Fakten jenseits des Verhandlungstisches geschaffen zu haben, aber nur dort könne ein dauerhafter Frieden erreicht werden. 

Aserbaidschan rechtfertigt "Anti-Terror-Einsatz"

Aserbaidschans Außenminister Jeyhun Bayramov hielt dagegen: "Was Armenien der internationalen Gemeinschaft als Angriff auf friedliche Bewohner darzustellen versucht, sind in Wirklichkeit Anti-Terror-Maßnahmen Aserbaidschans." Es gebe Tausende Einheiten Armeniens in der Region. Diese seien mit schweren Waffen wie Panzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen, Artilleriegeschützen, Mehrfachraketenwerfern, Mörsern sowie elektromagnetischen Waffen ausgestattet.

Verhandlungen im Konflikt um Berg-Karabach

Diese Truppen hätten die Streitkräfte Aserbaidschans immer wieder beschossen, ihre Kampfstellungen befestigt sowie Schützengräben und Militärunterkünfte gebaut, sagte Bayramov vor dem UN-Sicherheitsrat und hielt dabei Fotos hoch, die seine Worte untermauern sollten. In der Folge sei es zum Angriff auf diese gekommen, wobei innerhalb von 24 Stunden mehr als 90 Außenposten, 20 Kampffahrzeuge, 40 Artilleriegeschütze, 30 Mörser und zwei Flugabwehrraketensysteme zerstört worden seien. Armenien allein trage die Verantwortung für die Vorfälle. 

Aserbaidschan hatte die auf seinem Staatsgebiet gelegene, mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach am Dienstag mit Raketen und Artillerie angegriffen, um sie zu erobern. Am Mittwoch gaben die militärisch unterlegenen Armenier auf. Viele von ihnen befürchten nun, aus ihrer Heimat vertrieben oder zum Ziel aserbaidschanischer Gewalt zu werden. Bei den Kämpfen sind laut armenischen Medien mindestens 200 Menschen getötet und mehr als 400 verletzt worden.

djo/se (afp, dpa, kna)