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Auf der Flucht vor Boko Haram

Jan-Philipp Scholz / Adrian Kriesch17. März 2014

Im Nordosten Nigerias attackiert die islamistische Terror-Gruppe Boko Haram zunehmend Zivilisten. Viele Menschen fliehen vor der Gewalt in benachbarte Regionen. Ein Besuch im Bundesstaat Gombe.

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Ein Soldat aptrouliert in der Stadt Baga im Bundesstaat Borno Foto: Pius Utomi/Getty Images
Bild: Getty Images/AFP

Laraba Ahmed Karwu sitzt in einem bequemen Schreibtischsessel und schaut auf ihrem Laptop einen Film, als wir ihr Büro betreten - draußen läuft ein Generator. Laraba Ahmed Karwu ist eigentlich bei der Katastrophenschutz-Behörde SEMA im nigerianischen Bundesstaat Gombe für Binnenflüchtlinge verantwortlich, aber so viel gebe es im Moment nicht zu tun. "80 Prozent der Leute, die jetzt hier ankommen, sind ohnehin ursprünglich aus Gombe", erklärt Karwu. "Wenn sie also hierher zurückkommen, wissen sie doch, an wen sie sich wenden können, wo ihre Verwandten leben. Sie sind doch gar nicht so hilflos."

Die Menschen, von denen Laraba Ahmed Karwu spricht, flüchten vor der Terrorgruppe Boko Haram - hauptsächlich aus den nordöstlichen Bundesstaaten Borno, Adamawa und Yobe, in denen die nigerianische Regierung im Mai 2013 den Ausnahmezustand ausgerufen hat. Mehrere tausend Menschen fielen dem Terror bisher zum Opfer. Fast 300.000 Menschen seien seit Ausrufung des Ausnahmezustandes aus den Krisenstaaten in andere Teile Nigerias geflohen, schätzt das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe, OCHA. Gerade als uns Laraba Ahmed Karwu erklärt, dass die Flüchtlinge nur in kleinen Gruppen nach Gombe zurückkehren, kommt ein Mitarbeiter ins Büro. Er berichtet, gestern seien fast 200 Flüchtlinge mit zwei Pick-Ups in einem Dorf ganz in der Nähe eingetroffen.

Laraba Karwu von der Katastrophenschutz-Behörde SEMA Foto: DW
Laraba Karwu von der Katastrophenschutz-Behörde SEMA schätzt die Flüchtlingszahl in Gombe auf 8000.Bild: DW

Dorfbewohner helfen Flüchtlingen

Wir machen uns auf nach Yamaltu Deba, kurz vor der Grenze zum Bundesstaat Borno. Wir finden eine Familie, die 40 Flüchtlinge aufgenommen hat. Unter einem Baum sitzen die Frauen mit ihren Kindern, ihre Gesichter sind müde. Ein Teil gehört zur Familie des Hausbesitzers Omar Isah, andere sind Fremde, die nicht wussten, wohin. "Wir kriegen das schon hin und werden unser Essen mit ihnen teilen", sagt der stolze Familienvater. "Auch die Nachbarn helfen uns, sie kochen für unsere Gäste. Das ist Tradition in unserer Gemeinschaft. Wenn so etwas passiert, helfen wir uns gegenseitig."

Auf Hilfe sind die Flüchtenden angewiesen, sie mussten fast alles zurücklassen - und sind teilweise traumatisiert. "Die Menschen leben in absoluter Angst wegen der ständigen Angriffe", berichtet Tijani Hussein, in dessen Nachbardorf Boko Haram 43 schlafende Schüler umgebracht hat. "Es gibt keinen Frieden und keiner weiß, wann der Terror bei Dir zuhause ankommt."

Karte Nigeria mit Bundesstaaten im Ausnhamezustand: Borno, Adamawa und Yobe
Bundesstaaten seit Mai 2013 im Ausnahmezustand: Borno, Adamawa und Yobe

"Mehr Flüchtlinge – mehr Spannungen"

Amina Alhaji Ali hält ihren kleinen Sohn auf dem Arm, den sie nur zwei Tage vor der Flucht zur Welt gebracht hat. Die 23-Jährige hat keine Ahnung, wie es für die beiden nun weiter gehen soll. "Mir ist ganz egal, wo ich wohne. Hauptsache, mein Kind kann in Frieden aufwachsen", sagt die junge Mutter.

Vor allem in größeren Städten Nigerias droht der Anstieg der Flüchtlingszahlen negative Auswirkungen zu haben, meint Hildegard Behrendt-Kigozi, Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nigerias Hauptstadt Abuja. "Wenn die Leute in Städte gehen, die ohnehin keine Arbeitsplätze haben und schon sehr bevölkert sind - wo sie also auch nicht unbedingt willkommen sind - dann führt das dort zu Spannungen", so Behrendt-Kigozi gegenüber der DW. Sie rechnet deshalb mit einem Anstieg der Kriminalität.

Amina Alhaji Ali (23) mit ihrem Baby in Yamaltu Deba
Mit dem Kleinkind auf der Flucht - die 23-Jährige Amina Alhaji Ali in Yamaltu DebaBild: DW

Im kleinen Dorf Yamaltu Deba treffen unterdessen plötzlich mehrere Mitarbeiter der Katastrophenschutz-Behörde SEMA ein. Sie wollen sich erkundigen, welche Hilfsgüter benötigt werden. Hinter vorgehaltener Hand erfahren wir, dass die Anwesenheit von Journalisten wohl der Grund für das ungewöhnlich schnelle Handeln sei.