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Auf den letzten Drücker

10. Juli 2014

Viel Zeit lässt die Europäische Zentralbank ihnen nicht: Die Ergebnisse des Stresstests werden den Banken erst 48 Stunden vor Veröffentlichung mitgeteilt. Zu kurz, um von den Finanzinstituten bestätigt zu werden?

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Symbolbild EZB Europäische Zentralbank Frankfurt am Main
Bild: Getty Images

Die Aufsichtsbehörden wollen den Banken erst auf den letzten Drücker mitteilen, ob sie den europaweiten Fitnesscheck bestanden haben. Die Institute sollten erst 48 Stunden vor der Veröffentlichung der Ergebnisse im Oktober erfahren, wie sie in dem Test abgeschnitten haben, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Dies habe die Europäische Zentralbank (EZB), die ab November die Aufsicht über die wichtigsten Banken der Euro-Zone übernimmt, den Banken bei Treffen am Dienstag und Mittwoch mitgeteilt. Die Geldhäuser sehen das geplante Vorgehen und andere Details bei der Veröffentlichung der Ergebnisse jedoch kritisch.

Nach dem Willen der EZB sollen die Banken die Ergebnisse von Bilanzcheck (AQR) und Stresstest dann innerhalb von 48 Stunden abzeichnen, wie einer der Insider erklärte. Sie würden damit quasi bestätigen, dass die Zahlen korrekt sind und die Aufsichtsbehörden richtig gerechnet haben.

Zu kurze Frist

Einige Bank-Manager hätten bei den Treffen mit der EZB jedoch deutlich gemacht, dass sie Bauchschmerzen mit dieser Vorgehensweise haben. "Die Banken können diesen hoch komplexen AQR-Prozess innerhalb von 48 Stunden nicht so nachvollziehen, dass sie ihn guten Gewissens freizeichnen können", sagte der Insider. Ebenfalls noch nicht geklärt sei die Frage, wie verhindert werden kann, dass die Geldhäuser nach dem Erhalt der Fitnesscheck-Ergebnisse Ad-Hoc-Mitteilungen verschicken müssen.

"Es gibt einen laufenden Dialog mit den Banken über den Fitnesstest, zu dem in dieser Woche auch Treffen mit den Finanz- und Risikovorständen der Banken stattgefunden haben", erklärte ein EZB-Sprecher. Die Zentralbank wolle die Banken zu einem späteren Zeitpunkt über den exakten Zeitplan informieren.

Besserer Schutz der Steuerzahler

Die Aufsichtsbehörden prüfen derzeit 128 Banken in Europa auf Herz und Nieren. Sie wollen damit verhindern, dass unentdeckte Risiken zum Vorschein kommen, wenn die EZB die Aufsicht über die größten Institute der Euro-Zone übernimmt. Die im Aufbau befindliche Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB ist ein Teil der sogenannten Bankenunion, mit der die Steuerzahler in der Euro-Zone künftig besser vor den Folgen von Bankenkrisen geschützt werden sollen. Zudem hoffen die Aufseher, dass durch den Fitnesscheck das Vertrauen steigt und Investoren wieder verstärkt Geld in europäische Institute stecken.

Was alles öffentlich werden soll

Zu den Kennzahlen, die im Oktober veröffentlicht werden sollen, zählen Finanzkreisen zufolge unter anderem die Bilanzsumme, die Risiken sowie die Kernkapitalquote. Zudem wolle die EZB die maximale Verschuldungsquote der Banken publik machen, sagten die zwei mit dem Vorgang vertrauten Personen. Diese sogenannte "leverage ratio" ist das Verhältnis von Eigenkapitalquote zu Bilanzsumme. Nach den neuen Basel-III-Regeln müssen Geldhäuser künftig mindestens drei Prozent erreichen. Da diese Quote bisher noch nicht verbindlich ist, finden es mehrere Institute aber unverständlich, dass sie im Rahmen der Fitnesscheck-Ergebnisse veröffentlicht werden soll, wie einer der Insider sagte. Auch beim Bilanzcheck selbst spiele diese risikounabhängige Kennziffer keine Rolle.

Ein weiterer Streitpunkt, der sich abzeichnet, ist der Umgang mit den AQR-Ergebnissen nach dem Ende der Prüfung. Die EZB fordere, dass die Banken diese im Anschluss in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigen, sagte der Insider. Banken müssten als Konsequenz gegebenenfalls mehr Geld für Kreditausfälle zurücklegen oder Vermögenswerte anders bewerten.

Aus Sicht der Banken ist dies aber vermutlich nicht mit den internationalen Bilanzierungsregeln (IFRS) vereinbar. "Die EZB-Modelle im AQR sind konservativ, was gut ist, damit für alle Banken die gleiche Messlatte angelegt wird", sagte der Insider. "Aber diese Messlatte entspricht nicht in jedem Fall geltenden IFRS-Regeln, weil sie in Teilen sehr konservativ ist." Die EZB wollte sich zu diesem Thema und auch zur Verschuldungsquote nicht äußern.

iw/det (rtr)