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Auch Journalisten sind dem Gesetz verpflichtet

Peter Philipp14. Oktober 2005

Die deutsche Polizei hat Redaktionsräume des Magazins "Cicero" und die Wohnung eines Journalisten durchsucht. Schoss die Staatsgewalt übers Ziel hinaus? Peter Philipp kommentiert.

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Peter Philipp

"Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt." So heißt es im Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes und immer wenn die Justiz Maßnahmen gegen Journalisten oder Medienunternehmen ergreift, geht ein Sturm der Empörung durch das Land: ein verbrieftes Grundrecht sei gefährdet und der Staat weite seine Kompetenzen auf Bereiche aus, die eigentlich vor ihm geschützt bleiben sollten.

So auch im September bei der Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitschrift "Cicero" und der Wohnung eines ihrer Autoren. Dieser hatte einen Bericht über den jordanischen Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi veröffentlicht - mit Details aus einem Geheimdokument des Bundeskriminalamtes. Die Durchsuchung löste eine breite Welle der Empörung bei den Medien und auch der Politik aus; Innenminister Schily bestand aber darauf, man müsse doch herausfinden, wie Geheimdokumente an die Öffentlichkeit gelangen konnten.

Die Folgen bedenken

Das nämlich hatten die meisten Verfechter der Pressefreiheit geflissentlich übersehen: Es ging - und geht - hier um Geheimnisverrat. Und der ist strafbar. Und kann verheerende Folgen haben. Im vorliegenden Fall könnte er die Fahndung nach Sarkawi sabotieren und damit Menschenleben gefährden.

Im zitierten Artikel 5 des Grundgesetzes heißt es außerdem: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten." Allgemein zugänglich" sind Geheimdokumente aber nun einmal nicht. Meistens aus gutem Grund. Und Journalisten können - ja dürfen - sich nicht über das Gesetz erheben und durch Pochen auf die Pressefreiheit Rechte einfordern, die ihnen nicht zustehen. Natürlich brauchen Journalisten auch diskrete Informationen, um bestimmte Vorgänge und Zusammenhänge besser zu verstehen. Und es ist Teil solcher Diskretion, dass der Informant geheim bleibt - wie einst "deep throat" im Fall Watergate. Ebenso aber auch die Information selbst. Sie darf nicht veröffentlicht werden. Wie jetzt bei "Cicero".

Geltungsdrang

Freiheit bedeutet nämlich auch Verpflichtung und Verantwortung. Denn absolute Freiheit wäre Chaos. In jedem Bereich. Auch dem der Medien. Hiermit soll dem investigativen Journalismus kein Grab geschaufelt werden, der sich immer wieder als Korrektiv der Politik erwiesen hat - wie bei Watergate und vielen anderen Skandalen. Wir Journalisten beanspruchen das Recht, Vorgänge, Dinge und Personen in der Öffentlichkeit zu beurteilen, verurteilen aber dürfen wir sie nicht, denn wir sind keine Richter. Und wir dürfen uns nicht über das Gesetz hinwegsetzen.

Es sei denn natürlich, dadurch würde erheblicher Schaden abgewendet. Das aber war bei "Cicero" nicht der Fall. Hier wollte sich ein Journalist, wohl auch die Zeitschrift profilieren und mit Geheimmaterial angeben. Ohne Rücksicht auf die möglichen Folgen. Und nur mit Blick auf Auflage und Prestige.