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"Schlechter als im Kalten Krieg"

Bruce Konviser/ cb1. April 2016

In Washington tagen über 50 Staats- und Regierungschefs, um über nukleare Sicherheit zu beraten. Doch es fehlt eine wichtige Atommacht, Russland. Atomwaffenexpertin Unal erklärt im Interview, warum Putin zuhause bleibt.

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Wladimir Putin. (Foto: Reuters/A. Nikolskyi/Sputnik/Kremlin)
Bild: Reuters/A. Nikolskyi/Sputnik/Kremlin

DW: Die Spannungen zwischen Moskau und dem Westen, speziell den USA, sind bekannt. Aber warum genau, glauben Sie, hat Russland beschlossen, nicht am Atomsicherheitsgipfel in Washington teilzunehmen?

Beyza Unal: Das hat politische Gründe. Russland und die USA haben in den letzten Jahren nicht gut zusammengearbeitet. Und der Gipfel ist ein amerikanisches Forum, kein internationales. Es wäre einfacher für Russland, wenn der Gipfel von der UN organisiert wäre. Aber so ist es jetzt ein Spiel um politischen Einfluss.

Auch zwischen der NATO und Russland läuft es nicht gut. Verglichen mit dem Kalten Krieg ist die Zusammenarbeit im Bereich Waffenkontrolle heute sogar schlechter als damals. Die Länder können schließlich zu nichts gezwungen werden. Selbst auf dem Gipfel picken sich die Teilnehmer die Maßnahmen heraus, zu denen sie bereit sind.

Russland hat den größten Vorrat an Nuklearmaterial auf der Welt. Wie sinnvoll ist da ein Atomsicherheitsgipfel ohne Moskau?

Das hat schon Vorteile, da Russland nicht festlegt, wo es in Zukunft lang geht. Mehr als 50 Länder sprechen jetzt darüber, wie man Nuklearmaterial sichern kann. Und wenn Russland wieder dazustoßen will, kann es das tun.

Welche Sicherheitsmaßnahmen sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig?

Grundlegend ist der materielle Schutz wichtig, also Zäune. Und dass man festhält, wer in Atomkraftwerken ein und aus geht. Auch Transparenz ist extrem wichtig: Man muss immer festhalten, wo sich radioaktives Material befindet.

Die größten Schwierigkeiten sind die Kosten - und ein fehlendes Bewusstsein dafür, dass man angreifbar ist. Es muss auch Trainingseinheiten für Angestellte geben, um bei diesen ebenfalls das Gefahrenbewusstsein zu steigern.

Beyza Unal, Expertin für Nuklearwaffenpolitik. (Foto: Chatham House)
Unal: Das Bewusstsein für eine mögliche Gefahr durch Terroristen muss gesteigert werdenBild: Chatham House

In den vergangenen 20 Jahren wurden Berichten zufolge fast 3000 Fälle registriert, in denen Nuklearmaterial verschwunden ist. Auch wenn es sich 'nur' rund 400 Mal um Diebstahl gehandelt hat - warum gab es bisher keinen Terroranschlag mit einer sogenannten schmutzigen, also einer radioaktiven Bombe, zum Beispiel von der Terrormiliz "Islamischer Staat"?

Ich denke, die Terroristen haben nicht genug Material zusammenbekommen und wissen nicht, wie man eine solche Bombe baut. Einige radioaktive Stoffe zerfallen auch nach acht Tagen und können danach nicht mehr benutzt werden.

Sie haben vergangenen Oktober geschrieben, dass Russland besser mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammenarbeiten soll. Das Land solle mehr Details über illegalen Handel von Nuklearmaterial offenlegen und in der dafür vorgesehen Datenbank der IAEO festhalten. Wo genau liegt das Problem und was muss Russland anders machen?

Wir wissen, dass Russland Diebstähle nicht meldet, weil wir erst hinterher von ihnen erfahren. Da taucht radioaktives Material wieder auf, von dem nicht bekannt war, dass es überhaupt verschwunden war. Ich glaube, das ist eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit Russlands. Das Land will nicht, dass die Welt sieht, dass es manchmal verwundbar ist oder dass seine Sicherheitssysteme an einigen Stellen Schwächen haben.

Sie müssen diese Informationen aber teilen, weil der Rest der Welt wissen muss, was verschwunden ist. Russland arbeitet seit Jahrzehnten an seiner Atomsicherheit. Generell sind sie gut darin, aber sie vertrauen internationalen Institutionen nicht.

Moskau hat von sich aus entschieden, nicht am Atomsicherheitsgipfel in Washington teilzunehmen. Der Iran ist nicht dabei, weil er gar nicht erst eingeladen wurde. Warum?

In der Vergangenheit wurde der Iran wegen der Sanktionen nicht eingeladen, die dem Land wegen seines Atomprogramms auferlegt waren. Trotz des kürzlich erreichten Abkommens, nach dem die schwersten Sanktionen aufgehoben wurden, weil Inspektoren ins Land gelassen werden, wird der Iran immer noch für seine Beziehungen zu nicht-staatlichen Akteuren kritisiert. Dazu gehören zum Beispiel Hamas und Hisbollah.

Nordkorea (ein Land, das ebenfalls nicht zum Gipfel eingeladen wurde, Anm. d. Red. ) ist dagegen ein totaler Außenseiter. Sie haben keinerlei internationale Verträge unterschrieben. Experten schätzen es außerdem nicht als realistisches Risiko ein, dass Terroristen an Nuklearmaterial aus Nordkorea kommen könnten.

Beyza Unal ist Expertin für Nuklearwaffenpolitik beim britischen Thinktank Chatham House in London.

Das Interview führte Bruce Konviser.