40 Jahre Woodstock
12. August 2009Woodstock, das ist kein Ort und kein Ereignis – sondern ein Geisteszustand. Sagt Ilene Marder – langjährige Einwohnerin von Woodstock. Das legendäre Musikfestival trägt den Namen der kleinen Stadt nördlich von New York City, obwohl die dreitägige Veranstaltung, die am 15. August 1969 begann, fast 70 Meilen von Woodstock entfernt auf einem Farmgelände in Bethel stattfand.
18 Dollar für Hendrix, Cocker und Jefferson Airplane
Für 18 Dollar Eintritt standen die Größen der Rockmusik auf dem Programm: Country Joe McDonald, Jimi Hendrix, Joe Cocker und Jefferson Airplane – insgesamt 32 Gruppen und Solisten. Statt der erwarteten 60.000 Besucher kamen eine halbe Million. Die Ordner waren überfordert. Zäune wurden niedergerissen – Woodstock wurde zu einem freien Festival gemacht. Nur die Einnahmen vom Verkauf des Woodstock-Films konnten später den Bankrott der Veranstalter abwenden.
Macht Liebe, keinen Krieg
Joni Mitchells Woodstock-Hymne wurde zum Credo einer neuen Generation: für Frieden und Liebe, gegen den Vietnamkrieg. Arlo Guthrie fühlte sich beim Festival als Teil der Geschichte. "Ich begriff, dass wir alle in einer großen Welt lebten, auf der viel passierte. Diese Erkenntnis brach über Nacht über mich herein."
Auch wenn Jimi Hendrix auf seiner elektrischen Gitarre die US-Nationalhymne zerspielte und trotz aller Hoffnung auf ein "anderes Amerika": Der Graben zwischen Politik und Pop in Woodstock war breit. Als der Hippieführer Abbie Hoffman beim Auftritt von The Who eine politische Erklärung verlesen wollte, jagte ihn Gitarrist Pete Townsend mit seiner Gitarre von der Bühne.
Im Publikum war auch der Amerikaner Christopher Phillips. Im strömenden Regen erreichte der heutige Kulturjournalist das Bühnengelände, wo sich ihm ein Bild wie nach einer Katastrophe bot: überall kauerten Leute unter Decken, um trocken zu bleiben und sich warmzuhalten. Und beim Gedanken an den Gestank, "eine Mischung aus Urin, Scheiße und Marihuana, die durch die feuchte Luft verstärkt wurde", wird ihm heute noch schlecht.
Ein gigantisches Happening
Trotz des Chaos wurde das Festival schnell zum Mythos. Die Medien schrieben es schön, um die Ankündigung von drei Tagen Friede, Liebe und Musik nachträglich zu bestätigen. Obwohl man Woodstock auch ganz als ein "gigantisches Happening mit Drogenmissbrauch, Gesetzesbrüchen und zügellosem Sex" hätte darstellen können, meint Phillips. "Der damalige Präsident Nixon hätte durchaus die Nationalgarde schicken können, um der Missachtung amerikanischer Moralvorstellungen ein Ende zu bereiten."
Nur wenige Monate nach Woodstock wurde beim Altamont Festival während des Auftritts der Rolling Stones ein junger Schwarzer vor der Bühne ermordet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war es aus mit den Blütenträumen der Hippiebewegung. Heute ist nur wenig vom Geiste des Festivals von einst in Woodstock geblieben. Statt "love and peace" dominierten bei Woodstock-Jubiläumsveranstaltungen 1994 und 1999 Kontrolle und Kommerz. Auch der im vergangenen Jahr eröffnete Museumstempel in Bethel hat mit dem Geist der Sechzigerjahre nur wenig zu tun. Auf dem Festivalgelände stehen Verbotsschilder: "Nicht rauchen. Nicht campieren. Nicht laut musizieren."
Die Welt verändern
An der historischen Bedeutung des Woodstock Festivals ändert all dies nichts für Graham Nash. Woodstock habe gezeigt, "dass Liebe besser als Hass ist und Frieden besser als Krieg." Gegen alle Widerstände der Gesellschaft habe man die Welt verändert. Und das könne man auch heute, sagt der Musiker: "Wir müssen nur die Idee von Liebe und Frieden verbreiten. In dem Wissen - wie in Woodstock - dass wir nicht alleine sind."
Autor: Michael Kleff
Redaktion: Elena Singer