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Politik

Kindergeld für Ausländer

Heiner Kiesel
21. März 2018

Die AfD kritisiert, dass nichtdeutsche Arbeitnehmer für ihren Nachwuchs im Ausland Geld bekommen. Dabei sehen Experten in der gängigen Regel gleich mehrere Vorteile für den deutschen Staat.

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Kindergeld
Gleiche Rechte für EU-Bürger - auch beim KindergeldBild: picture-alliance/dpa/F. Kästle

Die Praxis, nichtdeutschen Arbeitnehmern deutsches Kindergeld zu überweisen, auch wenn deren Kinder im Ausland leben, ist erneut in die Kritik geraten. Diesmal wurde das Thema durch eine Anfrage der AfD-Fraktion bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) angestoßen. Danach wurde bekannt, dass der Staat 343 Millionen Euro Kindergeld an ausländische Konten überwiesen hat und dass sich diese Zahlungen seit 2010 fast verzehnfacht haben. Die deutschen Steuerzahler "müssen immer mehr Kindergeld ins Ausland überweisen", ärgert sich der AfD-Abgeordnete René Springer. "Warum zahlen wir Kindergeld für Kinder, die gar nicht hier leben", fragt die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch, das habe sie noch nie verstanden.

Bundestagssitzung Bundestag Berlin
Medienwirksamer Vorstoß: AfD-Politikerin Beatrix von StorchBild: Reuters/H.Hanschke

Dabei ist die Sachlage eindeutig, wie die Bundesagentur auf ihrer Homepage erläutert - unter anderem mit Hilfeeines Zeichentrickfilms, der die Praxis mit dem EU-Freizügigkeitsgesetz von 2005 erklärt. Diese Regelung schreibt vor: Wer in einem anderen EU-Land arbeitet, kann dort Kindergeld beantragen, auch wenn die Kinder in seiner Heimat leben. Davon profitieren Deutsche, die zum Beispiel in Österreich oder der Schweiz arbeiten, aber natürlich auch alle anderen Bürger der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR).

99 Prozent des Kindergelds bleiben in Deutschland

Finanziert wird das Kindergeld durch den Steuerzahler. "Das ist keine Sozialleistung", betont BA-Pressesprecher Paul Ebsen. Die Bundesagentur überwies 2017 insgesamt 36 Milliarden Euro Kindergeld an die Erziehungsberechtigten von 15 Millionen Kindern. Die Zahlungen ins Ausland machen demnach etwa ein Prozent des Gesamtumfangs aus. Wiederum sieben Prozent davon gehen auf Konten deutscher Staatsbürger. Von den Nichtdeutschen führen Polen, Rumänen, Ungarn und Frankreich die Liste der Empfängerländer an.

Der von der AfD monierte Anstieg der Zahlungen ist demnach eine Folge der wachsenden Mobilität der europäischen Arbeitnehmer. "Wenn wir die Arbeitskräfte aus dem Ausland wollen, dann müssen wir eben auch diese Leistungen erbringen", stellt Ebsen fest. Eigentlich ist es ja erfreulich, dass so viele Menschen in Deutschland arbeiten wollen. "Das Kindergeld ist bestimmt kein Standortnachteil", findet der BA-Pressesprecher.

Aufregung, weil für rumänische Kinder so viel gezahlt wird wie für deutsche

Im Zentrum der Kritik steht aber auch die Höhe des Kindergeldes - sie ist unabhängig vom Wohnort der Kinder und den dort herrschenden Lebenshaltungskosten und könnte somit Familien im Ausland unter Umständen besser stellen.

Bundestagsabgeordnete Grüne Katja Dörner
Die famillienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katja DörnerBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Bereits der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich daran gestört und forderte eine regionale Differenzierung der Zahlungen. Ein Jahr zuvor hatte  auch der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel  mit diesem Gedanken gespielt - und auch er war nicht der erste. Aber erst Schäuble konkretisierte das in einem Gesetzesentwurf - der aber wieder in der Versenkung verschwand.  "Das hätte zu einer unsinnigen Bürokratie geführt", urteilt die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik der Grünen im Bundestag, Katja Dörner. Dass die AfD diese Idee jetzt wieder in Umlauf setzt, findet die Grünen-Politikerin absurd.

"Überflüssige Debatte"

Schäubles Plan hätte auch - jenseits des Gerechtigkeitsempfindens - europarechtliche Fragen aufgeworfen: Ausländer wie Deutsche zu besteuern, aber dann ihre Ansprüche zu kürzen, könnte gegen EU-Recht verstoßen. "Wir stellen ja auch nicht in Frage, dass Deutsche, die im Ausland leben, Kindergeld bekommen", meint Dörner.