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Aufnahme Snowdens vom Tisch

Marcel Fürstenau6. November 2013

Eine Befragung des Informanten Snowden in Deutschland ist der Bundesregierung zu heikel. Geprüft werden solle aber eine Anhörung in Moskau, sagte Innenminister Friedrich. Wie das gehen soll, ist noch völlig unklar.

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Bundesinnenminister, Hans-Peter Friedrich vor der Presse in Berlin (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Parlamentarier wollen Befragung Snowdens

Zu ungewohnt früher Stunde fand die Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) in Berlin statt. Schon um 8 Uhr morgens trafen sich die Mitglieder dieses grundsätzlich hinter verschlossenen Türen tagenden Ausschusses. Von den Chefs der deutschen Nachrichtendienste wollten sie wissen, wie die sich ihre künftige Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Partnerdiensten vorstellen. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, und sein Kollege vom Bundesnachrichtendienst (BND), Gerhard Schindler, hatten darüber in Washington Gespräche geführt. Außerdem berichtete der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) im PKG über sein Treffen mit dem Whistleblower Edward Snowden vergangene Woche in Moskau.

Rund drei Stunden später öffneten sich die Türen des abhörsicheren Raumes in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes, in dem das deutsche Parlament tagt. Als Erster trat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) vor die Presse. Der Unionspolitiker ist zugleich Geheimdienst-Koordinator. In dieser Eigenschaft kündigte er an, die Zusammenarbeit mit den US-Diensten werde "grundsätzlich überprüft", damit sie auf eine "neue Basis" gestellt werden könne.

Geheimdienst-Koordinator Pofalla sieht "einmalige Chance"

Schon im Sommer hatten beide Seiten vereinbart, ein sogenanntes No-Spy-Abkommen abschließen zu wollen. Ziel eines solchen Vertrages sei es, das gegenseitige Ausspionieren befreundeter Staaten auszuschließen. Darüber werde weiter verhandelt, sagte Pofalla nach der PKG-Sondersitzung. US-Präsident Barack Obama werde Mitte Dezember Ergebnisse einer Überprüfung der amerikanischen Dienste vorlegen, sagte der deutsche Geheimdienst-Koordinator. Das sei eine "einmalige Chance, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen".

Der Mann, der die weltweite Ausspähung des Internets und das systematische Abhören hochrangiger Politiker enthüllt hat, darf sich allerdings keine Hoffnung auf Asyl in Deutschland machen. Das stellte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) unmissverständlich klar. Der ehemalige Mitarbeiter des US-Dienstes National Security Agency (NSA) Edward Snowden sei kein politisch Verfolgter, begründete Friedrich seine Haltung. Die Bundesregierung werde aber prüfen, "unter welchen Bedingungen" der Whistleblower in Moskau befragt werden könne. Russland hat Snowden zunächst für ein Jahr Asyl gewährt.

Ströbele: "Asyl selbstverständlich möglich"

Dort, an einem unbekannten Ort, war der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele in der vergangenen Woche mit dem Whistleblower zusammengetroffen. Nachdrücklich setzte sich Ströbele nach der PKG-Sondersitzung dafür ein, Snowden nach Deutschland zu holen. Im Unterschied zum Innenminister sei er der Meinung, man könne ihm "selbstverständlich" Asyl gewähren. Eine Auslieferung an die USA ließe sich ebenso selbstverständlich vermeiden. Die Regierung müsse all das nur "wirklich wollen", betonte Ströbele.

Unzufrieden war der Grünen-Politiker auch über den Stand der Aufklärung in der NSA-Affäre insgesamt. Er wisse nach wie vor nicht, wie viele Millionen Menschen in Deutschland ausspioniert worden seien. Ströbeles Verärgerung speist sich aus Snowdens jüngsten Enthüllungen über angebliche Spionage auch des britischen Geheimdienstes auf deutschem Boden. Auf dem Dach des Berliner Botschaftsgebäudes befinden sich auffällige Antennen und an Horchposten erinnernde Anlagen. Es müsse doch wohl möglich sein, von einem europäischen Partner zu erfahren, "was der in Deutschland in seiner Botschaft so treibt", empörte sich Ströbele.

PKG-Chef fordert "rechtsverbindliches Abkommen"

Ein "rechtsverbindliches Abkommen" über die Zusammenarbeit der deutschen und amerikanischen Geheimdienste erwartet der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann (SPD). Im Gegensatz zu Ströbele hält er eine Befragung Snowdens vor einem noch einzurichtenden Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Deutschland jedoch für unwahrscheinlich. "Dann müssten wir gewährleisten, dass ihm in Deutschland nichts passiert", begründete Oppermann seine Skepsis. Damit spielte er auf ein Auslieferungsabkommen zwischen Deutschland und den USA an. Aus amerikanischer Sicht ist Snowden ein Verräter von Staatsgeheimnissen und deshalb vor ein US-Gericht zu stellen.